“Ich bitte Sie alle: sind Sie aufmerksam!”

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Gerd Bachmann macht auf einen ORF-Bericht aufmerksam[1. Ich beziehe mich auf seinen Beitrag in der mailing list epoche. Zugänglich für Subskribentinnen]. Es geht um das “Fest der Freude” zum Gedenken an das Ende des 2. Weltkriegs.

Die Zeitzeugin Helga Emperger, die erzählte, wie sie 1944 von der
Gestapo inhaftiert wurde, appellierte an die Besucherinnen und Besucher:
„Seien Sie aufmerksam, seien Sie wachsam, und sollte es irgendwo
Tendenzen geben, die unsere österreichische Demokratie gefährden, stehen
Sie auf!

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Festschreiben und Verhandeln: Projektmanagement revisited

MargaretHamilton

Vor sechs Jahren wurde hier ein Beitrag über Agiles Projektmanagement veröffentlicht. Er entstand während dem Besuch einer einschlägigen Vorlesung im Informatikstudium. Heute stellt sich das Thema neu dar. Weniger Schlagwort-orientiert. Man hat Zeit investiert, praktische Erfahrung gesammelt.

Mancherorts in den IT-Abteilungen belächelt man den “Agile”-Hype. Er wurde fast zum Schimpfwort. Bei “von oben” verordneten Prozessveränderungen ist das zu erwarten und nicht unmittelbar ein Argument gegen alternative Vorgehensweisen zur Erstellung von Artefakten wie Software.

Der Verdacht: Personen, die wenig bis keine Erfahrung im Projektmanagement hätten, fallen auf die Slogans von Coaches und Beraterinnen herein:

  • Starre Regelwerke  —  laufendes Eingehen auf Änderungswünsche
  • Fixe Rollenverteilung — Individuelle Entfaltung bei verschiedensten Aufgaben
  • Reduktionismus — Holismus

Die Gegenüberstellung dieser Phrasen helfen zumeist wenig zur Beurteilung und Verbesserung des Projektalltags. Die Zuflucht zu agilem Vorgehen ist Teil eines Dilemmas, das bei einem an mehreren Orten stattfindenden Softwareprojekt sehr deutlich wird, in dem man exakt spezifizieren muss. Die Spezifikation wird in einem Medium verständlich gemacht, das Weiteres oder Anderes offen lässt.

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Kein leeres Blatt

Vor 2 Wochen wurde ich auf Facebook nominiert. Eine Art virale Kampagne. Die Anleitung lautete in etwa:

  • Nimm ein leeres Blatt Papier.
  • Schreibe eines deiner Talente auf das Papier.
  • Poste in Facebook/Twitter ein Selfie, auf dem du mit dem Blatt zu sehen bist.
  • Nominiere drei Freunde.

Hier bitte, mit einer kleinen Verschiebung:

Verspielte_Ernsthaftigkeit
Kein leeres Blatt
ein gerastertes, palimpsestartiges Gebilde
eine Schicht verblasst
Neues schreibt sich in das Bestehende ein
manchmal von unserem Willen gestaltet

Im Rücken die Bücher
so zeige ich euch Text auf einem Tablet
man photographiert nicht gegen das Licht
darum bleibt der Bildschirm schwarz
Eine App modifiziert einige Pixel
und hinterlässt eine Signatur im Bild
ohne mich zu fragen

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Begriffsanalyse, Unschärfe und wieder zurück

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Eine Aufgabe der Philosophie ist Begriffsklärung. Zum Beispiel spricht man vom “E-Learning”. Es handelt sich, soviel lässt sich sicher sagen, um Lernen im Umfeld digitaler Netzwerke. Sonst noch etwas? Dazu muss der Einfluss untersucht werden, welchen das Präfix “E-” auf die Bedeutung von “Lernen” ausübt. Das Thema wurde in meiner Vorlesung “Bildung und Datenbanken” vom einfacheren Beispiel “E-Mail” her diskutiert.

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Klartext rappen

Wie mit Missständen – unbefriedigenden Zuständen – umgehen? Eine praktische Antwort, die mich schon eine Weile fasziniert aber auch herausfordert kommt von der Rapper-Künstlerin Sookee. Die 31-jährige ist in der eher Männer- dominierten Hip-Hop Szene Berlins aktiv, einer Szene die Labels wie “Aggro Berlin” geboren hat, bei dem Bushido und Sido unter Vertrag waren.

Sookee’s Songs basieren ebenfalls auf mitreißenden Beats, Punchlines und rhythmisch gesprochenen Texten. Jedoch ist ihre Beziehung zu Hip Hop kaum zustimmend. Zum Beispiel geht es in Songs wie “Who Owns Hip Hop?” Oder “Purpleize Hip Hop” um Praktiken und Sprechweisen in der Szene und den Mut, diese zu verändern. Wenn eine Person ihr Selbstbewusstsein dadurch aufbaut, dass sie andere kontinuierlich zu Opfern stilisiert, wenn Macht und Muskeln als Argument ausreichend sind, und Songs in diesem Stil die Charts stürmen, dann könnte einem die Luft wegbleiben. Doch Sookee rappt:

“We don’t imitate – we intimidate”.

“Unsere Waffe heißt Subversion. Sie steckt in unserem Lachen, im Unterton.
Du wirst schon merken, wie real dis is, fragen ‘was jetzt?!’
Wenn deine Lady dich dropt und mich abschleppt”
(Sookee – Purpleize Hip Hop)

szene

Jemand nimmt die Herausforderung an und fordert seinen Platz im Kampf ein. Zu welchem Preis? Schreibt sich die Spur des Bestehenden ein? Wenn ich mich auf eine Konfrontation einlasse, beanspruche ich Macht in der Auseinandersetzung. Ich brauche etwas Effektives, um die bestehende Herrschaft herauszufordern. Das ist bedrohlich. Ist es auf dieselbe Art bedrohlich wie die herrschenden Verhältnisse für die Marginalisierten? Kommt also die Imitation durch die Hintertür? Oder gibt es eine Macht, die es zwar ermöglicht, sich selbst in ein Verhältnis zu einer Szene zu setzen, dann aber nicht voraussetzt, andere permanent in Rollen zu zwängen, die nicht ihre sind?

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Das Innenleben einer Drohne

Gestern im Rahmen des Vienna Summer of Logic: Logic Lounge ein Gespräch zwischen Moshe Vardi und Herbert Hrachovec:

Drones with a guilty conscience: the ethics of Artificial Intelligence

Hier das Eröffnungsstatement:

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“We agreed that I would start with something provocative …”

 

Schattenspiele

William Kentridge hielt am Dienstag und Mittwoch zwei Vorlesungen im Rahmen der Wiener Festwochen. Die erste mit dem Titel “In Praise of Shadows” und — ich hatte die Vorankündigung nicht genau gelesen — zu meiner Überraschung über Platons Höhlengleichnis. Das ist ein eigentümliches Ding. Es gehört zu den ältesten und abgegriffensten Motiven der Philosophie und ist doch immer noch eine Herausforderung. Ich bin im Zusammenhang mit dem Film “Matrix” und mit der Bolognareform darauf zurückgekommen. Einen Beitrag zu einer paideia-Konferenz habe ich gerade fertiggestellt: “Paideia, Progress, Puzzlement”.

Umso gespannter war ich, zu hören, was Kentridge mit dem Motiv macht. Es war phantastisch. Die Vorlesung ist aus Harvard zugänglich. Ich werde in nächster Zeit einige Ausschnitte präsentieren.

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Falschmeldung

 

Deborah Weber-Wulff hat ein Buch über Plagiate geschrieben: False Feathers. Ich habe nicht mehr vorgehabt, mich über die Dissertation Johannes Hahns zu äußern. Dann lese ich auf Seite 156 das Folgende:

His dissertation, from the University of Zürich in Switzerland, was then examined there and the accusations were declared to be unfounded. A Vienna professor, Herbert Hrachovec, later presented a very detailed documentation of the dissertation and its sources. Hrachovec published his material online, including a precise analysis of the first 100 pages, but the accusations were dismissed as being “politically motivated”. Aigner 2011.

Das ist gründlich in die Hose gegangen.

Die Arbeit wurde am Institut für Philosophie der Universität Wien geschrieben und von Stefan Weber als Plagiat kritisiert. In einem ersten Abwehrversuch der Universität Wien wurde ein Züricher Gutachter um eine Stellungnahme gebeten. Hier ist seine Expertise:

Stellungnahme_UniversitaetZuerich_Hahn

Wie es dazu gekommen sei, dass eine vorgeblich in Zürich verfasste Dissertation zuerst in Zürich akzeptiert, dann problematisiert, und schließlich dort für unbedenklich erklärt wurde, erklärt Frau Weber-Wulff nicht. Es bleibt auch unverständlich, wieso das Ganze überhaupt etwas mit der Wiener Universität zu tun hat.

Weiters entsteht der Eindruck, meine Dokumentation wäre als “politisch motiviert” zurückgewiesen worden, während aus dem zitierten Standard-Artikel von Lisa Aigner von dieser Zusammenstellung gar nicht die Rede ist. Die Verteidigung Hahns richtet sich gegen Stefan Weber.

Hahn hat die Plagiats-Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen. Das Gutachten von Weber über seine Dissertation sei “politisch motiviert, wenig überraschend und nicht maßgeblich”, so Hahn in einer Stellungnahme.

Die Schrift unseres EU-Kommissars ist unter aller Kritik. Was soll man aber andererseits zu solchen Falschmeldungen von Professorinnen in wissenschaftlichen Arbeiten (Springer Verlag!) sagen? Ich würde Schadenfreude seitens des Missetäters verstehen.

 

“Majorité Opprimée”

Nestroy als Knieriem
Nestroy als Knieriem

 

Ein Kommentar anlässlich der vergangenen Beiträge zu Miley Cyrus’ “Wrecking Ball” war, dass man auch etwas über weniger aufreizende Videos auf youtube schreiben könnte, z.B. über Eleonore Pourriats “Majorité Opprimée“. Aus einer mailing list:

der spot war enorm erfolgreich, aber er ist leider nicht so gut wie er
sein möchte. eine gute kritik findet sich hier:
http://www.theguardian.com/commentisfree/2014/feb/13/feminism-france-islam-majorite-opprimee-racism

Die Aufgabe war also, über einen top-hit-clip zu schreiben, in dem Frauen nicht aus dem Fitnessstudio zur Mauerzertrümmerung übergehen, sondern Männern das Messer ansetzen. Hier eine Lösung.

 

 

Genug zerstört: Kann Miley Cyrus Israel retten?

   “Wrecking Ball” seemed like the obvious choice because the Middle East is saturated with destruction.
Orit Arfa

Herbert Hrachovec macht im letzten Beitrag die Grenzenlosigkeit der Kugel im Wrecking Ball Video stark. Eine Kugel, besetzt von einer jungen Frau. Dieses Motiv sei die einzige Komponente, die von allen Nachahmungen wieder aufgenommen wird. Ich kenne kein Wrecking Ball Video ohne die schwingende Kugel, das stimmt. Nur ich sehe eine Abrisskugel, auf der eine attraktive, junge Frau schwingt wie auf einer Schaukel. Eine massive Kugel, abgeschlossen und opak, die sich im Verlauf gegen ihre Besitzerin richtet.

Abrisskugel       myci

 

 

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