Indizienbeweis

Nach unserer gemeinsamen Buchpräsentation fragte mich August Ruhs, ob ich ein Fussballfan sei. Ich war verblüfft. Es musste etwas mit meinem Werk zu tun haben. Aber Platons ungleiche Erben. Bildung und Datenbanken handelt nun wirklich nicht davon.

August Ruhs schmunzelte und zeigte die Belege.

Die Grenzen zwischen Meinen und Wissen sind, was die Praxis betrifft, oft fließend. (Meine ich, oder weiß ich, dass Pasching bei Linz liegt? )

Wer kommt auf Pasching, wenn er nicht die österreichische Bundesliga verfolgt? Und dann, das hatte ich vergessen, der schlagende Beweis.

Ein ehemaliger Trainer der österreichischen Fußballnationalmannschaft sagt in einem Interview über seine Tochter: „Die Michaela hat immerhin einen Doktor-Titel, und der ist mehr wert als alle meine Fußball-Titel zusammen.“ So sieht eine Rangordnung in europäischen Kulturstaaten aus.

Nochmals: Seeblick

Hans Pechar hielt gestern am “Center for Teaching and Learning” die friday lecture zum Thema „Humboldt in der Massenuniversität? Vom Elend der neuhumanistischen Bildungsreligion“. Seine Überlegungen erinnern an die Geschichte vom kleinen Jungen, der auf der Straße einen Würdenträger sieht: “Aber der ist doch nackt!” Ähnlich entwaffnend waren zwei Bemerkungen, mit denen er den gewöhnlichen Schwulst der Bildungsdebatte durchschnitt.

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Wenn die Konturen verschwinden. Zwei Instanzen

Akademische Gemeinschaft. Einerseits ist sie gewillt und wird sie gedrängt, sich in lokale Bedingungen einzupassen. Andererseits erwartet man von Akademikerinnen, sich vermittels Argumente und unter Berufung auf Erkenntnisprozesse der nahtlosen Einpassung in ihre Umgebung und ihren Forderungen zu widersetzen: Ich habe herausgefunden, dass… Es zeigt sich, dass…  Die Studie  hat ergeben, dass…

a.) Diese Art der Wider-setzung wird, um es noch einmal zu sagen, erwartet. Sie wird von Medien aufgegriffen (public intellectuals) und konstituiert ein weltweites Feld der scientific community mit globalen Bedingungen. Es ist nicht unabhängig von den lokalen Gegebenheiten, doch es eröffnet einen neuen argumentativen Spielraum zugunsten akademischer Institutionen – speziell, wenn es um das Budget geht:  “Um im internationalen Vergleich mithalten zu können, brauchen wir von der Öffentlichkeit xyz Milliarden €.”

b.) Gestern wurde ich per Mail gefragt, warum wir nicht eine Spendenaktion à la Crowd-Funding für die österreichischen Universitäten starten? Man kann seine Spende an einen bestimmten Zweck (Institut, Forschungsgruppe, Lehrveranstaltung) binden – und guten Ideen eine Chance geben. Anstatt Studiengebühren: “Zahl, was du willst.” Unabhängig von der Mittelvergabepolitik der Entscheidungsträger in Universitäten und des Ministeriums soll das (zahlungskräftige) Volk mitentscheiden, woran geforscht und gelehrt wird.

Was heißt im internationalen Vergleich mithalten? Was heißt gute Idee? Geht es dabei um Wahrheit, um Bedürfnisbefriedigung – oder ist die Opposition zu flach?

Im Bild eine andere Opposition, die von Leben und Arbeit, in einer merkwürdigen Einheit.

Man kann darüber streiten, ob das gelungen ist 🙂

Ein anderes Beispiel, näher am Thema, ist die Symbiose zwischen der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL) und Logitech:

Logitech is opening a new research and development center – its largest worldwide – at EPFL. […] There have always been interactions between the company and the university, and these have grown stronger with the years. Daniel Borel is a former student, and the outstanding success of Logitech is mainly due to the invention of the mouse, which came out of the research performed by Jean-Daniel Nicoud, a professor at EPFL. He developed the first prototype, equipped with a ball and sensors, in the 1970s and Logitech created a production model for Hewlett-Packard in the 1980s.

Since then, Daniel Borel has actively supported the development of the university. In 2008, via the association Defitech – created with his wife – he donated 2.5 million Swiss francs to the future center for neuroprosthetics. A few days ago, the researchers demonstrated the prototype of a wheelchair that maneuvers by thought – artificial intelligence at the service of handicapped people.
[…]
This new level of cooperation between EPFL and Logitech will bring significant innovation for the future.

(Quelle)

Angst machen

“mein Name ist XY und ich habe in Ihrer VO-L 180185 Cyberplatonismus einen Platz bekommen, kann nun aber zum ersten Termin aufgrund von gleich zwei Prüfungen nicht erscheinen.


Müssen Sie nun meinen Platz an jemand anderen übergeben, oder kann ich trotzdem an der VO-L teilnehmen, wenn ich nur diesen einen Termin versäume?

Ich entschuldige mich schon im Vorraus für entstandene Unannehmlichkeiten und bedanke mich für Ihre Antwort.”

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konfus?

Am 12.9. habe ich hier auf meinen Vortrag am Paraflows Symposium verwiesen, speziell auf das abschließende Beispiel aus dem Fussball-Bereich. Jana Herwig erwähnt Deutschland : Belgien in ihrem Blog Digiom.

Aber es gibt nicht nur Fussball-Liebhaber auf dieser Welt.

In Rhizomorph’s Blog findet sich ein härteres Urteil:

Die Ausführungen (i.e. zu Spinoza, h.h.) waren jedoch kurz und oberflächlich, und wurden dann von einem der vielen twist und turns in diesem etwas konfusen Vortrag durch eine unendlich lang dauernde Detailanalyse eines Fussballspiels, dessen theoretische Enbindung in den Vortrag ich nur am Rande verstanden habe und nicht im Stande bin wiederzugeben, abgelöst.

Sollte Interesse bestehen: hier ein (gekürzter) Ausschnitt aus der anschließenden Diskussion zwischen Jana Herwig und mir:

[audio:http://phaidon.philo.at/qu/wp-content/uploads/2010/09/im-disc.mp3]

Rhizomorphs Satz ist übrigens rizomorph in die Grammatik engebunden.

stefansraduniwien

Eine böse Überraschung bietet der Imagefilm der Universität Wien, den die Dienstleistungs-einheit für Öffentlichkeitsarbeit eben online gestellt hat. In einer Aussendung des Rektorats wird er als ein “Episodenfilm” bezeichnet, in dem es (eine weitere Überraschung) auch einen gesprochenen Kommentar gibt. Und besonders viel Authentizität:

Ein gesprochener Kommentar, der sich auf die Inhalte bezieht, begleitet durch den Film. Im Zentrum des Geschehens stehen reale Personen im universitären Alltag, um dem Imagefilm besondere Authentizität zu verleihen.

Komm und sieh. Oder eine kleine, gedankensplitternde Hörprobe:

[audio:http://phaidon.philo.at/qu/wp-content/uploads/2010/09/geniestreiche.mp3]

freispielen

Im Rahmen des Symposiums “Mind and Matter” von Paraflows 10 habe ich gestern diesen Videoclip gezeigt:

[flv]http://phaidon.philo.at/qu/wp-content/uploads/2010/09/Tor.flv[/flv]

Die Gehirnforschung untersucht unter anderem jene neuronalen Vorgänge, die “dafür verantwortlich sind”, dass wir bestimmte Bewusstseinszustände besitzen. Daran schließen sich bekannte Fragen an: Wie verhält sich eine Konstellation im Gehirn zu einem Gefühl oder Gedanken? Es wird versucht, Bilder von der Erregung des Nervensystems mit sinnvollen Erfahrungen zusammenzuspannen.

Aber die soziale Welt besteht nicht aus vereinzelten Gehirnen, die allenfalls miteinander Beziehungen aufnehmen. Spielregeln sind über-individuelle Abstraktionen, denen sich Körper (unter anderem Gehirne) anpassen. Thomas Müllers Querpass ist genial, nicht weil eine Gruppe von Neuronen gefeuert hat, sondern weil er gut Fussball spielt.

Und ausserdem ist der Spielzug philosophisch. Er öffnet die “Abwehrmauer”. Er zeigt die Personenverteilung in einem anderen Licht. Eine neue Handlungsmöglichkeit wird geschaffen.

Die Website der Zecke

Zum Sommerausklang ein Bericht aus Wald und Flur. Man kann gebisssen werden, dann hilft ein Zeckenlasso.

Ich habe eines in Amsterdam gekauft. Die Gebrauchsanweisung ist auf holländisch verfasst. Teilweise verständlich, doch einige Lücken bleiben.

l.v.m. de weerhakjes draai den pen langzaam een hele slag rond. Trek de teek er verfolgens zonder te rukken rechtstandig uit. Ontsmet de plaats van de teek.

“Trek de teek … zonder te rukken”: den Zeck nicht ruckweise herausziehen. Aber “ontsmet de plaats”? Translate Google!

l.v.m. der Rückseite des Stiftes Fersen langsam drehenden eine volle Umdrehung um. Ziehen Sie die Zecke ist gerade heraus, ohne Kraft zu ziehen. Desinfizieren Sie die Website der Zecke.

Sprachausdrücke sind mehrdeutig und bisweilen ausgesprochen kontextabhängig. Wenn Du am WWW nachfragst, wird jeder “Platz” eine Webseite.

Wissenswert in Südböhmen

Die alte Buchkultur. Man riecht förmlich am Schriftbild das Papier von

Hugo Rokyta:

Die böhmischen Länder Handbuch der Kunstdenkmäler und Gedenkstätten europäischer Kulturbeziehungen in den böhmischen Ländern

Salzburg, St.Peter Verlag, 1970

Ich habe es vor einem Besuch in Telč konsultiert:

Und dagegen die Informationen, die man mittlerweile aus dem Netz bekommt:

Das ist bloß die erste Auswahl aus einer dynamisch wachsenden Informationsquelle.

Telč architecture
Image by Adam Polselli via Flickr
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