katastrophale Auswirkungen

 

 

Jean-Luc Nancy; Galilee 2012

 

 

 

Die TAZ bringt die kurze Besprechung eines unlängst erschienenen Buches von Jean-Luc Nancy: Kirschbaumblüte statt Atomausstieg. Es besteht aus einem Vorwort und dem Vortrag im Rahmen einer Videokonferenz: “Philosopher apres Fukushima” an der Toyo University. (Siehe auch deren Journal).

Da ein Projektseminar am Philosophieinstitut der Universität Wien im vergangenen Jahr eine Film zum Thema produziert hat, lohnt sich eine Lektüre. Ich werde in lockerer Folge auf weitere Beiträge aufmerksam machen.

Zwei Gedanken sind zentral für Nancys Ausführungen.

  • Die technische und sozio-politische Vernetzung der globalen Ressourcen hat ein noch nicht gekanntes Maß erreicht. Banal gesagt: Alles hängt mit allem zusammen. Darum bringt ein Vulkanausbruch den internationalen Flugverkehr zum Stillstand. Ein Seebeben bleibt nicht singulär, sondern stößt einen Dominoeffekt an: Überschwemmungen, Zerstörung ganzer Regionen, den Ausfall nuklearer Reaktoren, der Energieversorgung, die Freisetzung atomarer Strahlungen.
  • Dieses Ensemble stellt eine Bedrohung der Zivilisation dar, die über die bisher gewohnten Einzelfälle hinausreicht. Sinn hat sich paradigmatisch mit der Erschließung neuer, besserer Möglichkeiten in Zukunft verbunden. Die Rückkoppelung unüberschaubarer Wechselwirkungen läßt keinen Platz für solche Perspektiven. Wir müssen uns aus dem Horizont der Zweckmäßigkeit verabschieden.

Je peux en revanche affirmer qu’aucune option ne nous fera sortir de ‘equivalence interminable des fins et des moyens si nous ne sorton pas de la finalité elle-memê

Marx, der Geld als den großen Gleichmacher (die allgemeine Äquivalenz) bezeichnet hat, gibt das Stichwort. Die Perspektive steht aber eher in der Tradition von Günther Anders, den Nancy eigens anführt. Und natürlich von Martin Heidegger, der das Thema mit der welthistorischen Entwicklung des technischen Verfügungswillens, inklusive des damit induzierten Nihilismus, ausgeführt hat. Speziell Nancys Schlussfolgerung verdankt sich Heideggers Zugang in “Zeit und Sein”. An die Stelle der Bemächtigung der Zukunft wird die “Gegenwart” empfohlen und zwar im Wortfeld des französischen “le présent — dessen, was sich gibt, ergibt. Daher kommt die “Kirschbaumblüte” im Titel der taz-Rezension.

Eine Besonderheit dieser Strategie liegt darin, dass sie für die Augenblicklichkeit gerne sentimentale Beispiele wählt, wie z.B. “des plantes qui poussent avec une lenteur savante”. In Michaël Ferriers Fukushima. Récit d’un désastre” ist der Moment beschrieben, in dem, nach der Unterbrechung durch das Erdbeben, die Mobilkommunikation wieder funktionierte: Einen Nachmittag lang Werbung aus China.

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