Gebühren, Geld und Humboldt

In der Bundesrepublik Deutschland hat’s gestern eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gegeben, die es den Bundesländern ermöglicht über die Einführung von Studiengebühren (bzw.: neuere hiesige Terminologie: Studienbeiträge) zu entscheiden, und somit derlei einzuführen. Das Urteil ist nachzulesen unter URL http://www.bverfg.de/entscheidungen/fs20050126_2bvf000103.html.
Die “offiziellen” Reaktionen waren weit überwiegend positiv (cf. e.g. IDW).
Aber ein Teil meiner Studiernden denkt darüber nach, das Studium an den Nagel zu hängen wenn’s ab kommendem Wintersemster 500 EUR mehr kostet.

Und am Montag hatte in H-OEH ein thread zu Geld und Online-Ausbildung begonnen,
in dem u.a. gefragt wurde “At what point
does higher education become so commercialized that it loses its
meaning? Where is the line, and how can we know when somebody has
crossed it?”.
Ich habe darauf mit einer Stellungnahme geantwortet, von der ich offen zugebe, dass sie eine wohl extreme Position ist (unsere Studenten sind uns so nützlich, dass wir sie eher bezahlen statt abkassieren sollten). Piotr Boltuc hat darauf (unzustimmend) geantwortet. Ich kann ihm in vielem zustimmen, bin aber dennoch nicht zu der Einsicht gekommen, dass Studiengebühren bzw. Studienbeiträge für uns (und unsere Studiernden) eine gute Sache sind. Wenn H-OEH so funktioniert wie ich’s mir erhoffe, so wird morgen voraussichtlich irgendwo hier ein Link zu der Antwort auftauchen, die ich eben geschickt habe um meine derzeitige Zustimmmung und Nichtzustimmung zu erläutern.

Bin ich der einzige hier, der Ansichten zu Studiengebühren hat? Wie sind andernorts die Erfahrungen damit?

8 thoughts on “Gebühren, Geld und Humboldt

  1. Was bitte spricht denn so gegen StudiengebxFChren? und 500×80 sind doch nicht die Welt, das hat jeder Student bald mal verdient, wenn er es nicht sonst irgendwie auftreiben kann (Beihilfen, Eltern, o.xE4.)
    AuxDFerdem sind StudiengebxFChren doch ein gewisser Anreiz das ganze Studium etwas schneller zu betreiben, wenn ich mir Studienzeiten in England und den USA ansehe, insbesondere an den Top-Unis dann ist da doch ein wesentlicher Unterschied.
    AuxDFerdem bemerke ich sehr stark, dass wenn Leuten etwas nichts kostet, sie es auch weniger schxE4tzen! Das ist relativ einfach einzusehen, oder?

  2. 1. Was so gegen Studiengebuehren spricht: dass wir
    dann so tun als ginge es um das
    Kaufen/Verkaufen von Erkenntnis und nicht um
    das gemeinsame sich erarbeiten von
    Erkenntnis.
    2. 500 EUR nicht die Welt? Ja, aber fuer einige
    Studiernde zu viel zum Weiterstudieren oder
    zu Studieren anfangen. (Wurde mir plausibel
    vorgerechnet.) Und wir hier haben de facto
    schon jetzt hier ein System mit weit
    ueberwiegendem Anteil von Studierenden aus
    “wohlhabenderen” Elternhaeusern.
    3. Anreiz fuer schnelleres Studium? Wieso
    mehr jobben muessen um Studiengebuehren
    zu verdienen zu einer Beschleunigung des
    Studiums fuehrt, sehe ich nicht.
    4. Was nichts kostet ist nichts wert?
    Unverschaemtheit gegenueber diesem Blog!
    Ausserdem, auch gewichtig: Wenn die Studenten
    dann meinen, ihr Studium sei 500 EUR pro
    Semester wert, ein Seminar von mir ist
    eine von 10 Veranstaltungen die sie haben,
    also 50 Euro wert: dann fuehle ich mich
    unter Wert, und bin gewiss unter Kosten
    verkauft.

  3. Lieber Heinrich C. Kuhn,
    bei allem Respekt, aber das meinen kleinen Kommentar oben gleich auf die persxF6nliche Ebene zu ziehen ist nun wirklich nicht fair, schon gar nicht der Vergleich mit dem Wert ihrer Lehrveranstaltungen. Sie haben offenbar ein sehr idealistisches Bild von Ihren Studenten! StudiengebxFChren sind ja keine Vollfinanzierung und daher ist es unzulxE4ssig zu sagen, dass Ihre Lehrveranstaltung mit x80 50,– zu veranschlagen ist. Auch im Bezug auf einen Vergleich mit diesem Blog ist es unzulxE4ssig! Weil ein Blog eine bestimmte Publikationsform ist, wie so viele andere Internetpublikationen. Ich wxE4re ja nicht hier, wxFCrde ich die Zeilen grundsxE4tzlich hier schxE4tzen!
    Wir verkaufen ja nicht den Inalt, bzw. “Erkenntnis” wie Sie es nennen, sondern die Rahmenbedingungen, d.h. die Leistungen, die die Uni bietet. Bezahlt wird die Vermittlung, nicht die “Erkenntnis” selbst!
    Und die Rechnung legen Sie mir mal vor, dass x80 500 so ein mehrfacher Aufwand ist, weil Alkohol und Zigaretten kxF6nnen Studenten um ein vielfaches von 500 pro Semester, das nur als kleines Exempel!

  4. Sorry! Hatte nix persoenlich gemeint, eine
    tongue-in-cheek-Markierung hatte wohl das
    Missverstaendnis vermieden, dieses zumindest.
    Sorry!

    Des weiteren: Habe nicht gesagt, dass 500 EUR eine
    Vollfinanzierung seien, aber “was nix kostet ist
    nix wert” ist ein Einzefall von “alles ist so viel
    wert wie es kostet” und “ein Studium das 500 EUR
    kostet ist 500 EUR wert” ist ebenso ein Einzelfall
    davon.

    Des weiteren: Ich verkaufe gar nix. Mir
    erfreulicherweise. Noch nicht. Aber: das was die
    Veranstaltungen bewirken oder bewirken
    wollen/sollen, das was universitaerer Unterricht
    bewirkt, bewirken will, bewirken soll, *das* ist
    m.E. unser “Produkt”. Und das, und daran halte ich
    fest, das ist Erkenntnis, Einsicht, u. dgl.. Und
    das was wir verkaufen wuerden, das waere doch wohl
    unser “Produkt”. Ergo etc.. (Ich weiss, man kann
    das anders sehen; ich gehoer’ halt auch zu den
    Leuten, die meinen, dass das was ein gutes
    Restaurant verkauft nur akzidentell Aufenthalt in
    einem warmen Raum, Sitzgelegenheit, Speiss und
    Trank ist, und essentiell ein angenehmer Abend.)

    Des weitern: Was die Rechnungen betrifft: Wir
    hier haben relativ viele Pflichtveranstaltungen,
    die nicht jedes Semester angeboten werden. D.h.:
    Studierende die nicht mit den Semesterhoechst-
    zahlen Aerger bekommen wollen, und die nicht
    wegen arbeitsbedingt durchwachter Naechte nur
    muede in den Veranstaltungen sitzen wollen,
    koennen nur begrenzt waehrend des Semesters
    arbeiten. Und waehrend der Semsterferien
    sollen sie ja schliesslich nicht nur jobben,
    sondern auch Seminararbeiten schreiben, etc.
    100 EUR pro Semestermonat bedeuten fuer
    Studierende die inzw. z.T. froh sind wenn sie
    einen Job fuer 5 EUR pro Stunde finden, pro
    Semesterwoche 4 bis 5 Stunden mehr jobben zu
    muessen. Das ist kein Pappenstiel. Und die Raucher
    sind unter den Studierenden hier inzw. in der
    Minderzahl. (Ueber die Ausgaben fuer Alkoholika
    kann ich nichts sagen. Aber bei Abendver-
    anstaltungen mit nachfolgendem Gaststaettenbesuch
    ist der studentische Alkoholkonsum nach meiner
    Erfahrung eher gering – und Mineralwasser *nicht*
    billiger.)

  5. Nun, mit persxF6nlich war zunxE4chst gemeint, dass Sie es sofort mit dem Wert Ihrer Lehrveranstaltung und mit dem Wert dieses Blogs vergleichen…
    Ihre folgende Feststellung mxFCssen Sie mir erst einmal herleiten: ” “was nix kostet ist
    nix wert” ist ein Einzefall von “alles ist so viel
    wert wie es kostet” und “ein Studium das 500 EUR
    kostet ist 500 EUR wert” ist ebenso ein Einzelfall
    davon.”
    Es sagt auch niemand, dass Sie etwas verkaufen, sondern vielmehr, dass die UniversitxE4t ihre Rahmenbedingungen verkauft, wozu sie auch ein recht haben sollte. In jedem kleinerem Verein wird schon ein Unkostenbeitrag eingehoben! Warum also nicht auch fxFCr die Leistung einer UniversitxE4t?
    Auch die Rechnungen mxFCssen wir fortfxFChren. Vielleicht sind Sie ja an einer kleinen, feinen Uni, wo nur Mineralwasser trinkende Studierende sind, aber am Ende einer Freitagsvorlesung hxF6re ich oft genug Kollegen sagen, “heute gib ichs mir wieder voll, das muss einfach sein!” Was nichts anderes bedeutet als “schxFCtten wir uns zu!”. Dennoch mxF6chte ich es nicht allein an diesem Argument aufhxE4ngen, es zeigt nur, dass viele Studenten genug Geld fxFCr derartige AktivitxE4ten haben. Hinzukommt, dass – laut Sozialbericht xFCber die xF6ster. Studenten – ein Student hier xFCber x80 1000,– + pro Monat braucht. Gleichzeitig kommen viele aber mit 500 genauso gut aus und sind deshalb keine unglxFCcklicheren Menschen! Und 500 StudiengebxFChren sind nicht die Welt, weil jene, die sichs nicht leisten kxF6nnen, haben die MxF6glichkeit einer staatlichen UnterstxFCtung, bei Ihnen heixDFt das wohl BafxF6g! Jene, die kein BafxF6g bekommen, sollten wirklich auch in der Lage sein, sich das anderweitig zu besorgen!
    Studenten, die sagen, dass sie aufhxF6ren, wenn StudiengebxFChren kommen, sind durchaus ernstzunehmen, aber oft kommt so eine Aussage aus der Aufregung xFCber die Situation im ersten Moment. Die wenigsten werden dies tun, und wer schon 10 Jahre an seinem Magister studiert und nun wegen GebxFChren aufhxF6rt, der soll ruhig!

  6. Hallo Zusammen,

    Einen weiteren wichtigen Aspekt wxFCrde ich der Diskussion gerne hinzufxFCgen. Wie im Artikel beim Bundesverfassungsgericht dargelegt, gibt es ja schon einige GebxFChren fxFCr Studierende, welche jedoch meist einen konkreten Zweck erfxFCllen sollen. Dieser konkrete Zweck, bzw. die “Leistung” (siehe Restaurant-Beispiel) ist wohl leider schwer zu darzustellen (oder soll das gar nicht sein…?).
    Wenn man sich die GebxFChren fxFCr ein Fernstudium ansieht, merkt man schnell, dass dort (meistens) die GebxFChren konkret an einen Zweck und an eine Leistung gebunden sind.
    Daher wxFCrde ich eine GebxFChr nur akzeptieren, wenn ich erfahre wofxFCr man zusxE4tzlich (!) arbeiten muss, falls man keinen Anspruch auf UnterstxFCtzung hat.
    Nebenbei – ich kann mir nicht vorstellen, dass bei den StudiengebxFChren von 500EUR auch nur ein Cent bei den Lehrenden ankommt, respektive dass dies auf diese motivierend wirkt…

  7. Lieber Ralf, StudiengebxFChren dienen ja nicht zur Motivation der Lehrenden! Aber Sie kxF6nnen z.B. fxFCr ein erweitertes Lehrangebot aufgewendet werden. An der Uni Wien kxF6nnen die Studierenden darxFCber abstimmen – unter Auswahl einer von 3 Optionen, wobei auch die Studierendenvertreter eine einbringen kxF6nnen – welchem Zweck die StudiengebxFChren zugefxFChrt werden sollen!

  8. Hallo Michalek:
    Hier der Herleitungsversuch:
    A sei der Wert einer Sache.
    B sei der Preis einer Sache.
    Die Behauptung sagt:
    A=B
    Nun sei B=0;
    dann ergibt sich A=0
    Nun sei B=500 EUR;
    dann ergibt sich A=500 EUR.

    Ansonsten: “klein und fein”? Meine Uni ist die LMU Muenchen: Vielleicht fein, aber gewiss nicht klein.

    Und: auch ich bestreite nicht, dass es Studierende gibt, fuer die 500 EUR pro Semester kein Problem bedeuten. Aber das sind halt nicht alle Studiernden, und auch nicht alle, die ich gerne haben/halten wuerde … .

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