Agamben lehnt es, wie im vorigen Beitrag gezeigt, ab, im Umgang mit der Pandemie zwischen Notstand und Ausnahmezustand zu unterscheiden. In Homo sacer hat er differenzierter darüber geschrieben, was eine Ausnahme charakterisiert. Es handelt sich auf den ersten Blick darum, ein Vorkommnis einer Regel zu entziehen. Der Lebensmittelhandel ist z.B. vom Lockdown ausgenommen. Diese Sonderregelung hat jedoch, näher betrachtet, einen zusätzlichen Aspekt. Sie ist Teil der Gesetzgebung und sichert sie gegen unstatthafte Verallgemeinerung. Ihr Kern wird gefestigt, indem sie Ausnahmen gewährt. Die Gültigkeit der Ordnung wird aufgehoben …
… indem zugelassen wird, dass sich die Ordnung von der Ausnahme zurückzieht, sie verlässt.[ref]Giorgio Agamben: Homo sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben. Frankfurt am Main 2002, S.28[/ref]
Niemand kann sich, im Beispiel, auf Hunger ausreden, wenn er das Ausgangsverbot übertritt. Durch Null darf, ein anderes Beispiel, nicht dividiert werden, damit der systematische Zusammenhang zwischen Division und Multiplikation nicht verlorengeht. Ein wichtiger Punkt, blumig ausgedrückt:
Es ist nicht die Ausnahme, die sich der Regel entzieht, es ist die Regel, die, indem sie sich aufhebt, der Ausnahme stattgibt (a.a.O.)
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