Vor einer Woche fand in Machester die 4. Oekonux-Konferenz statt. Die 3. Konferenz hatte ich (zusammen mit Franz Nahrada) 2004 in Wien veranstaltet, also war mein Interessse groß.
“There is probably no other place on this planet where engineers and political people, thinkers and practitioners, scientists and activists come together in such an open and constructive atmosphere,” said Stefan Merten, the main organizer and the founder of the Oekonux Foundation, at the closing session. (Christina Haralanova)
Und die Blogeinträge sind enthusiastisch: Notes from the Fourth Oekonux Conference I von Christian Siefkes. Extraordinary fourth Oekonux conference marks milestone for P2P movement schreibt Michel Bauwens, der Vorstand der Foundation for P2P Alternatives. Die Open Source Ecology von Marcin Jakubowski.
First of all for the Oekonux community itself (really an interlocking of
several inter-related networks, one of them being the P2P Foundation). I
attended the second one in Berlin some years ago, but missed the third in Vienna. An extraordinary maturation has occurred. The speakers, the
participants, the organizers, are no longer just discussing theory or
possibilities, but all are now practicioners, constructing the very world
and the very alternatives they are discussing. We are realizing how much we already know about successful patterns of practice. Oekonux has also
definitely outgrown its historical basis in the free software community, and has now fully embraced the full gamut of peer production, including the recent but very clear move towards peer production in the physical sphere, under the form of open design and open hardware. What is extraordinary is also the diversity: people of all age groups, a sizeable condition of the gender that is usually not very well represented in the FOSS community, people from all kind of career backgrounds and domains of practice, including a new breed of academics. It is altogether rare to find such a natural ‘interdisciplinary’ mix.
Tut mir leid, mir hat das nicht so gut gefallen.
- Stefan Mertens Eröffnungsrede, die nur die alten Schlagworte wiederholte: “the dawning of a new age”. Und dazu Barack Obama bemühte: “Yes we can!”
- Smári McCarthy, der die Deregulierung so weit treiben will, dass Kinder (verschiedener Altersstufen) wahlberechtigt sind.
- Raoul Victor, ein überaus freundlicher Kollege, der träumerisch die Entmenschlichung durch die Geldwirtschaft und deren Verschwinden in einer Welt der peer production verkündete.
- Und schließlich die Simultanconference am Ende, als drei Teilnehmer es sich nicht nehmen ließen, mehr oder weniger gleichzeitig ihre unterschiedlichen Ideen zu verkünden und auf die Tafel zu schreiben.
Diese Mischung aus ständiger Wiederkehr des Gleichen und in kurzer Zeit verpuffender Spontaneität ist nichts mehr für mich.
Ich war ja nicht dabei, aber was ist denn an einem Wahlrecht für Kinder schlecht und was hat das mit “Deregulierung” zu tun?
Danke für die Nachfrage.
Die Absicht von Smári McCarthy ist: “In this talk I aim to dismantle our conceptions about our sociopolitical reality and propose five alternatives fueled by a single uniting factor, providing a roadmap towards a new monetary system, a new economic model, a new legislative system, a new judicial system and a new executive authority system.” (Vgl. sein Abstract).
Der gemeinsame Zug des “dismantling” ist die Ersetzung bestehender Strukturen durch offene Netz-Kooperation. Das wirkt sich beim Wahlrecht so aus, dass das staatliche Wahlalter in Frage gestellt wird.
Dazu hatte ich 2 Fragen:
Auf beide Fragen erhielt ich keine zufriedenstellende Antwort.
Noch ein Grund für Zweifel betreffend die Konferenz. Hier die Slides von Jacco Lammers.
Vielleicht hat ja das hier ein paar Antworten für Dich zum Thema Kinderwahlrecht: http://kraetzae.de/wahlrecht/grundsatztext/
Danke, das ist ein interessantes Dokument. In einem Punkt stimme ich zu (das war auch ein Aspekt des Vortrags in Manchester): die Altersgrenze ist willkürlich gezogen. Zahlreiche “volljährige” Wählerinnen sind weniger informiert und motiviert, als jüngere Personen, die das Gesetz ausschließt.
Das Problem ist allgemeiner. Wie steht es mit Verurteilten (welches Delikt? welches Strafausmaß), mit geistiger Beeinträchtigung? mit Staatsbürgerschaft? In allen diesen Fällen gibt es Gründe, eine jeweils bestehende abstrakte Regel in Zweifel zu ziehen. Dagegen will ich nicht sprechen: das sollte man sich im Einzelfall genau ansehen.
Mein prinzipielles Unbehagen entsteht daraus, dass unter Berufung auf flexible soziale Prozesse im Netz eine Vielzahl unterschiedlicher Antworten gegeben wird. Das heißt, die (im Grenzfall immer etwas willkürlichen) Standards einer Gemeinschaft zugunsten permanenter Flexibilität aufzugeben.
Deutlich ist das an einem anderen technisch mittlerweile machbaren Fall, nämlich der Möglichkeit, die Stimmabgabe hinterher zu revidieren. Das klingt ja attraktiv, warum soll man sich das eigene Votum nicht überlegen. Aber auch hier braucht man eine Fallfrist, sonst ist eine Entscheidung durch Abstimmung einfach nicht möglich.