Gruppensteuerung

Die ausgeprägt hierarchische Struktur der Entscheidungsprozesse an der
Universität Wien ist hier immer wieder kritisiert worden. Es lohnt sich, im
Gegenzug auch einmal zu überlegen, wie es mit den Entscheidungsstrukturen in
traditionellen Gremien aussieht, z.B. in einer Berufungskommission.

Ich hatte unlängst Gelegenheit, festzustellen, dass dort durchaus keine
idealen Verhältnisse herrschen. Ein Unterschied zwischen
den “obrigkeitlichen” Beratungen, an denen ich als Vorsitzender der CK
teilnehme, und den fachnahen Treffen ist besonders hervorzuheben. “Oben” wird
kontrovers diskutiert; Alternativen werden überlegt. Dann fällt eine
Entscheidung – und daran halten sich die Beteiligten. Das liegt an der
Funktion der Gruppe: sie muss Initiativen umsetzen. In einer Kommission des
alten Stils verläuft das anders.

Hier gibt es keinen Druck (und bisweilen auch keine Bereitschaft), zu
gemeinsamen Lösungen zu kommen, die auf einer Einigung in der Sache beruhen.
Es geschieht leicht, dass ein Mitglied an seiner Meinung festhält, auch wenn
sie in der Diskussion von der großen Mehrheit abgelehnt wurde und als
Handlungsoption chancenlos ist. Wenn das einige Mitglieder (jeweils mit ihren
eigenen Standpunkten) praktizieren, verhindern sie die Einigung auf die
(beratungsgemäß) aussichtsreichsten Resultate.

Die Situation erklärt sich teilweise durch die Besonderheit der
wissenschaftlichen Arbeit. Anders als in politischen Prozessen können in der
Wissenschaft partikuläre Fachmeinungen erfolgreich sein. Der Weg vom Glauben
an den eigenen Expertinnenstatus zur Subversion kooperativer Anstrengungen
ist kurz. Und herzzerreissend sind die Ablenkungsmanöver, mit denen aus einem
derart gestörten Kooperationszusammenhang auf (Zitat) “die Gremien der
Qualitätssicherung” verwiesen wird. Dabei handelt es sich um nichts anderes,
als einen vom Rektorat eingesetzten “watchdog” zur Wahrnehmung der
obrigkeitlichen Befugnisse.

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