offener Brief

Sehr geehrte Frau Dekanin, liebe Christiane Spiel

danke sehr für die Einladung zur “festlichen Eröffnung der Fakultät für Psychologie”, die mir vor Kurzem zugesandt wurde. Nachdem die Auflösung der Human- und sozialwissenschaftlichen Fakultät mit einem Grillfest gefeiert wurde, scheint es nur logisch, die Einrichtung der Nachfolgefakultäten ebenfalls festlich zu begehen.

Die Idee ist wirklich gut, man kann richtig neidisch darauf sein. Dennoch will ich kurz erklären, warum ich dieses Ereignis für eine typische Ausprägung des Zeitgeistes halte und daran nicht teilnehmen werde.

Nach Einladung werden also am 7. Oktober ab 15:45 die Gäste zu dieser “festlichen Eröffnung” im Kleinen Festsaal eintreffen. Um 16:30 beginnt dann der Festakt. Das macht richtig neugierig darauf, wer kommen wird. Zweifellos werden einige aufmunternde Reden gehalten. Aber was ist denn eine Fakultätseröffnung?

Organisations- und studienrechtlich ist der Oktober 2004 keineswegs der Beginn einer Fakultät für Psychologie. Die wurde schon vorher beschlossen und wird erst später, wenn alle Fakultäten so weit sind, definitiv im Universitätsverbund in Kraft gesetzt. Es ist klar: mit diesem Festakt wird ein Zeichen gesetzt, man kann auch sagen: ein claim abgesteckt.

Alle künftigen Fakultäten werden damit konfrontiert sein, sich entsprechend zu präsentieren: mit Presseaussendungen, Festen, Leistungsberichten, Protestaktionen und allgemein mit Versuchen, sich ins rechte Licht zu rücken. Die talentiertesten Selbstdarstellerinnen werden die besten Chancen haben. Das ist natürlich nicht neu, die Einladung macht dennoch bedenklich. Das einzige, was man aus ihr entnimmt, ist, dass der Aufmarsch der Gäste eine dreiviertel Stunde in Anspruch nimmt und dass es nachher ein Buffet gibt.

Apropos: “Im Anschluss bitten wir zu einem Buffet im Psychologicum”. De facto: Liebiggasse 5, Linke Stiege, 1.Stock. Die Taufe ist ein Akt der Welterzeugung: es gibt jetzt ein “Psychologicum”, will sagen: wir definieren einen Teil des Universitätsgeländes als unser Terrain. Das ist gute Politik. Sie führt vor Augen, nach welchen Regeln wir alle in Zukunft zu handeln haben.

Sie sollten unter diesen Umständen allerdings – das ist ein kleiner Schönheitsfehler – vermeiden, die vorgedruckte Antwortkarte an das “Institut für Psychologie, Liebiggasse 5” zu adressieren. Oder ist die Post noch nicht verständigt?

Abgesehen davon wünsche ich alles Gute,

h.h.

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