natürlich künstlich

Die Idee stammt von Harald Staun in der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Franz Josef Jung, der vorletzte deutsche Bundesminister für Verteidigung, hatte deutliche Defizite bei der Imagepflege. Wenn man Fotos seiner Afghanistanbesuche mit jenen seines Nachfolgers, Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg vergleicht, zeigt sich ein eklatanter Unterschied. Es ist nicht nur die offensichtlich höhere Fitness und schickere Frisur des jüngeren Ministers. Wer bitte hat erlaubt, dass F.J. Jung beim Autogrammschreiben von hinten aufgenommen wird? Und sie Szene mit zwei salutierenden Uniformträgern und dem verkniffen zur Seite gewandten Zivilisten darf die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit nicht durchgehen lassen.

Dagegen lassen sich die Fotos Guttenbergs tout de suite als Wahlkampfplakate verwenden. Berichterstattung?

Eine Lehre aus dieser Bildgeschichte:

Beim Konsum der Presse- und TV-Berichterstattung fällt die Künstlichkeit zunächst nicht auf. Eine gewisse Oberflächlichkeit, gepaart mit der Voreinstellung “Nachrichten” führt dazu, dass man die Bilder als Dokumentation nimmt. Nur subkutan wird die Zusatzbotschaft aufgenommen: fesch, dynamisch, gut organisiert. Es braucht einen Hinweis, um der Strategie bewusst zu werden. Das ist zunächst nicht ungewöhnlich. Eine Unbekannte geht vorbei. – “Das ist die Freundin von Mario!”

Schwieriger wird es dadurch, dass es um systematische Zusammenhänge geht. Der Hinweis ist dann etwa, dass man Pressefotographien nicht vertrauen soll. “Sei auf der Hut vor solchen Konstruktionen! Sie stellen etwas als ganz natürlich dar und haben es mit viel Aufwand so zurechtgemacht.” Solche Ratschläge sind oft plausibel, doch eine unerwünschte Nebenerscheinung stellt sich ein. Man kann nicht immer, und nicht auf den ersten Blick, hinter die Kulissen sehen.

Preisfrage: Wieviel Verdacht soll man der Welt von vornherein entgegenbringen?

One thought on “natürlich künstlich

  1. Also mit der gesamten Wikileaksdebatte im Hintergrund und nach diesem “Trailer” hier bin ich einmal so dreist und äußere meinen philosophischen Weihnachtswunsch: eine Vorlesung zum Thema “Geheimnis” von hh, am besten in Zusammenarbeit mit rh.

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