Anschauungsbeispiel

Ein schönes Anschauungsbeispiel für die neuen Rahmenbedingungen der Universitätsentwicklung ergab sich gestern abends in einer Besprechung zwischen Angehörigen der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft und Vizerektor Jurenitsch.

In einer umstrittenen Aktion hatte Justizminister Böhmdorfer das Handelsgericht aus der Riemergasse im 1. Bezirk abgesiedelt und dem Finanzminister einen hohen Erlös durch Verkauf des Gebäudes versprochen. Der war nicht zu realisieren. Die Bundesimmobiliengesellschaft blieb auf dem Objekt sitzen und bietet es der Universität zu günstigen Bedingungen zur Nutzung an.

Es handelt sich um 15.000 Quadratmeter Nutzfläche und Vizerektor Jurenitsch ist verständlicherweise daran interessiert, die Gelegenheit zu ergreifen, um die Raumsituation der Universität zu konsolidieren. Das Problem ist allerdings, dass die Riemergasse – gemessen am Hauptgebäude und Campus – am anderen Ende der Innenstadt liegt, deutlich entfernt vom Zentralbereich der Universität.

Die Planspiele des Rektorats zur Besiedelung der Immobilie ergaben, dass dort die theologischen Fakultäten, die Informatik und die Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaften untergebracht werden könnten. Die Pädagogik hat akute Probleme mit ihrem Standort in der Garnisonsgasse, die evangelische Theologie solche mit ihrer Bibliothek und die Informatik wünscht sich eine Konsolidierung ihrer verstreuten Lage. Der Plan des Vizerektors nimmt diese Schwierigkeiten zum Anlass, vier Fakultäten in das günstig angebotene Haus umzusiedeln.

Ökonomisch wird das wohl sinnvoll sein. Die theologischen Fakultäten und die Philosophie und Bildungswissenschaft sind einmütig dagegen. In einer mehrstündigen Besprechung machten sie Jurenitsch klar, was sie davon halten, als Dispositionsposten im Budget behandelt zu werden. Die Umsiedlung zwingt tausende Studierende zum Pendeln und zerreisst die Einbettung der betroffenen Wissenschaften in den Kontext der anderen geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen. Er setzt ein Signal dafür, dass Grundlagenforschung isoliert und externalisiert werden kann. Während im Entwicklungsplan explizit die Unterstützung von Grundlagenwissenschaften angeführt wird, erschwert er ihre Integration mit anderen Teilen der Universität und beeinträchtigt ihre Attraktivität für Studierende.

Die Abläufe an der Universität werden derzeit nach einem neuen Management-Modell umgestellt. Nach “Eckpunkten” folgen “Richtlinien” und “Fragenkataloge”, dann werden “Leistungsvereinbarungen” abgeschlossen. Man kann über dieses Verfahren geteilter Meinung sein, bemerkenswert am vorliegenden Fall ist die Tatsache, dass nichts davon zu sehen ist. Es wird über die Köpfe der Belegschaft hinweg geplant, gerechnet und verfügt.

Wenn es darum geht, das Globalbudget optimal auszunützen, sind Nettigkeiten wie die Erhebung real existierender Kooperationen, struktureller Nebenwirkungen oder die zeitgerechte Rückfrage bei Mitarbeiterinnen nicht vorgesehen. In den Aussendungen des Rektorates findet sich häufig die Aufforderung, aktiv an der Gestaltung der Universität mitzuwirken. Gemessen an der Veranstaltung gestern abends hat das folgenden Sinn: die Universitätsangehörigen sollen akzeptieren, dass sie in Zukunft je nach der Höhe des Mietpreises zwischen Gebäuden verschoben werden.

One thought on “Anschauungsbeispiel

  1. Mit Ihrem Argument von der Zertreuung haben Sie zweifellos recht.
    Aber dass die Informatik als “Dispositionsposten” behandelt wird kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen!
    Eine “Einbettung der betroffenen Wissenschaften in den Kontext der anderen […] Disziplinen” ist freilich wxFCnschenswert, existiert aber derzeit auch nur fxFCr Lehrende und nicht fxFCr Studenten, nur fxFCr jeweils jene, die eine andere Studienrichtung mitbelegen. Und da zxE4hlt der inhaltliche Aspekt und der rxE4umliche ist im derzeit auch nicht wirklich gegeben!

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