Wie neutral darf es sein?

Gerade wird der A1 Open Society Award vergeben, in dem Projekte gesucht werden, “die das Internet für politische Diskussion und Partizipation nutzen und damit die Zivilgesellschaft stärken”. Die Initiative für Netzneutralität hat sich auch beworben.


Das Thema ist eine Perle im Spannungs- und Interaktionsfeld zwischen Politik, Ökonomie und Wissenschaft.

Man kennt die Meinung des A1-CEOs und anderen Betreibern von Telekommunikationsnetzen zu diesem Thema. Noch dazu hält er eine Diskussion darüber für unnötig, man sollte das dem freien Markt überlassen. Als größter Telekommunikationsanbieter in Österreich hat man leicht reden :-).

Es gibt an der Universität Wien einen Stiftungsprofessor für “Future Internet”, der von A1 mitfinanziert wird. Auch er gibt seine Meinung dazu in Interviews kund. Als Experte hat seine Meinung einen anderen Status. Er führt – im Unterschied zum A1-CEO – nicht die Selbstregulierung des Marktes sondern technisch-wissenschaftliche Argumente im Umgang mit Ressourcen an und sagt auch: „Dieses Prinzip [ der neutralen Behandlung von Datenpaketen] ist in der heutigen Form in Zukunft nicht mehr aufrechtzuerhalten“.

Das ist einerseits vorsichtig ausgedrückt (“in der heutigen Form”), andererseits passt es nicht zur Überschrift, die ebenfalls als Zitat gekennzeichnet wird: “Netzneutralität zum Scheitern verurteilt”. Diese Schlag-zeile ist unvereinbar mit der Diskussion in der scientific community, da man genau darauf schauen muss, was unter Netzneutralität technisch verstanden wird. Jon Crowcroft zum Beispiel unterscheidet verschiedene Neutralitäten im Schichtenmodell des Internetprotokolls und sagt, dass man diese wie platonische Ideen verstehen kann, denn man wird sie konkret nie erschöpfend implementiert haben. So gesehen hat es die Netzneutralität noch nie gegeben.

Ich habe einmal die Aussage gehört: “Die Wissenschaft hängt nicht am Markt.” Ist das unter gegenwärtigen Bedingungen eine Tatsachenbeschreibung oder eine Wunschvorstellung? Vielleicht auch so eine Idee, die es nie gegeben hat, obwohl (und weil) spannend und im Spiel.

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