Ich habe in einem anderen Zusammenhang die Geschichte erzählt, wie beim Filmen eines Informations- und Verkaufstandes von mir “Persönlichkeitsrechte verletzt wurden”. Eine Studentin beschwerte sich darüber, in der Aula der Universität aufgenommen worden zu sein. Nach anfänglichem Ärger musste ich zugeben, dass ihr Einspruch eine gewisse Berechtigung hat. In einer Zeit, in der Google Aufnahmewägen durch die Straßen schickt und Algorithmen aus Fotos Identitäten herausrechnen, ist Zurückhaltung angebracht.
Andererseits: stellen wir uns (Funktion geändert) eine Brandbeauftragte vor. Sie ist von der (schwach) demokratisch legitimierten Dekanin ausgewählt, um Maßnahmen im Brandfall zu koordinieren. Sie erläßt dazu eine Reihe von Verordnungen, die alle ihre Unterschrift tragen. Sie wird zu einer Veranstaltung eingeladen, um ihre Pläne zu erläutern und dabei gefilmt. In der Folge stimmt sie der Veröffentlichung der Aufnahme nicht zu. Die Dokumentation der Planungen im Brandfall bleibt fragmentarisch.
Eines ist jedenfalls festzuhalten: Durch die instantane, globale Verfügbarkeit der Bilder lokaler Veranstaltungen hat sich der alte Begriff von Öffentlichkeit einschneidend verändert. Ein “öffentlicher” Auftritt ist keine Singularität mehr, seit überall mp3-Recorder und Kameras eingesetzt werden.
Hat die Brandschutzbeauftragte darum recht, wenn sie zwar zahlreiche Dekrete unterzeichnet, die für die Allgemeinheit verbindlich sind, die Bekanntmachung ihres Gesichts und ihrer Stimme aber untersagt, auch wenn es sich um Erläuterungen ihrer dienstlichen Tätigkeit handelt? Thomas Pynchon ist bekannt dafür, dass er seine Person rigoros im Dunkel hält. Kann das für Funktionsträger in einem Gemeinwesen gelten?