“Ich bitte Sie alle: sind Sie aufmerksam!”

I_gehdenken

Gerd Bachmann macht auf einen ORF-Bericht aufmerksam[1. Ich beziehe mich auf seinen Beitrag in der mailing list epoche. Zugänglich für Subskribentinnen]. Es geht um das “Fest der Freude” zum Gedenken an das Ende des 2. Weltkriegs.

Die Zeitzeugin Helga Emperger, die erzählte, wie sie 1944 von der
Gestapo inhaftiert wurde, appellierte an die Besucherinnen und Besucher:
„Seien Sie aufmerksam, seien Sie wachsam, und sollte es irgendwo
Tendenzen geben, die unsere österreichische Demokratie gefährden, stehen
Sie auf!

In dieser Zusammenfassung fehlt ein wichtiger Kontext. Der entscheidende Punkt ist nicht die Verhaftung, sondern die Hinrichtung zweier Kärntner Widerstandskämpferinnen, der Mutter und der Tante Helga Empergers. Ihre Worte muss man gehört haben:

 

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Aus dieser Erfahrung folgt der Aufruf, der im Nachrichtentext geschönt wiedergegeben wird. Im Original lautet die Passage nämlich “Ich bitte Sie alle: sind sie aufmerksam! sind Sie wachsam!” Das ist zwar nur ein kleines Detail, aber dennoch Vorbote einer grauenhaften Vereinnahmung der Kärntnerin zum Zweck des Staatsrundfunks. Überzeugen Sie sich selbst:

 

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Auf die gebrechliche Stimme der alten Frau folgt das Fortissimo der Wiener Symphoniker mit dem Gassenhauer, dem immergrünen Schlager der Freiheit. Diese Nutzanwendung des Appells macht sprachlos. Ich hoffe, dass Gerd Bachmann das Morgenjournal nicht gehört hat, denn er nimmt das Zitat zum Anlass für einen Notruf:

Nun ich sehe in der nur verhalten gegengesteuerten
kompletten Entdemokratisierung der österreichischen Universitäten
eine Tendenz zur Gefährdung der österreichischen Demokratie.
Demokratie muss an staatlichen Universitäten wieder erlernt und
gepflegt werden können. Automomie ist kein Freibrief für
undemokratische Organisationsform.

Ein Forderungskatalog unterstreicht das Anliegen. Direkte Rektorswahl durch alle Universitätsangehörigen, halbjährliche öffentliche Fakultätssitzungen, weitestgehende Transparenz aller Beratungs- und Planungsarbeiten und, nicht zu vergessen, eine besondere Auskunftspflicht gegenüber dem Betriebsrat.

Darum fordere ich erneut:
– Demokratische direkte Wahl des/der Rektor/in durch alle
Universitätsangehörigen.
– halbjährliche erweitere Fakultätssitzungen mit Zugang für alle
Universitätsangestellte und Plicht der Dekan/Innen zur Beantwortung
dringender Anfragen
– Zugang aller Universitätsangehörigen zu (streng vertrauliches/ Namen
ausgemommen ) Protokollen aller Gremien und Pflicht zu mind.
vierteljährlichen Sitzungen mit Protokollführung in allen OE, Zentren,
SubOE
– Völlige Offenlegung der Universitätsbudgets und Gehälter
– Transparente Zukunftsplanung, Zugang zu Gebäudeplänen und Konzepten
für zukünftige Gebäude/Sanierungen
– volle Weisungsfreiheit von Innenrevision und Präventivfachkräften
sowie deren unmittelbarer Leitung, und prinzipielle schriftliche
Auskunftspflicht gegenüber allen Belegschaftsmitgliedern, insbesondere
komplett gegenüber Betriebsräten

Ich bin viele Jahre für derartige Impulse eingetreten, gerade auch zusammen mit Gerd Bachmann. Es ist nichts dabei, manchmal für idealistische Vorstellungen belächelt zu werden. Aber die Sorge um die österreichische Universitätslandschaft kann nicht um jeden Preis verkündet werden. Insbesondere ist die Funktionalisierung einer nationalen Feierstunde, in der das Trauma einer tapferen Frau funktionalisiert wird, der falsche Weg, auf die schläfrige Selbstzufriedenheit zu reagieren, in welche die interne Auseinandersetzung um demokratische Ziele an der Universität Wien versandet ist.

 

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