oberflächliche Interdisziplinarität

Zunächst einmal ohne Kommentar.

“Die Presse”, Print-Ausgabe, 14.06.2008, Feuilleton/Leserbriefe

Unglaubliche Verhältnisse

„Die Kremser Geldvernichtungs-Uni“, Brief des Tages, von Peter Kampits, 7. Juni

Wenn im „Brief des Tages“ u. a. von einem defizienten Lehrangebot im Sinne eines Kunterbunts von Kursen und Seminaren an der „Donau-Universität“ gesprochen wird, die weniger bieten würden als Fachhochschulen und das Wifi, so weiß man sich an die unglaublichen Verhältnisse am Institut für Philosophie in Wien erinnert, wo das Lehrangebot auf Kosten der historisch-systematischen Grundkenntnisse der Philosophie auf eine oberflächliche Interdisziplinarität verlagert wird, ohne mit dieser Umfunktionierung international Erfolg haben zu können, wodurch die wissenschaftliche Bedeutung dieses Instituts nicht mit seiner Größe korrelieren kann.

Wenn man schon von einer „Geldvernichtungs-Uni“ spricht, so ist man geneigt, in erster Linie an den volkshochschulnahen Betrieb am Wiener Institut für Philosophie zu denken. Die von Kampits geforderte „ernsthafte Diskussion bezüglich der Ausrichtung“ wird am Institut für Philosophie in Wien von Dekan Kampits unterbunden, wodurch es im Verhältnis zu den kleineren Philosophieseminaren im Ausland, die im Forschungs- und Lehrbereich meist eine beachtliche Reputation und Produktivität besitzen, den internationalen Forschungsbetrieb kaum mit wissenschaftlichem Nachwuchs versorgt, weil diesem häufig die Grundkenntnisse fehlen. Es gilt die alte Weisheit: Den Splitter im Auge des anderen sieht er sehr wohl, den Balken im eigenen Auge aber nicht.

Mag. Dr. Michael Höfler
Mag. Dr. Heinz Kolar
Univ.-Ass. i.R. Dr. Hermann Böhm

One thought on “oberflächliche Interdisziplinarität

  1. Wenn die Unterzeichneten des zitierten Leserbriefes, drei nicht mehr am Institut Lehrende, von „unglaublichen Verhältnissen“ am Wiener Institut für Philosophie schreiben, scheinen sie den eigenen Balken nicht zu merken, zumal zumindest jener der Drei, den ich selbst hörte, einen volkshochschulnahen Vortragsstil hatte. Mag sein, dass die im Artikel inkriminierte Kürzung historischer Pflichtlehrveranstaltungen nicht gerade zur tieferen Durchdringung der Hauptassagen der (nach welchen Kriterien auch immer) berühmtesten europäischen Philosophen beitragen, dies ist aber nicht der einzige – und schon gar nicht ein systematischer – Weg der Vermittlung systematischer Grundkenntnisse. Noch immer beschäftigt sich ein meines Erachtens überproportionaler Anteil des Lehrangebotes mit antiker griechischer und idealistischer deutscher Philosophie.

    Allerdings scheint es mir am Wiener Institut tatsächlich ein Problem bezüglich Ausrichtung zu geben. Dieses manifestiert sich auch auf der Website des Instituts. So wird auf der Homepage lediglich das Lehrangebot beschrieben, das „die Breite der Disziplin vermittelt und gleichwohl in einzelnen Bereichen hohen Standards fachlicher Spezialisierung genügt“, ohne dass diese Bereiche angeführt werden und ohne jegliche Alleinstellungsmerkmale. Selbst unter „Forschung“ werden nur die Schwerpunkte angegeben, nicht aber herausragende bzw. international anerkannte Leistungen (Kooperationen werden wenigstens in der 4. Navigationsebene erwähnt).

    Raimund Hofbauer

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