In der Debatte um die philosophischen Ansprüche der Hirnforschung, die sich im letzten Jahr entwickelt hat, herrscht in der Regel ein vornehmer Ton. Insgeheim flüstern sich Philosophinnen (m/w) schon zu, dass sie es mit Amateuren zu tun haben, aber es ist inopportun, Naturwissenschaftler direkt zu attackieren. Ich halte mich auch daran. Nur Herbert Schnädelbach hat sich in einem – leider nicht am Netz verfügbaren – Aufsatz in der “Frankfurter Rundschau” über die Herren lustig gemacht.
Der Ton wird schärfer. Petra Gehring hat in einem Literaturbericht in der Philosophischen Rundschau schwere Geschütze aufgefahren. Der erste Teil des Beitrags ist eine phänomenologisch-wissenschaftstheoretische Diskussion. Gegen Ende attackiert sie aber die sozialen, insbesondere juridischen, Auswirkungen:
Die Abschaffung der Schuldstrafe gehört zum Repertoire staatsrassistischer Erziehungsdiktaturen oder ruft solche auf den Plan.
Mit Singer und Roth würde ein durch neurowissenschaftliche Gutachten gesteuertes Gefährlichkeits-Verwahrsystem drohen, und da nun das Böse nicht mehr in der Seele, sondern im ‘Hirn’ sitzt, bleibt womöglich die Hirnmanipulation als der einzige Weg ins Freie.
Zuletzt ganz unverblümt der Verdacht: vielleicht suchen die Hirnforscher unter den Verbrechern Versuchskaninchen.