Der spekulative Satz

spekulativ

Ontologische Themenstellungen, siehe etwa am Beginn von Alain Badious “Sein und Ereignis”[1. http://diaphanes.net/buch/detail/3382], hängen an der Struktur von Aussagesätzen. Das liegt einfach daran, dass von “Seiendem” und “Sein” deshalb gesprochen wird, weil das Hilfszeitwort “sein” (idealtypisch) alle Sätze zusammenhält, in denen etwas von etwas gesagt wird. Wie stehen diese beiden “etwas” zueinander? Die Frage führt tief in die Philosophie.

Hegel zum Beispiel unterscheidet zwei Auskünfte. Auf der einen Seite steht die “Gewohnheit, an Vorstellungen fortzulaufen”. Dem Gegenstand, von dem im Satz die Rede ist, werden mehr oder weniger passende Eigenschaften beigelegt. Das reicht, auf der anderen Seite, für Philosophie nicht aus. Sie zielt auf das Wesentliche und sagt nichts Unnötiges von ihren Themen. Ihre Sätze sind zwar gebaut wie gängige Aussagesätze, aber sie besitzen einen besonderen Duktus. Das Prädikat, das dem Subjekt hinzugefügt wird, kommt ihm von sich her zu. Anliegen der Philosophie entfalten sich durch Spezifikationen, die sich als unausweichlich im Ausgangspunkt selbst angelegt erweisen. So etwas nennt Hegel einen spekulativen Satz.

Formell kann das Gesagte so ausgedrückt werden, daß die Natur des Urteils oder Satzes überhaupt, die den Unterschied des Subjekts und Prädikats in sich schließt, durch den spekulativen Satz zerstört wird, und der identische Satz, zu dem der erstere wird, den Gegenstoß zu jenem Verhältnisse enthält.[2. http://gutenberg.spiegel.de/buch/-1656/7]

Als ein Beispiel nennt Hegel “das Wirkliche ist das Allgemeine“. In eine Richtung gelesen wird damit ausgedrückt, dass die Wirklichkeit allgemein [3. vielleicht kann man paraphrasieren “allgemein verbreitet”] sei. Doch ebenso gilt die Gegenrichtung: präzise das Allgemeine ist wirklich. Will sagen, dem Individuellen mangelt es an Wirklichkeit.

Derartige spekulative Sätze begegnen nach Badiou auch bei Parmenides und Leibniz. Die erste Meditation seines genannten Buches jongliert, im Anschluss an Platons “Parmenides”, mit der Behauptung “Das Sein ist das Eine”.[4. “L’être est l’un”] Badiou will zeigen, dass sich diese Spekulation im Kreis dreht. Wenn alles, was ist, eins ist, kann etwas, das nicht eins ist, nicht sein, und dann fehlt dem Sein der Zugang. Es ist, wie Parmenides sagt, in sich gerundet und verträgt keine Variation.

Daraus schließt Badiou, dass dieser spekulative Satz nicht zu halten ist. “Das Eine ist nicht.”[5. “l’un n’est pas“] Die Konsequenzen dieser “Entscheidung” sind ein anderes Kapitel. Zwei Vorkommen des spekulativen Satzes im nicht philosophischen Gebrauch werfen indessen ein Licht auf diese Konstruktion.

Die erste Illustration ist ein Text von Konrad Bayer, “karl ein karl”. Die spektakulären drei Seiten [6. “Bayer formt endlose Wortschleifen deren Sinn man(n), wenn sie einen haben, bei der Schnelle und dem Rhythmus nicht wirklich erfassen kann. Beispielhaft, herrlich sinnentleert steht dafür „der Karl im Karl“. Darin geht es ungefähr etwa 20 Minuten darum, dass: der Karl, der erscheint mit Karl auf dem Karl, der vor dem Karl sich auf den Karl wirft, in den Karl hineingeht und neben dem Karl steht… (oder so ähnlich, mitschreiben hoffnungslos). http://kulturphorie.com/?p=281. https://www.klett-cotta.de/buch/Gegenwartsliteratur/Saemtliche_Werke/4593] enden folgendermaßen:

da tritt karl einfach aus karl raus und mit karl über dem karl treten sie dann einfach gegen den eigenen karl. 
entsetzt fällt karl auseinander.  
und im karl erscheint karl.

Was für eine großartige Retourkutsche [7. “Auf diesem Weg ließ ich mich tragen, denn auf diesem trugen mich die vielverständigen Stuten, den Wagen ziehend mit gewaltiger Kraft.” http://www.helmut-hille.de/parmeni.html] auf die philosophischen Höhenflüge! Und in den “Niederungen” der Politik entspricht das dem Beitrag “donald ein donald”[8. https://www.youtube.com/watch?v=FVFdsl29s_Q]:

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