Kronenzeitungsniveau

“Die Presse” brachte am Montag einen Bericht über den österreichischen Bologna-Komplex. Er ist gezeichnet von ROSA SCHMIDT-VIERTHALER UND CHRISTOPH SCHWARZ. Die Recherche führte Frau Schmidt-Vierthaler auch zu mir. Ihre Sachkenntnis zeigte sie mit der Frage, warum die Institute nicht konsultiert wurden, als man freie Wahlfächer aus den Curricula nahm. Die Seriosität ihrer Berichterstattung läßt sich aus der folgenden Dokumentation ermessen.

Eine Frage lautete, warum die freien Wahlfächer in einigen Studien stark reduziert wurden. Das schrieb ich zurück:

“Auf die Schnelle” ist sie nicht zufriedenstellend zu behandeln. Das beginnt damit, dass es im juridischen Sinn nirgendwo mehr “freie Wahlfächer” gibt. Die waren eine Erfindung des UniStG 1998, was eine eigene Geschichte ist. Mit der Bologna-Umstellung ergibt sich die Frage, wieviel “Bewegungsspielraum” in den neuen Curricula vorzusehen ist und zwar – anders als in den Diplomstudien – in einer Bachelor/Master-Abfolge.

Darüber muss man sehr genau sprechen. Die kurze Antwort auf Ihre Frage ist (das ist jetzt meine zusammenfassende Einschätzung): Eine inadäquate Regelung aus 1998 ist unter den Voraussetzungen der Hochschulautonomie an verschiedenen Universitäten und in verschiedenen Studienrichtungen in unterschiedlicher Weise korrigiert worden.

Daraus wurde Folgendes:

Für die Reduktion der Wahlfächer verantwortlich sind die Senate. Der Senat der Uni Wien sieht Wahlfächer als „inadäquate Regelung eines überholten Uni-Gesetzes“.

“Wahlfächer” kommen in den meisten bestehenden Curricula vor, “freie Wahlfächer” sind, wie ich deutlich machte, eine Kreation des UniStG 1998.

Es ist, wie wenn mich jemand fragt, warum ich laute Musik problematisch finde. Ich antworte, weil laute Musik meine Ohren geschädigt hat. Und die Person verbreitet nun, dass ich Musik problematisch finde, weil sie meine Ohren schädigt.

2 thoughts on “Kronenzeitungsniveau

  1. Die Frage nach dem Niveau sollte sich wohl eher der Autor der obigen Zeilen stellen. Er ist es, der einen verkürzten Text so darstellt, als sei es der gesamte. Tatsächlich lautete der Absatz in der “Presse” so: “Zwar haben viele Unis zeitgleich mit dem Bologna-Prozess die Zahl jener freien Wahlfächer eingeschränkt, die es Studenten ermöglichten, fächerübergreifend Schwerpunkte zu setzen. Zurückzuführen ist die Änderung nicht auf Bologna, sondern auf die verstärkte Uni-Autonomie. Für die Reduktion der Wahlfächer verantwortlich sind die Senate.” Es ist also zwei Sätze zuvor klar von freien Wahlfächern die Rede, auf die sich dann “die Reduktion der Wahlfächer” bezieht. Der durschnittlich begabte Leser hat hier wohl kein Verständnisproblem. Interessant, dass der Blogger namentlich Personen verunglimpft, deren Vergehen es ist, sich nicht zu wiederholen. Und das unter dem Schlagwort Medienphilosophie *g*. Der Blogger wurde im Text nicht zitiert. Ob das der eigentliche Grund seines Unmutes ist? Lieber Herr Professor, anständiger ist es, sich beim Redakteur direkt zu beschweren.

  2. Ich hatte ja den Link zum ganzen Artikel an den Anfang gestellt, sodass sich jede ein Bild machen kann. Und auf das Problem, das sich im weiteren Kontext ergibt, wollte ich der Kürze wegen nicht eingehen. Aber bitte, hier ist die Schwierigkeit.

    Aus meinem Brief geht klar hervor, dass es studienrechtlich keine freien Wahlfächer mehr gibt. Punkt. Darum ist es unkorrekt, davon zu sprechen, dass die Universitäten “jene freien Wahlfächer” einschränken. Und natürlich ist das auf Bologna zurückzuführen, eben darum, weil den Unis die Bologna-Reform vorgeschrieben wurde, die keine “freien Wahlfächer” kennt.

    Für die Abschaffung der freien Wahlfächer ist das Gesetz verantwortlich und für ein zu geringes Angebot von “Wahlfächern” sind es (letztlich) die Senate. Es hat keine Reduktion der freien Wahlfächer gegeben, sondern einen Systemwechsel, dem einige Personen alte Zustände entgegenhalten.

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