Gerade arbeite ich mich durch den Endbericht der Evaluation des Organisationsplans. Es wurden Interviews und auf Basis derselben Online-Surveys durchgeführt. Das wichtigste der ersten 10 Seiten: Unzufriedenheit über zu stark gesteuerte Kommunikationsprozesse (“Befehlsempfänger”), des Organisationsplanes im Allgemeinen (beim wissenschaftlichen Personal) und über das UG 2002. Dann wird gefragt, welches Profil durch den Organisationsplan gestärkt würde: “WissenschafterInnen benennen hier an erster Stelle die „Matrixstruktur von Forschung und Lehre“ (gleichbedeutend mit einer tendenziell voneinander unabhängigen Organisation von Forschung und Lehre)” Was bedeutet das?
Ich bin auf einen Bericht gestoßen, der sich mit diesem Thema in Bezug auf die ETH Zürich auseinandersetzt, wo bereits 1987 eine solche Matrixstruktur auf Anraten der Unternehmensberatung Hayek Engineering AG eingeführt und scheinbar etwa 5 Jahre später wieder abgeschafft wurde.
Es werden einige Gründe für die Einführung der Matrixstruktur genannt. Einen finde ich – auch in der Wortwahl – interessant:
“Die Matrixstruktur ist [..] dort ein attraktives organisatorisches Modell, wo Entwicklung und Verkauf oder aber Forschung und Lehre gleichzeitig betrieben werden müssen, [d.h. wo] die unternehmerische bzw. humboldtsche Verbindung beider Aufgaben auf der Stufe eines Managers oder Professors jedoch längst zur Illusion geworden ist.”
Entwicklung – Forschung. Verkauf – Lehre.
In einem anderen Dokument wird Matrixorganisation als “gemischte Organisationsform (Mischung aus objektbezogener und verrichtungsbezogener Aufgabenbearbeitung).” erklärt.
Die Annahme scheint zu sein, dass auf der Ebene der Professorin Forschung und Lehre nicht (mehr) zusammengehalten werden können. Man geht dazu über, die Aufgabenbereiche zu trennen und auf Organisationsebene zu behandeln. Das verstehe ich aber so, dass es in Organisationseinheiten Spezialisten für Forschung und welche für Lehre geben kann – nach dem Schema: Entwicklung von neuem Wissen ist eine Sache , der Verkauf des erzeugten Wissens eine andere, einzig die Organisationseinheiten müssen diese beiden “sich widersprechenden Zielgrößen” zusammenbringen.
Dass in einem Unternehmen für Entwicklung und für den Verkauf unterschiedliche Personen beteiligt sind, kann ich nachvollziehen, weil diejenigen, die ein Produkt kaufen, nichts darüber wissen müssen, wie das Kaufobjekt funktioniert (oder gar: nicht funktioniert). In Hochschulen gibt es jedoch einen subtilen Unterschied, der damit zu tun hat, dass Studierende nicht nur Käufer abgeschlossener Produkte sind, sondern über kurz oder lang auch die Rolle der Entwickler einnehmen können sollten, wo wir wieder beim Unterschied zwischen “Ausbildung” und “Bildung” angelangt sind. Wenn eine Mitarbeiterin einer Hochschule nicht von der Stimmung getragen wird (die aus der Arbeitskultur entsteht), Forschung und Lehre miteinander zu verbinden, geht aus meiner studentischen Perspektive eine wichtige Dimension verloren, außerdem könnten Synergie-Effekte verhindert werden und ein gradueller Übergang von der Reproduktion zur Produktion von Wissen wird erschwert.
Ich bin skeptisch, ob man dieser entscheidenden Subtilität mit der aktuellen Organisationsstruktur gerecht wird, wenn die Organisation von Forschung und Lehre als tendenziell voneinander unabhängig betrachtet wird. Darüber, wie die Matrixstruktur an der Univerität Wien genau implementiert wird, finde ich keine Informationen, außer dass die Funktion der SPL matrixähnlich geregelt ist und dass der Betriebsrat sie offenbar als Fehlkonstruktion und Nebenerscheinung des zentralistischen Charakters des UGs bezeichnet.