Energie kostet Leben

Diesen Mittwoch, am Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe, hat Quintessenz zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Zwei Naturwissenschaftlerinnen (m/w), die sich tendentiell gegen die weit verbreitete Erregung in Sachen Kernenergie stellten, mahnten zur Sachlichkeit. Die Zahlen und Erläuterungen hörten sich recht anders an, als man es in unseren Medien gewohnt ist. Mir fehlt die Sachkenntnis zu einem fundierten Urteil, stattdessen nenne ich einige Punkte zur Erklärung, warum die Aufregung auch etwas an der Sache trifft.

  • Anders als Expertinnen z.B. für Ökonomie und in der Migrationsforschung sind Atomforscher nicht theoretische Beobachter. Sie produzieren das Problem, zu dem sie dann auch Stellung nehmen. Sie haben die Bombe gebaut und die Kernenergie entwickelt, insofern verfügen sie nicht über den Bonus der Neutralität.
  • Die Orte der atomaren Katastrophen sind ungleich jenen eines Dammbruches, eines Vulkanausbruches oder eines Erdbebens. Man kann dort jahrelang keinen Lokalaugenschein organisieren. Die Presse ist ausgeschlossen und auf die Mitteilungen der Fachleute und Staatsorgane angewiesen, die genau an diesem Punkt ein hohes Interesse an Intransparenz haben.
  • Das Verhältnis zwischen einem Flüchtigkeitsfehler oder einer Schlamperei und den daraus resultierenden Folgen ist völlig schief. Ein Augenblick kann jahrhundertelange Konsequenzen haben. Nicht nur den massenhaften Tod von Menschen, wie in Auschwitz, Kambodscha, Jugoslawien und Burundi, sondern Spätwirkungen für Generationen. Es ist nicht sosehr die Anzahl der Opfer, sondern der Dimensionswechsel der Bedrohung.

Und zuletzt eine etwas frivole Vermutung. Hier ein Eintrag aus der deutschen Wikipedia:

In der Schule war Peter Parker schüchtern und unbeliebt. Die Tatsache, dass er ein Fan der Naturwissenschaften war und eine dicke Brille trug, machten ihn zum ständigen Ziel von Streichen und Beschimpfungen. Beim Besuch eines Forschungsinstituts wurde er von einer radioaktiven Spinne gebissen und entwickelte danach verschiedene Superkräfte: die proportional vergrößerte Kraft, die Geschwindigkeit und Wendigkeit einer Spinne, die Fähigkeit, Wände zu erklettern und einen besonderen Gefahrensinn, den „Spinnensinn“.

Als literarische Gattung zur Vergegenwärtigung der unerhörten Konsequenzen der Kernspaltung eignet sich science fiction. Die Welt der Übermenschen und Mutanten in den einschlägigen Comics ist eine Form der Verarbeitung des Ungeheuerlichen. Die Exaltiertheit dieser Literaturgattung findet sich auch in der öffentlichen Debatte wieder. Hier beginnt die Kontroverse. 1.700 Tschernobyl-Tote in Österreich.

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