Alain Badiou beginnt sein Buch “Sein und Ereignis” mit der Skizze eines zentralen ontologischen Problems. Das Sein zeigt sich — in der Welt, die aus Seiendem besteht. Es kann sich dort nicht selber zeigen, denn es ist einzigartig. Was ist dann Seiendes? Wie kommt das Eine zum Vielen und das Viele zur Einheit?
Eine Bedingung, die Badiou zur Lösung dieses Dilemmas angibt, ist resolut egalitär. Die Ontologie, die solche Fragen stellt, ist eine Situation, darin hat sie keinen Vorsprung vor allen anderen Situationen, in denen wir uns befinden. Mit diesen Festlegungen eröffnet er das Feld für weitreichende mathematische Spekulationen.
Man kann sich dem Problem mit Hilfe eines Experimentalfilms von Peter Kubelka annähern.
Der Film enthält (praktisch) kein “Seiendes”, nichts, das zwischen Licht und Dunkel eine Form hat. Er enhält Licht und Dunkel selbst, allerdings nicht in der Funktion der Ermöglichung von Formen, sondern als bildfüllender Inhalt, der kein Inhalt ist. Damit exemplifiziert er eine in der ontologischen Grundlagenforschung unausweichliche Konstellation. Zum Thema wird
- etwas, das nicht zum Thema werden kann, weil es ein Faktor ist, der alle Themen auftreten läßt
- das aber auch (siehe gerade jetzt) ein Thema werden kann und unter den übrigen Themen auftritt
.
Die Melodie ist bekannt: Sein ist nicht und muss dennoch irgendwie besprechbar sein. Wie in ein Joker beim Canasta: Er ist keine gewöhnliche Spielkarte — und dennoch eine Spielkarte.
Schwarz und Weiss erscheint dort, wo sonst Umrisse zwischen dunkel und hell erscheinen, in der Welt der Grautöne. Was in der Regel die Beschaffenheit der Welt hervorbringt, ist die Beschaffenheit der Welt. Im Joker liegt: er kann zu jeder Karte werden. Er ist der Inbegriff des Prinzips der Kartenvielfalt.
Und daran soll man Gefallen finden?