Die Begutachtungsfrist und der Minister

Heute endet die Begutachtungsfrist zur Novelle des UG 2002. Der Senat der Universität Wien hat

diese Stellungnahme abgegeben.

Das ist ein passender Zeitpunkt, sich nochmals in Erinnerung zu rufen, welche Auffassung von Wissenschaft der derzeit noch amtierende Wissenschaftsminister vertritt. Stefan Weber hat sie vor einiger Zeit zusammengetragen. Damals wurde das rasch applaniert.

UPDATE

Unter dieser Adresse habe ich eine detaillierte Analyse der ersten 100 Seiten der Dissertation (inklusive Faksimiles) hinterlegt.

Konsulent

Für Überlegungen zu Sokrates suchte ich nach einem Terminus, der die Rolle der Sophisten in prägnanter aktueller Form fasst. “Politikberatung und Persönlichkeitsentwicklung” ist nicht schlecht, aber ich wollte es noch kürzer haben und dachte an “Konsulenten”. Um mich zu vergewissern ein Blick ins Web und dabei eine Überraschung.

Der Ausdruck ist in Norwegen verbreitet: En konsulent er en person die ihr Wissen (ökonomisch, juristisch, technologisch, informatisch) für Geld zur Verfügung stellt. Das ist auch mein Verständnis. Jedoch auf Deutsch ist das nicht so eindeutig..

Hier ist das Wort als Kategorie jüdischer Juristen in der Zeit des Nationalsozialismus angegeben. Jüdische Rechtsanwälte, denen man die Berufsberechtigung entzogen hatte, bezeichnete man als “Konsulenten” für andere Juden. Ich traute der WIkipedia in diesem Punkt nicht ganz, also nahm ich den Duden zur Hilfe:

(veraltet) [Rechts]berater, Anwalt

Was sich hinter “veraltet” verbergen kann. Leben mit Leichen.

Politik und Basketball

Es beginnt harmlos, wenn der Küchenchef für ein Speiseöl Werbung macht und wird problematisch, wenn Hermann Maier für Raiffeisen lächelt: die Autorität in einem Bereich soll auf einen anderen abfärben. Der Bekanntheitswert von George Clooney fördert Nespresso.

In einem Wahlkampf suchen sich Politiker prominente Künstler/Sportlerinnen/Wissenschaftler, um sich mit ihren Unterstützungen zu schmücken. Das ist die Logik der Plakate und des Fernsehens. Ein aktueller Videoclip auf Youtube zeigt, dass sich da etwas ändert.

Es ist kein TV-Spot, sondern eine private Aufnahme, die nichts mit einer Werbeagentur zu tun hat. Aber das Thema des “Abfärbens” ist unübersehbar. Basketball hat nichts mit Politik zu tun. Ein Kandidat kann das in seiner Freizeit machen. Es ist aber – wider besseres Wissen – packend, wenn ein Politiker vor Publikum das Risiko eines 3-Punkte-Wurfs (von 6,25 Meter aus) eingeht – und es gelingt.

[youtube j87k1j4CpOw]

Politik und Vernetzung

Angesichts der in Österreich bevorstehenden Nationalratswahlen im September ist bei mir die Frage aufgetaucht, warum man eigentlich noch nicht auf die Idee gekommen ist, die neuen Vernetzungsmöglichkeiten des Internet politisch zu nutzen; zum Beispiel für Wahlen, zur Entscheidungsfindung, zur Transparenz von Regierungsbeschlüssen, zur Feinabstimmung (oder radikalen Verwerfung) von Parteiprogrammen, zum Dialog mit den Repräsentanten, u.v.m.

Ich habe deswegen eine kleine Google-Rundfahrt unternommen und bin dabei auf einige nette Sehenswürdigkeiten gestoßen, die durch die Schlagworte “Politik 2.0”, “e-Democracy”, “e-Partizipation”, usw. bezeichnet werden. Die Links habe ich hier deponiert. In diesem Artikel möchte ich nur auf eine dieser Sehenswürdigkeiten zu sprechen kommen, die direkt mit dem engen Kontext, in dem mir die Ausgangsfrage gekommen ist, zusammenhängen:

PARTEI3: Für die kommende NR-Wahl in Österreich wurde von Anonymen Benutzern (mutmaßlich Studenten) eine Initiative “Partei3” gegründet, die den Anspruch hat 1000 Mitglieder und 2000 Unterstützungserklärungen zu sammeln, um mitregieren zu können. Das zunächst Provokante: Die Partei3 hat weder Themen noch Wahlprogramm. Sie ist eine Art Leerstelle, die von den Mitgliedern (mit mindestens 10 EUR ist man dabei) mit Inhalten gefüllt werden kann. Dadurch kann jeder (mit Internetzugang und 10 EUR) (s)einen virtuellen Draht zur Politik verwirklichen, Projekte vorschlagen, sich selbst als Spitzenkandidat aufstellen lassen, kurz: Entscheidungen treffen, die Auswirkungen auf das öffentliche Leben in Österreich haben können (wenn man das unter Politik verstehen will). Partei3 versteht sich als “basisdemokratische” Bewegung – hört man zwar gerne, braucht aber meiner Ansicht nach konkrete Umsetzungsvorschläge, um auf breiter Front akzeptiert zu werden. Dass so etwas – virtuell und wie Weber-Wulff in Hyperkult17 andeutet, auch mit Problemen – funktioniert, zeigt die Organisation von Wikipedia.

Zurück zu Partei3: Was nach einer netten, basisdemokratischen Idee erscheint, könnte sich bei genauerer Betrachtung als zu wenig ausgereift herausstellen. Innerhalb von 60 Tagen (und ohne große Vorbereitungen) soll eine Partei entstehen, die zunächst einmal für “nichts” steht außer dass sie die fixe Vorstellung hat, entweder einer Koalition mit Rot-Grün oder mit Schwarz-Grün als dritte Regierungspartei beizutreten (daher rührt wohl der Name “Partei3”). Außerdem ist fragwürdig, ob durch das Beantworten von vorgegebenen Fragen tatsächlich von Entscheidung gesprochen werden kann. Ein durchdachteres Entscheidungsfindungskonzept, das auf die Eigenheiten der Politik Rücksicht nimmt und das sowohl von Software-Architekten, Designern, Juristen, Politikwissenschaftlern und nicht zuletzt: Philosophen beleuchtet wird, wäre als Experiment (das bei Erfolg skalierbar wäre) reizvoller.

In einem der Kommentare auf der Homepage heißt es: “Wir sind am richtigen Weg, oder die Wege entstehen im Gehen “. Dem kann ich zustimmen. Eine einfache Idee kann schrittweise ausgebaut werden (ein Beispiel dazu: AbgeordnetenWatch.de). Doch ein Bedenken muss ich anbringen: Will man Wege im Gehen entstehen lassen, kommt man sehr bald zu dem Begriff “Trampelpfad”. Um zu vermeiden, dass allein die Anzahl der abgegebenen Stimmen die Entscheidungen bestimmen, ist es notwendig, die im Netz entstandenen neuen Kommunikationsformen (Wiki, Blog, Content-Management-Systeme, SocialNetwork-Analysemethoden,Mischformen davon) sinnvoll zu benutzen. Dann nämlich können Argumente durch Überlegung und Erfahrung geprüft, kommentiert, vernetzt werden. Durch gezieltes Einsetzen der Webtechnologien wird ein Überblick & eine Anylse der verschiedenen Standpunkte möglich, und auch das kann noch unverzüglich kommentiert, angezweifelt, kritisiert werden, wodurch schlussendlich so etwas wie eine Ideenevolution sichtbar und nachvollziehbar wird. Nur durch Votings kommen diese Vorzüge des Virtuellen nicht voll zum Tragen.

Es wird sich zeigen, wieweit die öffentliche Kommunikation im Cyberspace gehen wird und welche Ausmaße sie annimmt. Bis dahin nehme ich mir vor, Nutzen und Nachteil aktueller und möglicher Entwicklungen in diesem Kontext (aber nicht nur auf Politik bezogen) zu studieren, denn oft kann eine scheinbar “gute” Intention grausame Früchte treiben.