Die Triple-P Fakultät

Ein Paradebeispiel davon, wie Universitäten “neu zu regieren” sind, bietet das Tauziehen um die Fakultätsgliederung der Uni Wien, speziell bezogen auf Pädagogik, Psychologie und Philosophie. Letzten November, als es 18 Organisationseinheiten geben sollte, war für jedes Fach eine eigene Fakultät vorgesehen. Dann wurde deutlich, daß der Universitätsrat weniger Fakultäten fordert. Im Hintergrund begannen Gespräche zur Zusammenlegung, die schließlich dazu führten, daß sich die Pädagogen und die Philosophinnen auf eine gemeinsame Fakultät einigten (ergänzt um die Wissenschaftstheorie).

Weder wollte die Psychologie zur Philosophie+Pädagogik, noch konnten diese sich für eine Fusionierung erwärmen. Zu den expliziten Leitlinien der Universitätsgliederung gehört die Förderung wissenschaftlicher Synergien. Nicht nur fehlen diese Effekte zwischen den genannten Disziplinen (wie sie in Wien praktiziert werden) bisher vollständig, es ist auch nicht abzusehen, wie sich das in den nächsten 10 Jahren ändern soll. Eine Triple-P Fakultät ist ein forschungspolitisches Unding. Ein Rückfall in die AHS, aus der die Vorstellung stammt, daß diese Fächer doch viel miteinander zu tun haben müßten.

Aber nein, der Universitätsrat hat gegen den expliziten Willen der überwältigenden Mehrzahl der Betroffenen eine solche Fakultät beschlossen. Man wird sehen, ob sich noch eine Möglichkeit bietet, diese Willkür zu revidieren.

Bewegung

Die Universitätsleitung hat zugesagt, in den Organisationsplan Fakultätsgremien in viertelparitätischer Besetzung (2:1:1 plus Sonstige) aufzunehmen. Zu den Agenden dieser Gremien gehören jedenfalls Stellungnahmen zu Binnenstruktur, Zielvereinbarungen und Entwicklungsplan. Die Studienkonferenzen sollen semiparitätisch beschickt werden: 50% Lehrende, 50% Studierende.

Politisch ergibt das eine sonderbare Schräglage. Während der Dienststellenausschuß mit der “zahnlosen” (R. Steinbauer) Forderung nach einer Beratungsplattform an die Öffentlichkeit tritt und die gewählten Mittelbau-Vertreter im Senat sich eine Auszeit genommen haben, verhandelt das Rektorenteam mit einer Basisinitiative ohne legistischen Rückhalt.

Strategisch kommt das Auftreten der PlUM der Universitätsleitung ziemlich gelegen. Sie kann durch diese Kontakte Gesprächsbereitschaft mit jener “Universitätsöffentlichkeit” signalisieren, die sie bisher nur in sorgfältig inszenierten Veranstaltungen, vermittelt über PowerPoint und Webforum, anerkannt hat.

Für die Plattform ergibt sich die knifflige Frage, was mit dieser plötzlich gewonnenen Prominenz zu tun ist.

Groschenroman

Wenn man es in einer billigen Broschüre oder in einer Boulevardzeitung liest, wehrt man lächelnd ab. Geschichte wird nicht von wenigen Personen gemacht. Die Familiendynastien und Freund/Feindschaften auf persönlicher Ebene, welche die Klatschspalten füllen, sind nur eine eigens zurechtgemachte Oberfläche. — So sagt das kritische Bewußtsein.

Angesichts des momentanen Tauziehens um die zukünftige Struktur der Universität Wien bin ich nicht mehr so sicher. Das Gesetz gibt den Rahmen vor, insofern sind den individuellen Eingriffen Grenzen gezogen. Aber erstaunlich viel bewegt sich zwischen einzelnen Akteuren: dem Rektor, dem Vorsitzenden des Universitätsrates, einem ehemaligen Rektor — und jetzt auch den Sprechern der “Plattform für universitäre Mitbestimmung”.

Pressekonferenzen erzeugen öffentliche Aufmerksamkeit, in der sich politische Akteure formieren, die dann zu Gesprächen eingeladen werden, die wiederum zur öffentlichen Legitimation dienen. Weniger kryptisch: PLUM gibt eine Pressekonferenz, der Rektor bietet einen Termin an, das Treffen handelt von der Mitbestimmung im künftigen Organisationsplan, es produziert partielle xDCbereinstimmung, das wieder wird die nächsten Jahre prägen. Es ist einfach und auch ernüchternd. Der Sieg der Condottieres gegen den Teamgeist.

PLUM im Aufwind

Einige subjektive Eindrücke vom gestrigen Treffen der “Plattform für
universitäre Mitbestimmung”.

Ein gut besetzter Hörsaal bei den Germanisten, die Initiative ist auf
beträchtliches Echo gestoßen. Nach den Eröffnungsstatements des Podiums
ergab sich eine ausgedehnte Diskussion.

Einerseits diente das der Orientierung in der neuen Situation. Die
strategischen Positionen des Rektorates, Senates, Rates, aber auch des
Dienststellenausschusses wurden angesprochen. Interessant in diesem
Zusammenhang die Bemerkung von Andreas Schwarcz: da die Universitäten
jetzt Betriebe öffentlichen Rechtes sind, ergeben sich neue Konsultations-
und Informationsauflagen per Gesetz. Z.B. muß der Betriebsrat in
regelmäßigen Abständen von der Betriebsleitung über Entwicklungen des
Unternehmens in Kenntnis gesetzt werden.

Naturgemäß kamen die zunehmend besorgniserregenden Entwicklungen in
Administration, Lehre und Forschungspolitik zur Sprache. Die Lehraufträge
für nächstes Semester sind noch nicht gesichert, die Curricularkommission
ist mit Arbeit, die früher die Studienkommissionen leisteten,
überschwemmt. Die versicherungstechnische Betreuung von
Projektangestellten ist unzureichend.

Die Versammlung trat geschlossen für die Einführung von beratenden Gremien
auf der Ebene der Fakultäten und Institute ein, ebenso im Studienwesen.

Zuletzt wurde vereinbart, sich in einer Woche wieder zu treffen:

Zwei Abstimmungsvorlagen

Heute findet das erste Treffen der Plattform für universitäre Mitbestimmung statt. Ich habe 2 Anträge zur Abstimmung vorbereitet:

Kein Wiener Fleckerlteppich

Die Universitäten Österreichs haben ihre bisherige Gliederung den neuen gesetzlichen Bedingungen angepaßt. Allgemein wird in den Organisationsplänen ein Zusammenwirken von Fakultäten und Instituten (oder Fachbereichen) vorgesehen. Einzig die Universität Wien läßt die Frage der Binnenstruktur der Fakultäten völlig offen. Auch über die Anzahl der Fakultäten selbst herrscht Uneinigkeit. Seit Monaten wird in einem Tauziehen zwischen Rektorat, Senat und Universitätsrat die Zahl der Fakultäten vermehrt oder vermindert. Inhaltliche Kriterien sind dabei kaum erkennbar.

Die Absicht des Rektorates, hochdisponible Organisationseinheiten zu schaffen, über deren genauere Bestimmung jährlich zwischen Rektor und Dekanin (m/w) verhandelt wird, steht im Gegensatz zu allen übrigen Lösungen in der österreichischen Universitätslandschaft. Der vorliegende Organisationsplan bewirkt eine unregulierte Erscheinungsvielfalt der tragenden Lehr- und Forschungsstrukturen der Universität. Sie erschwert die inter-fakultäre Zusammenarbeit und macht die Binnenstruktur der Universität Wien zu einem per Machtwort veränderlichen Provisorium. Das Modell einer Führeruniversität, in dem einige Personen ohne beratende und kontrollierende Gremien Zugriff auf sämtliche Ressourcen besitzen, widerspricht österreichischen und internationalen Standards und führt zu feudalen Cliquenbildungen und Stagnation.

Der Senat sagt Jein

Der Senat der Universität Wien hat am 15.1.2004 den vom Rektorat erarbeiteten Organisationsplan gebilligt. Die aufmerksame Lektüre der Stellungnahme zeigt allerdings, daß diese Zustimmung mit schwerwiegenden Bedenken verknüpft wurde. Der Senat zweifelt an der in Aussicht genommenen Fakultätsgliederung und empfiehlt eine zeitlich gestaffelte Implementierung, von der vorerst nur zwei Fakultäten probeweise betroffen sein sollen. Es wird gefordert, daß Universitätsangestellte ?in wesentlich stärkerem Ausmaß als bisher? aktiv in den Reformprozeß einbezogen werden und daß die ?umfassende Reorganisation … erst nach Vorliegen … der Erfahrungswerte aus den Pilotprojekten durchgeführt wird.? Dabei ist nicht ersichtlich, wie diese Bedingungen zum positiven Votum der Senatsmehrheit passen.

Die schrittweise Reorganisation der Universitätsstruktur über Pilotprojekte widerspricht eindeutig den Intentionen des Rektorates. Dem Senat steht bei inhaltlichen xC4nderungen des Organisationsplans eine neuerliche Stellungnahme zu. Vom obersten Entscheidungsgremium innerhalb der Universität Wien sind eindeutige Positionen zu erwarten, die nicht im taktischen Geplänkel untergehen. Sollte der Senat für eine nachvollziehbare Fakultäts- und Binnengliederung, sowie für den Einbau konsultativer Momente in den Organisationsplan eintreten, so muß er sich in seinen nächsten Sitzungen unumwunden gegen die dirigistischen Tendenzen des Rektoratsvorschlages aussprechen.

Körperlich statt virtuell

PLATTFORM UNIVERSITxC4RE MITBESTIMMUNG (PLUM)

Wir – das sind Angehörige der Professorenschaft sowie des akademischen Mittelbaus mehrerer Fakultäten der Universität Wien, die dem zunehmenden Ausschluss der Kollegenschaft von Entscheidungsprozessen in der Folge der Implementierung des UG 2002 nicht länger tatenlos zusehen wollen – haben uns zum Ziel gesetzt, künftige Partizipationsmodelle zu konzipieren und an unserer Universität durchzusetzen. Zur Vernetzung des gemeinsamen Nachdenkens haben wir die Plattform universitäre Mitbestimmung (PLUM) gegründet, die fakultäts-, kurien- und fraktionsübergreifend Vorschläge erarbeiten wird, wie die zunehmend autoritäre Einengung der Beteiligung von betroffenen Universitätsangehörigen abgewehrt werden kann. Wir laden hiermit alle Interessierten herzlich ein, sich auch mit eigenen Beiträgen an unserer ersten öffentlichen Versammlung zu beteiligen, die folgender thematischen Strukturierung folgen wird:

1. DISKUSSIONSVERANSTALTUNG

Programm:

1.Schaffung neuer Strukturen universitärer Kommunikation
und Partizipation

2.Einrichtung demokratisch beschickter Beratungsorgane (Nachtrag zum
Organisationsplan der Universität Wien)

3.Zweite Verfassungsklage sowie Vorbereitung der Novellierung des UG 2002

Termin: Dienstag, 17. Februar 2004, 17:00 Uhr (pünktlich)

Ort: Universitätshauptgebäude, Institut für Germanistik,
xDCbungsraum 1

Auf eine rege Teilnahme freuen sich für die PLUM:

Gert BACHMANN (Nawi) * Ulrike FELT (Hus) * Norbert GRIESMAYER (Gewi) * Herbert HRACHOVEC (Hus) * Karl ILLE (Gewi) * Fritz Peter KIRSCH (Gewi) * Alexander REIDINGER (Jus) * Ilse REITER-ZATLOUKAL (Jus) * Margarete RUBIK (Gewi) * Edith SAURER (Gewi) * Paul WAGNER (Nawi)

es geht doch

Monatelang hatte der Rektor die “alten” Fakultäten bei der Beratung über die künftigen Strukturen der Universität übergangen. Jetzt, da der Universitätsrat ihm aufgetragen hat, die Angehörigen der Universität in die Planungen mit einzubeziehen, hat er sich der Dekane entsonnen.

Die Runde der noch im Amt befindlichen Dekan ist aufgefordert, sich Gedanken über die Universitätsstruktur zu machen und hat auch schon einen Termin mit dem Rektorenteam. Das ist die billigste Geste in Richtung Mitbestimmung.

Konfusion

Ein kleines Beispiel für die konfuse Situation, in der sich die Universität Wien hinsiichtlich des Organisationsplans befindet.

Die on-line Universitätszeitung bringt einen Beitrag zur Sitzung des Rates vom letzten Freitag. Darin wird referiert, daß deutliche xC4nderungen eingemahnt werden. Dann wird hinzugefügt, daß eine Entscheidung des Rates “frühestens Mitte Februar” fallen soll. Wer hat denn das geschrieben?

Der Rektor ist eben für eine Woche nach China gefahren. Er muß den Plan an entscheidenden Punkten neu ausarbeiten. Das dauert sicher noch, selbst wenn er das alles selber schreibt, was nach den bisherigen Vorgängen nicht anzunehmen ist. Wie wird er in zwei Wochen die Frage der Fakultäten, der Binnenstruktur und der Mitberatung auf Fakultätsebene lösen? Und der Rat kann ja auch nicht von heute auf morgen einberufen werden. In Summe eine sonderbare Verlautbarung.

Der ORF bringt einen Bericht

Der ORF bringt einen Bericht Über die Aussendung von Max Kothbauer, betreffend die gestrige Sitzung des Universitätsrates.

Der Rat empfiehlt eine deutliche Verringerung der vorgesehenen Fakultäten, die Klärung des Verhältnisses der Fakultäten zur Studienorganisation, nähere Festlegungen zur Binnenstruktur und beratende Gremien wenigstens auf Fakultätsebene.

Es scheint, als ob der vorgelegte Organisationsplan ziemlich kritisiert worden sei. Und damit die ganze Politik, die der Rektor im letzten halben Jahr verfolgt hat.

Im Modell der “Großwesire” sollten Vertrauenspersonen des Rektors Fakultäten ohne nennenswerte Gliederung Übernehmen. Die dafür erforderliche Zerlegungsarbeit hat uns die letzten Monate beschäftigt. Das wird wohl revidiert werden müssen. Man kann gespannt sein, was sich die Universitätsleitung jetzt einfallen läßt.

Daß der Rat, bestehend aus Nichtmitgliedern der Universität, eine solche Linie verfolgt, während der Senat dem Entwurf des Rektors (halbherzig) zugestimmt hat, sagt auch etwas Über unsere Betriebskollegen.

Medizinstudium

Im xA7 54 des Universitätsorganisationsgesetzes wird aufgezählt, welche Studien in Österreich betrieben werden können. Dabei fehlt die Medizin. Vor lauter Begeisterung darüber, daß man neue Medizinuniversitäten schafft, hat man vergessen, ihnen ein Studium zuzuordnen.

Dafür gibt es (in der Erläuterung) eine Klausel, nach der die Universitäten ihre bisherigen Studienangebote weiterführen können. Für die Medizinerinnen ist also gesorgt. Die Universität Wien hat weiter das Recht, eine entsprechende Ausbildung anzubieten.