“Organisationsplan neu: Erwartet uns eine Re-Demokratisierung der Universität Wien?” war der Titel der gestrigen Podiumsdiskussion, in der die Ergebnisse der Evaluation des Organisationsplans sowie die Frage diskutiert werden sollten: Welche Konsequenzen haben diese Ergebnisse für die künftige Struktur unserer Universität?
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Vielleicht war das Re- etwas irreführend, weil es die Hoffnung in der Vergangenheit sieht. Weitere Überlegungen nach dem Break.
Interessant fand ich die Kommentare von Herrn Vetschera zur Matrix-Struktur (die mir in dem Zusammenhang auch nicht verständlich war) und warum Forschung und Lehre erst “ganz oben” integriert wird.
Man fragt sich außerdem, warum Herr Kothbauer in einer Podiumsdiskussion (!) zweimal an zentraler Stelle betont, dass man mit demokratischer pro-Kopf-Abstimmung in einem Betrieb, und die Universität ist ein Betrieb, nicht weit kommt, wenn es um strategische Überlegungen geht, was sich sogleich über Twitter verbreitet hat. (War das eine Nebelbombe?)
Weiters bezieht sich Herr Kothbauer zweimal darauf, dass man über alles, was im Rahmen des UG 2002 ist, diskutieren könne. Wobei seine einleitende Bemerkung war: Die Defizite des UG 2002 kann der Organisationsplan nicht ausgleichen.
In diesem Zusammenhang finde ich einen Hinweis auf die Praxis von Hackern sehr hilfreich: Sie operieren mit einem bestehenden Regelwerk (das in Computersystemen natürlich blind umgesetzt wird), um es – teils mit unkonventionellen Methoden – nach ihren strukturellen Freiheitsgraden abzusuchen, sodass das Regelwerk zwar gültig bleibt, aber zusätzliche Handlungsoptionen geschaffen werden, um eine Umdeutung vorzunehmen. In diesem Sinne kann man das UG2002 lesen um vielleicht doch einige Defizite auszugleichen.
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So radikal muss man aber gar nicht sein, um etwa folgendes zu beobachten:
Im UG2002 steht in §2 bei den leitenden Grundsätzen: “Mitsprache der Studierenden, insbesondere bei Studienangelegenheiten, bei der Qualitätssicherung der Lehre und der Verwendung der Studienbeiträge”.
Erschöpft sich die konkrete Maßnahme zur Mitsprache bei der Qualitätssicherung der Lehre durch das Ausfüllen von Evaluierungsfragebögen? Mir ist jedenfalls keine andere Maßnahme bekannt (außer das direkte Feedback, das man interessierten Lehrenden geben kann; jedoch hilft das wenig bei Lehrenden, die das Feedback nicht so sehr interessiert).
Gibt es überhaupt einen Diskurs darüber, wie Qualität(ssicherung) der Lehre geprüft und ggf. honoriert werden kann? Ich habe schon von verschiedenen Seiten gehört, dass jemand, der „gute Lehre“ macht, sich ins eigene Fleisch schneidet, da gute Lehre Zeit in Anspruch nimmt, die bei der Forschung, d.h. dem Verfassen von Publikationen, fehlt. Und als Mitarbeiterin wird man fast ausschließlich daran gemessen.
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Die Protestbewegung fordert Rückbindung der Führung an die Basis, Universitätsrat und Rektorat bleiben überwiegend in der Vergangenheit und erklären die Genese des Organisationsplans als Implementierung des Gesetzes + SPL. Meine Gedanken, als ich die Veranstaltung verlassen habe, waren: Vielleicht hilft es, jeweils der Gegenseite zur Abwechslung einmal zuzuhören und zu überlegen, was die Probleme sind. Man muss die Probleme der “Ordinarienuniversität” als auch die des Top-Down-Managements sehen. Und außerdem: Demokratie beschränkt sich nicht auf das “pro-Kopf”-Auswählen von Alternativen etwa auf einem Wahlzettel, sonst müssten wir uns mehr über Mechanismus-Design-Theorie unterhalten, sondern manchmal poppen neue Alternativen auf, die vom Mechanismus nicht vorgesehen waren.