Hochschuldynamik

Die andauernde Beschäftigung mit Worten/Konzepten wie “Organisationplan”, “Entwicklungsplan” und “Evalutation” verfehlt ihre Wirkung nicht. Vor einiger Zeit waren das noch Fremdworte, jetzt sind sie Alltagsbegriffe und die Aversion gegen ihre ökonomische Herkunft läßt sich nicht auf Dauer aufrechterhalten. Natürlich, man kann auf Daueropposition schalten, aber wem hilft denn das?

Also entstehen neue Fragen. Dass Wissenschaft dynamisch ist und geplant werden muss ist eine alte Weisheit. Erinnerlich ist auch das Argument aus den 70-er und 80-er Jahren, nach dem die Möglichkeit der Mitbestimmung aller Wissenschafter (m/w) die Qualität der Forschungen entscheidend verbessern wird. In der Wiener Philosophie sind tatsächlich neue Potentiale mobilisiert worden. Die weitgehende Gleichberechtigung der angestellten Habilitierten hat die Entwicklung von Forschungsschwerpunkten möglich gemacht, die Professoren (m/w) nicht einrichten konnten (Interkulturelle Philosophie, philosophische Frauenforschung, Medienphilosophie).

Dynamik ist also festzustellen, auch ohne Entwicklungsplan und Evaluation. Trotzdem sind da noch Fragen offen. Die Kolleginnen (m/w) arbeiteten unter dem Schutzschild garantierter Ressourcenzuteilung und ohne interne Konkurrenz. An sich ein wünschenswerter Zustand, aber auf Dauer nicht haltbar. Die harte Frage ist ja: wie präsentiert sich z.B. die Philosophie, um Aufmerksamkeit zu erwecken und Geld zu lukrieren, wenn der gesellschaftliche Konsens darüber, dass man einfach so viel Philosophie haben muss, verloren geht.

Dazu muss man die Gangart ändern, sagen zumindest die Vertreter der Neuorientierung.

Habilitationskolloquium

Etwas wehmütig habe ich heute den letzten Vorsitz einer Habilitationskommission nach altem Stil absolviert. Den Befürwortern geregelter Mitbestimmung wird immer wieder entgegengehalten, dass es doch um sachliche Kompetenz und nicht um Paritäten geht. Also will ich dem bisherigen Schlüssel 2:1:1 nicht nachtrauern.

Jedoch: die künftigen Habilitationskommissionen müssen eine absolute Mehrheit der Professoren gewährleisten und einen (in Worten: einen) Angehörigen des MIttelbaus enthalten. Das ist wahrlich keine Regel, in der von Paritäten abgesehen wird. Im Gegenteil, wie in vielen Vorkehrungen im UG 2002 wird unter dem Deckmantel der Qualitätssicherung beinhart Machtpolitik betrieben. Es ist unwahrscheinlich, dass das schwache Viertel der Professoren (m/w) im Vergleich zum Rest der wissenschaftlichen Angestellten derartig kompetenter und innovativer ist.

Schreihals

Es ist geschafft, die Triple-P Fakultät ist abgewendet. Persönlich ein Grund zur Freude, aber der Vorgang hinterläßt einen schalen Beigeschmack.


Aus einem Brief:

Das erste Mal … muss ich Herrn Witzman in der Presse zustimmen. Man hat klar deklarierte Prinzipien aufgeben … und die Frau Bundesminister (hat) Herrn Kothbauer mitgeteilt, jetzt muss er her, der Organisationsplan! Der Universitätsrat hat somit in seiner Hauptfunktion, unabhängige und ausgewogene Entscheidungen zu treffen, völlig versagt. Wenn man die Gliederung der Naturwissenschaftlichen Fakultät betrachtet, kann man Herrn Winckler nur gratulieren, der Zwist ist vorgeplant und das Prinzip divide et impera wird in der Fakultät für Lebenswissenschaften wohl perfekt aufgehen.


Das eine ist aus der Erfahrung des Triple-P-Verhinderungs-Konsortiums zu bestätigen: laut schreien, an die Öffentlichkeit gehen, Stimmung machen ist wichtiger, als Sachargumente.

Hinwiederum: das alles sind politische Vorgänge. Wenn man nicht an den Kaiser oder die Vernunft glaubt, wird man wohl oder übel mit schrillen und fehlplazierten Aktivitäten rechnen müssen. Hier lautet der Kalkül, daß sich die stetige Vermittlungsarbeit durchsetzt, konterkariert von mannigfachen Einzelaktionen.

Das Rektorat hat die Kurve mit viel zu hohem Tempo angefahren und ist mit quietschenden Bremsen nach einigen Schrecksekunden durchgekommen.

Eines ist sichtbar: zwischen den Fakultäten herrscht keine Ausgewogenheit. Das war schon zu Beginn der Fall, als das Spektrum von den Juristen bis zur Erziehungswissenschaft reichte. In der Zwischenzeit hat es sich kaum gebessert.

Verhandlungsgeschick

Heute 1 1/2 Stunden Verhandlung der Institutsvorstände und Stellvertreter (m/w) der drohenden Triple-P Fakultät mit dem Rektor. Erstaunlich, wie gut es ihm gelingt, eine wild entschlossene Gruppe zu besänftigen und sich als Mittelsmann zwischen ihren Anliegen und den Vorgaben des Rates zu präsentieren. Der Schönheitsfehler dieser Konstruktion ist allerdings, daß es die ganze Unzukömmlichkeit nicht gäbe, wenn der Prozeß der Fakultätsfindung sinnvoller verlaufen wäre. Daran sind die “Projektgruppen” Herbst 2003, sowie die Reibereien zwischen Senat, Rektorat und Universitätsrat schuld.

Erfreuliches

Aus einem Bericht:

“Am Freitag, dem 5.3. hat unsere PLUM-Delegation ein sehr gutes und ausfuehrliches Gespraech mit Universitaetsratsvorsitzendem Kothbauer fuehren koennen. In folgenden wichtigen Punkten koennen wir mit der Unterstuetzung zumindest des Vorsitzenden und einiger seiner Mitstreiter rechnen:

1. Universitaetseinheitliche Mitwirkungsstandards in den Subeinheiten (Verpflichtende Konferenz-Einrichtung: Instituts-, Abteilungs- oder Arbeitsgruppenkonferenzen je nach Binnenstruktur) unter selbstverstaendlicher Beteiligung auch des Mittelbaus, der Studierenden sowie des nichtwissenschaftlichen Personals

2. Uneingeschraenkte Informationspflicht der monokratischen Organe gegenueber den Kollegialorganen in Budget- und Personalfragen mit entsprechenden Sanktionsmoeglichkeiten bei Unterlassung, Antragsrecht im Hinblick auf Entscheidungsevaluierungen

3. Demokratische Wahlen durch die betroffene Kollegenschaft anstelle von Entsendungsregelungen auch in die Studienkonferenzen und Subeinheitskonferenzen.”

Informationskanäle

An die 1300 Angehörige des wissenschaftlichen Personals haben derzeit im akademischen Senat der Universität Wien 2 Vertreter. Sicherlich eine schwierige Aufgabe für die beiden. Man sollte meinen, daß sie sich dabei gerne der Hilfsmittel elektronischer Kommunikation bedienen. Aber seit ihrer Wahl haben sie kaum etwas getan, um die Vorgänge im höchsten Leitungsgremium bekannt zu machen.

Durch die Einrichtung der “epoche” mailing list und das Auftreten der PlUM sind diese Zustände unhaltbar geworden. Letzte Woche, vor der Sitzung des Senates, gab es sogar zwei Aussendungen von Gerhard F. Ecker und Germain Weber. Das ist immerhin schon etwas. Die Umstände sind freilich etwas skurril.

Die Mitteilung richtete sich an einen Personenkreis, dessen Zusammensetzung nicht deutlich wurde. Wahrscheinlich handelt es sich (in den Eckdaten) um die Liste der Kandidatinnen (m/w) für die Senatswahl. G.F. Ecker, W. Weigel, M. Linzatti, Ch. Cenker und h.h. (um nur einige zu nennen) kommen darin doppelt vor. Paul Wagner dreimal. Gabriele Moser, die ehemalige Vizerektorin nicht mehr an der Universität ist, wird auch informiert.

Das Dilemma der Mittelbauvertreter ist deutlich: sie wollen sich nicht an die epoche Liste wenden, die an ihnen vorbei gegründet worden ist. Andererseits haben sie entweder nicht die Mittel, oder den Willen, sich der offiziellen Ressourcen zu bedienen, welche die Universität bietet. Verbesserungsfähig.

Lehraufträge Sommersemester 2004

Das Semster läuft bereits, die Lehrbeauftragten (m/w) der Universität Wien beginnen ihre Veranstaltungen ohne Betrauung und Vertrag. Die Personalstelle der Universität war bisher nicht in der Lage, die entsprechenden Dokumente vorzubereiten. Intern gibt es eine Zusicherung, daß die Unterlagen nächste Woche in die Dekanate geschickt werden, von wo sie an die Institute gehen, um an die Personen verteilt zu werden.

Oder ein anderes Thema: Inventarisierung. Im vergangenen Jahr gab es eine “Eröffnungsbilanz” mit neuen Vignetten für alle Geräte. Die werden jetzt nochmals überklebt, vermutlich weil die alten keinen Barkode hatten.

Schlanke Verwaltung mit Wasserkopf.

Habilitation

Ein kleines Streiflicht auf die neuen Strukturen. Alle Habilitationsverfahren der Universität liegen beim Senat. Dort werden die Mitglieder der Habilitationskommission bestimmt. Für den Mittelbau heißt das, daß 2 Personen für den gesamten universitären Bereich die entsprechenden Vertreterinnen (m/w) entsenden. Das kann nur zu einer von zwei Lösungen führen: entweder die Sache wird sinnvoll delegiert, oder es herrschen Willkür und sachliche Unkenntnis. Um zu delegieren, bräuchte man die entsprechenden Organisationsstrukturen. Der gegenwärtige Plan des Rektorates läßt nichts davon erkennen.

Die Gutachterinnen (m/w) in solchen Kommissionen werden ausschließlich von den Professorinnen (m/w) bestimmt und zwar auch hier von den Senatsmitgliedern! Sie können das delegieren und werden das in aller Regel tun. Die Alternative wäre zu absurd. Das führt dazu, daß die Aktenführung in einem zentralen Senatsbüro geschieht und die inhaltlichen Entscheidungen auf der Ebene der Fakultäten liegen. Umweg-Unrentabilität.

Seifenoper

Aus einem Brief zur Situation an der Universität Wien:

“Die Zeit der Höflichkeit ist vorbei, wir müssen dem Rektor sagen, dass er die Reform verhaut und die Universität versaut hat. Die Mittelbauvertreter im Senat sind (vgl. deren Brief am 26.1.04 im Standard) von einer geradezu hemmungslosen Charakterlosigkeit. Ich hatte das Gefühl, daß sich die Plattform vom Rektor einseifen läßt.”

Aus meiner Antwort:

“Die Punkte, die Sie ansprechen, sind mir sehr präsent. Ich habe sie selber mehrfach öffentlich vertreten. Für mich stellt sich zusätzlich allerdings die Frage: wenn das gesagt ist – was tun wir am Rest des Abends.

Daher kam die Initiative, eine inneruniversitäre Gegenbewegung anzustoßen. Das wiederum impliziert ein mehrstimmiges Konzert, mit unterschiedlichen Interessen und “Härtegraden”. Mir persönlich fällt es nicht schwer, “sauber” zu bleiben und auch im nächsten Jahr auf den Einschätzungen zu bestehen, die ich mit Ihnen teile. Und die Gefahr, durch Gespräche korrumpiert zu werden, sehe ich so deutlich wie Sie. Gerade darum habe ich gestern auf die Mehrdimensionalität der PlUM-Aktionen hingewiesen: von der Fundamentalopposition bis zum Versuch, ein Optimum im Pessimum zu erreichen.

Die Antwort der Versammlung war eindeutig und unzufriedenstellend. Beides ist nötig. Ich weiß auch nichts besseres und bin keineswegs zuversichtlich, ob das zu etwas führen kann. Meine Einschätzung der gestrigen Versammlung weicht allerdings von der Ihren ab. Sie sagen, die Luft sei draußen. Ich beobachte, daß beim 2. Mal nur mehr die Hälfte kommt, weil “etwas geschieht” und es “doch nicht ganz so arg wird”. Das klassische Verhalten der Mehrzahl in solchen Organisationsformen.”

Die Triple-P Fakultät

Ein Paradebeispiel davon, wie Universitäten “neu zu regieren” sind, bietet das Tauziehen um die Fakultätsgliederung der Uni Wien, speziell bezogen auf Pädagogik, Psychologie und Philosophie. Letzten November, als es 18 Organisationseinheiten geben sollte, war für jedes Fach eine eigene Fakultät vorgesehen. Dann wurde deutlich, daß der Universitätsrat weniger Fakultäten fordert. Im Hintergrund begannen Gespräche zur Zusammenlegung, die schließlich dazu führten, daß sich die Pädagogen und die Philosophinnen auf eine gemeinsame Fakultät einigten (ergänzt um die Wissenschaftstheorie).

Weder wollte die Psychologie zur Philosophie+Pädagogik, noch konnten diese sich für eine Fusionierung erwärmen. Zu den expliziten Leitlinien der Universitätsgliederung gehört die Förderung wissenschaftlicher Synergien. Nicht nur fehlen diese Effekte zwischen den genannten Disziplinen (wie sie in Wien praktiziert werden) bisher vollständig, es ist auch nicht abzusehen, wie sich das in den nächsten 10 Jahren ändern soll. Eine Triple-P Fakultät ist ein forschungspolitisches Unding. Ein Rückfall in die AHS, aus der die Vorstellung stammt, daß diese Fächer doch viel miteinander zu tun haben müßten.

Aber nein, der Universitätsrat hat gegen den expliziten Willen der überwältigenden Mehrzahl der Betroffenen eine solche Fakultät beschlossen. Man wird sehen, ob sich noch eine Möglichkeit bietet, diese Willkür zu revidieren.