Sachverhalt

Karl Ille, Kuriensprecher an der philologisch-kulturwissenschaftlichen Fakultät, gibt diese Darstellung der gegenwärtigen Studienplanung.

“Durch spezifische universitätspolitische Umstände, die ich hier weder rekonstruieren noch bewerten möchte, müssen die Angehörigen unserer Universität offenkundig mit dem Faktum leben, dass die zwischen den Dekanen und dem Rektorat abzuschließenden Zielvereinbarungen auch die Anzahl und jeweilige Benennung von Studien zum Gegenstand haben, ohne dass darüber vorher von eingesetzten Curricularkommissionen (der Terminus ?Arbeitsgruppe? unserer Universität entspricht nicht der Terminologie des UG 2002) mit der gesetzlich geforderten Mehrheit von Experten der jeweiligen Studienrichtung befunden worden wäre oder sich zumindest der Senat mit einer veränderten Studienanzahl oder der Umbenennung von Studien befassen hätte können. Noch mehr: Es müssen im Rahmen der Zielvereinbarungen sogar ECTS-Punkte von im Rektorat ?angedachten? gemeinsamen Anteilen neeustrukturierter ?Mantelbakkalaureate? ?herunterverhandelt? werden. Hauptgrund dieser Entwicklung ist unbestrittener Weise der Umstand, dass die Zielvereinbarungen abgeschlossen werden sollen, bevor der Senat die entsprechenden Curricularkommission einsetzen konnte (bei einer dreistelligen Anzahl umzustellender Studien entnehme ich der Homepage, dass erst (4!) offizielle Arbeitsgruppen ihre Arbeit aufgenommen haben). Nun ist aber seit Annahme des Entwicklungsplans, also exakt seit 1. Juli 2005, klar, dass die meisten Studien unserer Universität (ungeachtet der Einrichtung neuer Studien, für deren Vorbereitung die Initiativgruppen ja gute Arbeit leisten) bis zum Studienjahr 2007/8 oder 2008/9 umgestellt werden müssen. Warum gibt es hierfuer bis heute keine einheitlich organisierte und gesetzeskonforme Vorbereitung? Hätten die hierfür vorgesehenen Curricularkommissionen mit 1. Oktober 2005 ihre Arbeit aufnehmen können, hätten diese zumindest eine Expertise zur Umstrukturierung von Studien sowie eine Finanzskizze für die Vorausberechnungen des Rektorats erstellen können. Damit waere die heutige Situation mit Sicherheit vermieden worden.”

Studieren alla bolognese

Gestern fand am Campus eine von der PLUM veranstaltete Podiumsdiskussion zur Umsetzung des Bologna-Prozesses an der Universität Wien statt. Hier einige Eindrücke.

Am Podium waren sich Vizerektor Mettinger, Gerhard Clemenz (Senatsvorsitz) und Karin Glaser (ÖH) mit unterschiedlichen Akzenten darüber einig, dass dieses Unternehmen eine umstrittene Chance darstellt, die vorsichtig zu nützen sei. Konrad Liessmann akzentuierte die Einwände am deutlichsten. Kritisiert wurde das EU-Diktat, seine gesetzliche Zuspitzung in Österreich, die Konstruktion der ECTS-Punkte, die mangelnde Nachfrage nach Bakkalaurei (Fusssoldaten) am Arbeitsmarkt und das juridische Loch bei den Lehramtsstudien. Die Gelegenheit zu einer Studienreform und die Förderung der Mobilität wurden positiv hervorgehoben. Spezielles Augenmerk galt dem Kräftegleichgewicht zwischen Rektorat und Senat bei der Studienplanung. Jenes hat die finanziellen Entscheidungen zu treffen, dieser ist für die Erlassung der Curricula verantwortlich.

Was die gegenwärtige Planungssituation angeht, wurde von den Teilnehmerinnen (m/w) mehrfach die Undurchsichtigkeit und Volatilität der Verfahren beklagt. Wir unterliegen einem doppelten Systembruch. Die Umstellung der Studienarchitektur erfolgt vor dem Hintergrund des UG 2002, das keine Vorgaben für den dazu nötigen Konsultationsprozess gibt. Im Sommersemster ist ein Einreichungs-Ablauf für Curricula zwischen Rektorat und Senat akkordiert worden. Im Oktober wurde das Verfahren vom Rektorat um einen entscheidenden Faktor ergänzt. Zusätzlich zur Abstimmung zwischen informellen Initiativgruppen, Rektorat, Curricularkommission und den formellen AGs, die von der CK einzusetzen sind, ist die Studienplanung jetzt Gegenstand der Zielvereinbarungen zwischen Rektor und Dekaninnen (m/w). Der Rektor hat für Februar einen “Lehrentwicklungsplan” angekündigt, ohne zu erläutern, auf welchen Konsultations- und Entscheidungsprozessen er sich dabei bezieht.

EU Blues

Es ist sicherlich unfair, das Auftreten der beiden EU-Repräsentanten beim gestrigen Internet-Summitt zu vergleichen. Martin Bangemann ein alt-verdienter, pensionierter Politiker der ersten Stunde und Martin Selmayr, ein junger, sachkundiger Jurist der Brüssel-Partie. Dennoch gibt es ein Voruteil wieder, das man auch eine wirksame politische Einschätzung nennen kann.

Bangemann spricht Über die Geschichte, die Ideale und ihr teilweises Scheitern. Ein wenig nostalgisch, aber durchaus fair gegenÜber den geänderten Bedingungen. Er kritisiert u.a., dass es im Vorschlag der EU-Verfassung kein Ausstieg-Szenario gegeben hat. Man bekommt mit, dass es hier um den Lebensinhalt einer Generation gegangen ist. Dagegen der – sicherlich befähigte – Bürokrat, der Über die in Vorbereitung befindliche Fernsehrichtlinie referiert und auf die Frage nach Fernsehgebühren nur die kurze Auskunft “liegt im Ermessen der Länder” parat hat. Was nicht mit den gleichen Bedingungen am Markt zusammenpasst, die er vorher vertrat.

Projektmanie

Im Vergleich zum Gießkannenprinzip, nach dem die Fakultäten und Institute früher ihre Mittel erhalten haben, scheint mir die Regelung über Projekteinreichungen zielführender. Das Geld geht dorthin, wo sich jemand die Mühe gemacht hat, einen Antrag zu schreiben. Damit wird zumindest das “tote Seelen”-Phänomen verhindert. Wie z.B. ein mir bekanntes Ludwig Boltzmann-Institut, das bereits seit Jahren leerläuft.

Neue Schwierigkeiten entstehen. Statt auf einen Organisationsraster stützt sich das neue Verfahren auf Selbstdarstellung. Eben lese ich einen Antrag, den ich mit den beschriebenen Verhältnissen vergleichen kann. Er ist atemberaubend überzogen. Alles wird angepriesen, nichts ist bereits vorhanden. Er ist aber hervorragend abgefasst, also wird es die Mittel geben, zumindest einige Ziele zu realisieren. Was dann im nächsten Antrag wieder schöngeredet werden kann. Es erinnert an den Aktienmarkt und seine Boom-Phasen.

Plötzlicher Ausfall

Im Seminar “Ausbildungsformen der Wissensgesellschaft” diskutieren wir zur Zeit Über die “Zumutung”, in einer philosophisch-pädagogischen Veranstaltung TCP-Protokolle zu behandeln. Ein kleines Beispiel dazu.

Mehrfach berichten Studierende, dass sie in einer Lernplattform, oder im Wiki, etwas beitragen wollen – wenn sie auf “Absenden” drücken, verschwindet der Text aber in den Orkus. Mir war längere Zeit nicht klar, was das Problem ist, mittlerweile bin ich draufgekommen, dass es sich in der Regel um ein timeout darum handelt. Die Schreiberinnen lassen sich zu lange Zeit, ihren Beitrag zu Überlegen und sind dann ausgeloggt.

Natürlich kann man dem mit einem einfachen Tipp begegnen. Aber die Sache ist doch reichhaltiger. Es geht um eine Besonderheit der InformationsÜbertragung im digitalen Raum. Man tippt eben weder in die Schreibmaschine, noch in die Textverarbeitung.

Objekt- und Metasprache

Ein Thema heute in der Vorlesung: Streit auf der Objektebene und Toleranz in Distanz dazu, auf der Metaebene. Das ist mit dem Thema Reflexion verbunden und schwierig zu behandeln, weil es einerseits logisch-technisch, andererseits bewusstseinstheoretisch gesehen werden kann. Ich hatte es auch bloss als Problem genannt, dann sah ich auf die Datenprojektion:

Die Metasprache (html-Kennzeichnung) mit der Objektsprache vermischt, weil eine eckige Klammer fehlte. Der “unsaubere” Verschnitt der beiden Ebenen, die so funktionieren sollten:

Beamtenmentalität

Aus dem Kommentar zur vorigen Eintragung:

die Behauptung, daß ohne “Abstecher” im Umgang mit Beamtentum nichts (oder recht wenig) geht, ist eher eskapistisch…

Untergräbt man durch die Berufung auf die eigene Integrität (und damit die Schaffung einer “Ausnahmeregelung” für einen selbst) nicht den Rechtsstaat?

Ein Beispiel: im Moment laufen Einreichungen für “Initiativkollegs”, d.h. Doktoratsprogramme mit bis zu 12 Studierenden. Dafür müssen eigene Curricula erstellt werden. Ich bin dabei, mit Kolleginnen ein solches Kolleg auszuarbeiten und werde gefragt, was über das Curriculum im Antrag stehen soll. Als Mitglied der Curricularkommission weiß ich (ich habe es vergangene Woche vorgeschlagen), dass die Curricula erst nach Genehmigung des Projekts, in Abstimmung mit den anderen Programmen, erstellt werden.

Müßte ich dieses Wissen für mich behalten? Das scheint sehr rigoros. Eine bessere Antwort bietet sich an: ich werde die Diskussion der Curricularkommission möglichst weit publizieren.

Im xDCbrigen ist die Optik durch den Beamtenstatus von Hochschullehrerinnen tatsächlich etwas verzerrt. So reicht eine Linie von kleinen Betriebsagenden direkt zum “Rechtsstaat”.

Gewissenserforschung (2)

Auf der einen Seite die korrekten, im Gesetz und innerhalb der Universitätsorganisation vorgesehenen Abläufe: die Kompetenzen sind verteilt und die Kanäle zwischen Betriebsrat, Universitätsleitung, Universitätseinrichtungen und der Öffentlichkeit allgemein folgen einem festgelegten Muster. Von oben nach unten gibt es e-Mails und eine Reihe verschiedener Steuerungselemente. Umgekehrt einige Beratungsgremien juridisch festgeschriebener (Senatsvertretung) und freiwiller (“Kontaktkommittee”) Art.

Zwei zusätzliche Faktoren verwischen diese Regeln. Erstens ist ziemlich viel Sand im Getriebe des Verwaltungsablaufs. Zuständigkeiten wechseln, Fragen werden nicht beantwortet, Entscheidungen hin- und hergeschoben. Zweitens finden sich “Funktionäre” simultan auf mehreren Ebenen wieder: z.B. als Senatsmitglied, Betriebsrätin, SPL oder PLUM-Mitglied. Es ist nicht einfach, die jeweiligen Kommunikationsumgebungen voneinander zu trennen. Und wie gesagt: es besteht die Versuchung zu “Abstechern”. Wenn jemand in Ausübung der Funktion A eine Person trifft, von der er im Rahmen der Funktion B etwas haben möchte, wird es knifflig.

Es ist ein altes Thema des politischen Engagements. Die Gewerkschaftsfunktionäre bei VW sollen von der Betriebsleitung “eingekauft” worden sein, “Verräter”, die “mit den Chefs unter einer Decke stecken”. Kann man sich dagegen einfach auf die persönliche Integrität berufen? Wie zulässig/zuverlässig ist diese Selbstbeurteilung?