Habilitation

Ein kleines Streiflicht auf die neuen Strukturen. Alle Habilitationsverfahren der Universität liegen beim Senat. Dort werden die Mitglieder der Habilitationskommission bestimmt. Für den Mittelbau heißt das, daß 2 Personen für den gesamten universitären Bereich die entsprechenden Vertreterinnen (m/w) entsenden. Das kann nur zu einer von zwei Lösungen führen: entweder die Sache wird sinnvoll delegiert, oder es herrschen Willkür und sachliche Unkenntnis. Um zu delegieren, bräuchte man die entsprechenden Organisationsstrukturen. Der gegenwärtige Plan des Rektorates läßt nichts davon erkennen.

Die Gutachterinnen (m/w) in solchen Kommissionen werden ausschließlich von den Professorinnen (m/w) bestimmt und zwar auch hier von den Senatsmitgliedern! Sie können das delegieren und werden das in aller Regel tun. Die Alternative wäre zu absurd. Das führt dazu, daß die Aktenführung in einem zentralen Senatsbüro geschieht und die inhaltlichen Entscheidungen auf der Ebene der Fakultäten liegen. Umweg-Unrentabilität.

Seifenoper

Aus einem Brief zur Situation an der Universität Wien:

“Die Zeit der Höflichkeit ist vorbei, wir müssen dem Rektor sagen, dass er die Reform verhaut und die Universität versaut hat. Die Mittelbauvertreter im Senat sind (vgl. deren Brief am 26.1.04 im Standard) von einer geradezu hemmungslosen Charakterlosigkeit. Ich hatte das Gefühl, daß sich die Plattform vom Rektor einseifen läßt.”

Aus meiner Antwort:

“Die Punkte, die Sie ansprechen, sind mir sehr präsent. Ich habe sie selber mehrfach öffentlich vertreten. Für mich stellt sich zusätzlich allerdings die Frage: wenn das gesagt ist – was tun wir am Rest des Abends.

Daher kam die Initiative, eine inneruniversitäre Gegenbewegung anzustoßen. Das wiederum impliziert ein mehrstimmiges Konzert, mit unterschiedlichen Interessen und “Härtegraden”. Mir persönlich fällt es nicht schwer, “sauber” zu bleiben und auch im nächsten Jahr auf den Einschätzungen zu bestehen, die ich mit Ihnen teile. Und die Gefahr, durch Gespräche korrumpiert zu werden, sehe ich so deutlich wie Sie. Gerade darum habe ich gestern auf die Mehrdimensionalität der PlUM-Aktionen hingewiesen: von der Fundamentalopposition bis zum Versuch, ein Optimum im Pessimum zu erreichen.

Die Antwort der Versammlung war eindeutig und unzufriedenstellend. Beides ist nötig. Ich weiß auch nichts besseres und bin keineswegs zuversichtlich, ob das zu etwas führen kann. Meine Einschätzung der gestrigen Versammlung weicht allerdings von der Ihren ab. Sie sagen, die Luft sei draußen. Ich beobachte, daß beim 2. Mal nur mehr die Hälfte kommt, weil “etwas geschieht” und es “doch nicht ganz so arg wird”. Das klassische Verhalten der Mehrzahl in solchen Organisationsformen.”

Die Triple-P Fakultät

Ein Paradebeispiel davon, wie Universitäten “neu zu regieren” sind, bietet das Tauziehen um die Fakultätsgliederung der Uni Wien, speziell bezogen auf Pädagogik, Psychologie und Philosophie. Letzten November, als es 18 Organisationseinheiten geben sollte, war für jedes Fach eine eigene Fakultät vorgesehen. Dann wurde deutlich, daß der Universitätsrat weniger Fakultäten fordert. Im Hintergrund begannen Gespräche zur Zusammenlegung, die schließlich dazu führten, daß sich die Pädagogen und die Philosophinnen auf eine gemeinsame Fakultät einigten (ergänzt um die Wissenschaftstheorie).

Weder wollte die Psychologie zur Philosophie+Pädagogik, noch konnten diese sich für eine Fusionierung erwärmen. Zu den expliziten Leitlinien der Universitätsgliederung gehört die Förderung wissenschaftlicher Synergien. Nicht nur fehlen diese Effekte zwischen den genannten Disziplinen (wie sie in Wien praktiziert werden) bisher vollständig, es ist auch nicht abzusehen, wie sich das in den nächsten 10 Jahren ändern soll. Eine Triple-P Fakultät ist ein forschungspolitisches Unding. Ein Rückfall in die AHS, aus der die Vorstellung stammt, daß diese Fächer doch viel miteinander zu tun haben müßten.

Aber nein, der Universitätsrat hat gegen den expliziten Willen der überwältigenden Mehrzahl der Betroffenen eine solche Fakultät beschlossen. Man wird sehen, ob sich noch eine Möglichkeit bietet, diese Willkür zu revidieren.

Bewegung

Die Universitätsleitung hat zugesagt, in den Organisationsplan Fakultätsgremien in viertelparitätischer Besetzung (2:1:1 plus Sonstige) aufzunehmen. Zu den Agenden dieser Gremien gehören jedenfalls Stellungnahmen zu Binnenstruktur, Zielvereinbarungen und Entwicklungsplan. Die Studienkonferenzen sollen semiparitätisch beschickt werden: 50% Lehrende, 50% Studierende.

Politisch ergibt das eine sonderbare Schräglage. Während der Dienststellenausschuß mit der “zahnlosen” (R. Steinbauer) Forderung nach einer Beratungsplattform an die Öffentlichkeit tritt und die gewählten Mittelbau-Vertreter im Senat sich eine Auszeit genommen haben, verhandelt das Rektorenteam mit einer Basisinitiative ohne legistischen Rückhalt.

Strategisch kommt das Auftreten der PlUM der Universitätsleitung ziemlich gelegen. Sie kann durch diese Kontakte Gesprächsbereitschaft mit jener “Universitätsöffentlichkeit” signalisieren, die sie bisher nur in sorgfältig inszenierten Veranstaltungen, vermittelt über PowerPoint und Webforum, anerkannt hat.

Für die Plattform ergibt sich die knifflige Frage, was mit dieser plötzlich gewonnenen Prominenz zu tun ist.

Groschenroman

Wenn man es in einer billigen Broschüre oder in einer Boulevardzeitung liest, wehrt man lächelnd ab. Geschichte wird nicht von wenigen Personen gemacht. Die Familiendynastien und Freund/Feindschaften auf persönlicher Ebene, welche die Klatschspalten füllen, sind nur eine eigens zurechtgemachte Oberfläche. — So sagt das kritische Bewußtsein.

Angesichts des momentanen Tauziehens um die zukünftige Struktur der Universität Wien bin ich nicht mehr so sicher. Das Gesetz gibt den Rahmen vor, insofern sind den individuellen Eingriffen Grenzen gezogen. Aber erstaunlich viel bewegt sich zwischen einzelnen Akteuren: dem Rektor, dem Vorsitzenden des Universitätsrates, einem ehemaligen Rektor — und jetzt auch den Sprechern der “Plattform für universitäre Mitbestimmung”.

Pressekonferenzen erzeugen öffentliche Aufmerksamkeit, in der sich politische Akteure formieren, die dann zu Gesprächen eingeladen werden, die wiederum zur öffentlichen Legitimation dienen. Weniger kryptisch: PLUM gibt eine Pressekonferenz, der Rektor bietet einen Termin an, das Treffen handelt von der Mitbestimmung im künftigen Organisationsplan, es produziert partielle xDCbereinstimmung, das wieder wird die nächsten Jahre prägen. Es ist einfach und auch ernüchternd. Der Sieg der Condottieres gegen den Teamgeist.

PLUM im Aufwind

Einige subjektive Eindrücke vom gestrigen Treffen der “Plattform für
universitäre Mitbestimmung”.

Ein gut besetzter Hörsaal bei den Germanisten, die Initiative ist auf
beträchtliches Echo gestoßen. Nach den Eröffnungsstatements des Podiums
ergab sich eine ausgedehnte Diskussion.

Einerseits diente das der Orientierung in der neuen Situation. Die
strategischen Positionen des Rektorates, Senates, Rates, aber auch des
Dienststellenausschusses wurden angesprochen. Interessant in diesem
Zusammenhang die Bemerkung von Andreas Schwarcz: da die Universitäten
jetzt Betriebe öffentlichen Rechtes sind, ergeben sich neue Konsultations-
und Informationsauflagen per Gesetz. Z.B. muß der Betriebsrat in
regelmäßigen Abständen von der Betriebsleitung über Entwicklungen des
Unternehmens in Kenntnis gesetzt werden.

Naturgemäß kamen die zunehmend besorgniserregenden Entwicklungen in
Administration, Lehre und Forschungspolitik zur Sprache. Die Lehraufträge
für nächstes Semester sind noch nicht gesichert, die Curricularkommission
ist mit Arbeit, die früher die Studienkommissionen leisteten,
überschwemmt. Die versicherungstechnische Betreuung von
Projektangestellten ist unzureichend.

Die Versammlung trat geschlossen für die Einführung von beratenden Gremien
auf der Ebene der Fakultäten und Institute ein, ebenso im Studienwesen.

Zuletzt wurde vereinbart, sich in einer Woche wieder zu treffen:

Zwei Abstimmungsvorlagen

Heute findet das erste Treffen der Plattform für universitäre Mitbestimmung statt. Ich habe 2 Anträge zur Abstimmung vorbereitet:

Kein Wiener Fleckerlteppich

Die Universitäten Österreichs haben ihre bisherige Gliederung den neuen gesetzlichen Bedingungen angepaßt. Allgemein wird in den Organisationsplänen ein Zusammenwirken von Fakultäten und Instituten (oder Fachbereichen) vorgesehen. Einzig die Universität Wien läßt die Frage der Binnenstruktur der Fakultäten völlig offen. Auch über die Anzahl der Fakultäten selbst herrscht Uneinigkeit. Seit Monaten wird in einem Tauziehen zwischen Rektorat, Senat und Universitätsrat die Zahl der Fakultäten vermehrt oder vermindert. Inhaltliche Kriterien sind dabei kaum erkennbar.

Die Absicht des Rektorates, hochdisponible Organisationseinheiten zu schaffen, über deren genauere Bestimmung jährlich zwischen Rektor und Dekanin (m/w) verhandelt wird, steht im Gegensatz zu allen übrigen Lösungen in der österreichischen Universitätslandschaft. Der vorliegende Organisationsplan bewirkt eine unregulierte Erscheinungsvielfalt der tragenden Lehr- und Forschungsstrukturen der Universität. Sie erschwert die inter-fakultäre Zusammenarbeit und macht die Binnenstruktur der Universität Wien zu einem per Machtwort veränderlichen Provisorium. Das Modell einer Führeruniversität, in dem einige Personen ohne beratende und kontrollierende Gremien Zugriff auf sämtliche Ressourcen besitzen, widerspricht österreichischen und internationalen Standards und führt zu feudalen Cliquenbildungen und Stagnation.

Der Senat sagt Jein

Der Senat der Universität Wien hat am 15.1.2004 den vom Rektorat erarbeiteten Organisationsplan gebilligt. Die aufmerksame Lektüre der Stellungnahme zeigt allerdings, daß diese Zustimmung mit schwerwiegenden Bedenken verknüpft wurde. Der Senat zweifelt an der in Aussicht genommenen Fakultätsgliederung und empfiehlt eine zeitlich gestaffelte Implementierung, von der vorerst nur zwei Fakultäten probeweise betroffen sein sollen. Es wird gefordert, daß Universitätsangestellte ?in wesentlich stärkerem Ausmaß als bisher? aktiv in den Reformprozeß einbezogen werden und daß die ?umfassende Reorganisation … erst nach Vorliegen … der Erfahrungswerte aus den Pilotprojekten durchgeführt wird.? Dabei ist nicht ersichtlich, wie diese Bedingungen zum positiven Votum der Senatsmehrheit passen.

Die schrittweise Reorganisation der Universitätsstruktur über Pilotprojekte widerspricht eindeutig den Intentionen des Rektorates. Dem Senat steht bei inhaltlichen xC4nderungen des Organisationsplans eine neuerliche Stellungnahme zu. Vom obersten Entscheidungsgremium innerhalb der Universität Wien sind eindeutige Positionen zu erwarten, die nicht im taktischen Geplänkel untergehen. Sollte der Senat für eine nachvollziehbare Fakultäts- und Binnengliederung, sowie für den Einbau konsultativer Momente in den Organisationsplan eintreten, so muß er sich in seinen nächsten Sitzungen unumwunden gegen die dirigistischen Tendenzen des Rektoratsvorschlages aussprechen.

Open Archives

Ein Hintergrund der sich zuspitzenden Krise im Publikationswesen: die Menge der Forschungspublikationen weltweit verdoppelt sich alle 7 Jahre. Diese Zahl wurde im OAI-Workshop in Genf letzte Woche genannt. Sie basiert auf einer Untersuchung des australischen Wissenschaftsrates.

Damit wird verständlich, daß sich die herkömmlichen Muster der Wissensvermittlung nicht mehr aufrecht erhalten lassen. DIe Qualitätsjournale haben eine Ablehnungrate von 60-80% und das Spektrum der Angebote wird immer unübersehbarer. Die Alternativen im elektronischen Publikationswesen sind organisatorisch und hinsichtlich ihrer Ernsthaftigkeit noch nicht konsolidiert. Die freie Verfügbarkeit der Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung beantwortet das Problem von Prestige, Vorauswahl und divergenten Wissenschaftskulturen nicht.

Körperlich statt virtuell

PLATTFORM UNIVERSITxC4RE MITBESTIMMUNG (PLUM)

Wir – das sind Angehörige der Professorenschaft sowie des akademischen Mittelbaus mehrerer Fakultäten der Universität Wien, die dem zunehmenden Ausschluss der Kollegenschaft von Entscheidungsprozessen in der Folge der Implementierung des UG 2002 nicht länger tatenlos zusehen wollen – haben uns zum Ziel gesetzt, künftige Partizipationsmodelle zu konzipieren und an unserer Universität durchzusetzen. Zur Vernetzung des gemeinsamen Nachdenkens haben wir die Plattform universitäre Mitbestimmung (PLUM) gegründet, die fakultäts-, kurien- und fraktionsübergreifend Vorschläge erarbeiten wird, wie die zunehmend autoritäre Einengung der Beteiligung von betroffenen Universitätsangehörigen abgewehrt werden kann. Wir laden hiermit alle Interessierten herzlich ein, sich auch mit eigenen Beiträgen an unserer ersten öffentlichen Versammlung zu beteiligen, die folgender thematischen Strukturierung folgen wird:

1. DISKUSSIONSVERANSTALTUNG

Programm:

1.Schaffung neuer Strukturen universitärer Kommunikation
und Partizipation

2.Einrichtung demokratisch beschickter Beratungsorgane (Nachtrag zum
Organisationsplan der Universität Wien)

3.Zweite Verfassungsklage sowie Vorbereitung der Novellierung des UG 2002

Termin: Dienstag, 17. Februar 2004, 17:00 Uhr (pünktlich)

Ort: Universitätshauptgebäude, Institut für Germanistik,
xDCbungsraum 1

Auf eine rege Teilnahme freuen sich für die PLUM:

Gert BACHMANN (Nawi) * Ulrike FELT (Hus) * Norbert GRIESMAYER (Gewi) * Herbert HRACHOVEC (Hus) * Karl ILLE (Gewi) * Fritz Peter KIRSCH (Gewi) * Alexander REIDINGER (Jus) * Ilse REITER-ZATLOUKAL (Jus) * Margarete RUBIK (Gewi) * Edith SAURER (Gewi) * Paul WAGNER (Nawi)

es geht doch

Monatelang hatte der Rektor die “alten” Fakultäten bei der Beratung über die künftigen Strukturen der Universität übergangen. Jetzt, da der Universitätsrat ihm aufgetragen hat, die Angehörigen der Universität in die Planungen mit einzubeziehen, hat er sich der Dekane entsonnen.

Die Runde der noch im Amt befindlichen Dekan ist aufgefordert, sich Gedanken über die Universitätsstruktur zu machen und hat auch schon einen Termin mit dem Rektorenteam. Das ist die billigste Geste in Richtung Mitbestimmung.