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Die Zahl der Forschungsschwerpunkte hängt also, nach der Rektoratsvorlage, an der Größe, dem Alter und dem “Aggregationsniveau” der Universität. Es folgen Beispiele, die damit wenig zu tun haben. Zürich hat 38 Schwerpunkte bei 386 Professuren, Stockholm 43/378. Uppsala, gegründet 1477, hat ein Verhältnis 70/350. Das ist die “breite” Schwerpunktsetzung. Als Beispiel für eng gefasste Schwerpunkte dienen Harvard, das MIT und Oxford, bei denen die Anzahl der Forschungsschwerpunkte allerdings zumeist nicht genau zu quantifizieren ist.

Die Darstellung krankt an mindestens zwei problematischen Vorgaben. Einerseits wird der Terminus “Forschungsschwerpunkt” ungeprüft auf alle Universitäten angewendet, andererseits wird mit “full und associate professors” gearbeitet – aber das ist nicht immer möglich. Für Oxford und Leuven, wo Hochschullehrerinnen (m/w) aller Kategorien in einer Gruppe versammelt sind, liefert die Aggregationszählung andere Resultate als für Stockholm/Uppsala/MIT etc.

Das Rektorat gibt Materialien zu einem internationalen Vergleich, der aber – in diesem Rahmen – fragmentarisch und willkürlich bleibt. Nicht überraschend daher die “Konsequenz”:

Entscheidend ist nicht die Anzahl der Forschungsschwerpunkte, sondern deren Qualität.

Die Anzahl der Schwerpunkte ist in letzter Konsequenz sekundär, wendet man allerdings die Kriterien “Qualitätsmaßstäbe” und “Innovationspotenzial” an, kann dies auch zu einer Reduktion von Schwerpunkten führen.

Ich habe schon mutigere und innovativere Konsequenzen gelesen.

Zwischen dem Rektorat und dem Universitätsrat herrscht ein Tauziehen über die “Forschungsschwerpunkte” des Entwicklungsplans. Das Rektorat versteht sie als Raster zur Professoren-Zuordnung, der Rat als Beitrag zum Profil der Universität. Das sind zwei inkompatible Ansichten, im ersten Fall benötigt man eine ganze Menge, im zweiten Fall nur wenige.

Nun liegt eine Erläuterung der “Bedeutung von Schwerpunkten” durch das Rektorenteam vor. Ein sonderbares Schriftstück. Es beginnt mit einem Zitat:

The concept of an academic discipline is not altogether straightforward, in that, as is true of many concepts, it allows room for some uncertainties of application. (Tony Becher)

Da hat jemand dokumentiert, dass er Bücher liest. Was hat der Begriff einer akademischen Disziplin mit den Forschungsschwerpunkten einer Universität zu tun? Und auch die folgende Aussage trifft nicht ganz ins Zemtrum:

Die Zahl der Forschungsschwerpunkte einer Universität ist letztendlich neben der Größe und dem Alter einer Universität entscheidend durch das Aggregationsniveau bestimmt.

Erläuterung: “Ein höheres Aggregationsniveau (=> breite Schwerpunkte) bedeutet weniger Schwerpunkte”. Es wird uns also mitgeteilt, dass eine Universität eine geringere Zahl von Forschungsschwerpunkten besitzt, wenn ihr Aggregationsniveau hoch ist, d.h. wenn sie vergleichsweise wenige Schwerpunkte aufweist.

Lehre: neu und anderswo, historisch

Die neue Nummer der "Zeitenblicke" (4.1, 2005-03-09) geht zwar laut Titel zu "Die Zukunft des Geschichtsstudiums:
neue Studiengänge ? neue Inhalte ? neue Ziele?", handelt aber in mehreren Beiträgen (insbes. denen von Michael Geyer zu den USA, Cornel Zwierlein zu Frankreich und Ulinka Rublack zu Cambridge) auch allgemeiner von Studienreformen anderswo. xC4hnlichkeiten und Unterschiede der Probleme sind nicht uninteressant.

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Forschungs*

Rektor Winckler hat mehrfach betont, dass Universitäten nicht über die Lehre, sondern die Forschung definiert werden sollten. Anderfalls droht das Abgleiten auf das Niveau der Volkshochschule. Gemessen daran sind die Aussagen über Forschung im Entwicklungsplan eigenartig unterbestimmt.

Es gibt Forschungsschwerpunkte. Sie dienen als Bezugspunkt der Personalplanung. In Zukunft gibt es Stellen nur über die Zuordnung zu solchen Schwerpunkten. Sie gelten für drei Jahre, sind also hochmobil. Offensichtlich zielt das darauf, weniger gewünschte (und/oder qualifizierete) Bereiche auflösen zu können. Derzeit werden 109 solcher Schwerpunkte angeführt. Ihre Zahl und Definition ist umstritten. (Interessant ist auch, dass ihre Rolle im Entwicklungsplan zwischen Rektorat und Dekanen abgeredet wurde – unter Auslassung der Fakultätskonferenzen.)

Zweitens das Forschungsprofil der Universität. Das kann natürlich nicht aus diesem Haufen von 109 Interessensbekundungen bestehen. Es dient seinerseits zur Anbindung von Professorenstellen. De facto sind es im Moment drei Doppelprofessuren und eine Tripelprofessur die zur Profilierung der Uni erwünscht sind. (eLearning zwischen Psychologie und Informatik, computergestützte Chemie, Philosophie und Geschichte der Wissenschaften sowie philologisch-sozial-ökonomische Ostasienwissenschaft). Inwiefern das ein Profil ergeben soll ist schwer zu sehen.

Die dritten im Bunde sind die Forschungsplattformen. Sie sollen innovative, internationale etc. Themen betreffen und für drei Jahre unterstützen. Was das sein und werden kann liegt im Ermessen des Rektorates. Zweifel sind angebracht, ob der gebotene Zeitrahmen zu diesem Zweck sinnvoll ist.

Terminologisch ist also die Forschung vielfach vertreten. Wie das alles zusammenpasst steht auf einem anderen Blatt. Ein Faden zieht sich freilich durch: drei Jahre. Längere Zeiträume sind althergebracht, leistungsfeindlich, immobil und überhaupt eine Erfindung der Gewerkschaft.

Gutachten

Im Entwicklungsplan ist an mehreren Stellen davon die Rede, dass Anträge (zur Einrichtung von Forschungsschwerpunkten, Curricula etc.) begutachtet, evaluiert und qualitätsgesichert werden. Kein Wort davon, nach welchen Kriterien die Gutachterinnen (m/w) ausgesucht und bewertet werden.

Es ist die reine Willkür. Mehrere Personen arbeiteten letzten Herbst an einer Einreichung für das Bundesministerium: Transdisziplinäres Forschen. Die Anforderungsliste war lang und sehr spezfisch. Die Arbeit für den 25-seitigen Antrag nahm Wochen in Anspruch. Hier ist die Begründung der Ablehnung.

Unterzeichnet von Frau Dr. Ilse König, Leiterin der Abteilung VI/3. Das ist das Qualitätsbewusstsein des Ministeriums, welches uns die Qualitätsprüfungen verordnet.

Forschungsschwerpunkte

Der Entwicklungsplan der Universität Wien stellt die bisherige Grundlage der Stellenzuteilung auf den Kopf. Die einzelnen Fachgebiete verfügen über eine innerdisziplinäre Gliederung. In der Theologie: Bibelwissenschaft, Systematik, Geschichte; in der Germanistik: altes und neues Fach; in der Jurisprudenz Zivilrecht, Strafrecht etc. Nach diesen Erfordernissen wurden Professuren besetzt.

Nun sind wir dynamisch und sollen von Forschungsschwerpunkten ausgehen. Die sind flexibel und werden in der Regel auf drei Jahre festgelegt. Ihnen werden die Stellen zugeordnet. Das sieht dann so aus, dass die Germanistinnen eine Professur für neuere deutsche Sprachwissenschaft brauchen und sie durch deren Notwendigkeit für “Europastudien” legitimieren. Die Historiker wollen eine Professur für Zeitgeschichte und zwar für den Schwerpunkt “Diktaturen – Gewalt – Genozide”.

Die Zuteilung der Professuren auf Forschungssschwerpunkte soll einmal im Jahr überprüft werden. Die Absicht ist deutlich: gewünscht sind verschiebbare Schwerpunkte und entsprechend leicht disponible Anstellungsverhältnisse. Wenn der Schwerpunkt nicht mehr aktuell ist, in Ungnade fällt etc. will man auch die Stelle schnell streichen können.

Was sich allderdings mit den Qualitätsansprüchen spießt. Man wird internationale Qualität nicht für drei Jahre bekommen, also trotzdem mit unkündbaren Verträgen arbeiten müssen. Das wiederum führt die Orientierung an den Forschungsschwerpunkten ad absurdum. Denn dann beruft man Personen mit der Fähigkeit, für sich in regelmäßigen Abständen einen neuen Schwerpunkt zu erfinden.

Kompetenzen

Das UG2002 sieht für die Lehre eine schwierige Kompetenzverteilung vor. Neue Studienrichtungen sind ausdrücklich vom Senat einzurichten. Der hat damit die Curricularkommission beauftragt. Aber das Rektorat verfügt über das Geld und die strategischen Ressourcen (und Interessen) zur Gestaltung des Lehrprofils der Universität.

Das zeigt sich gut im vorliegenden Entwurf zum Entwicklungsplan. Dort ist das Programm der Umstellung auf “die europäische Studienarchitektur” ausgeführt, ohne dass es darüber nennenswerten Kontakt mit dem Senat gegeben hätte. (Im Unterschied dazu wurden die Fakultäten bei der Erstellung ihrer Forschungsschwerpunkte wohl involviert.) Dafür gibt es eine Empfehlung über das weitere Vorgehen.

Als Plattform für den Diskurs über die Entwicklung von Programmen bieten sich die Studienprogrammleitungen und Studienkonferenzen an; … Die konkrete Ausarbeitung der Curricula erfolgt durch die von der Curricularkommission eingesetzte(n) Curriculararbeitsgruppe(n).

Die Studienprogrammleitungen als Plattform? Die Konferenzen vielleicht, aber wer befasst sie damit? Und wie ist ihr Verhältnis zu den Arbeitsgruppen? Schon ist zu sehen, dass es die ersten Diskrepanzen zwischen Bologna-kritischen Studienkonfrenzen und eigens zum Zweck der Bakkalaureatserstellung eingesetzten Arbeitsgruppen gibt. In jeden Fall entziehen sich beide der Steuerung durch das Rektorat. Wir haben also eine offizielle Richtlinie, der entsprechend die Universität durch “forschungsgeleitete Lehre” charakterisiert sein soll. Es fehlen aber die Strukturen, es transparent mit ihren Angehörigen – die es ja realisieren müssen – zu besprechen.

Ballettgedanken

Heute brachte ORF 1 einen Bericht über Schwierigkeiten mit der Regelung des Ruhestands im Ballettcorps der österreichischen Staats- und Volksoper. Die Damen und Herren beginnen mit 15 Jahren und haben mit ca. 40 Jahren das Ende der Berufslaufbahn erreicht. Früher, als sie noch Teil der Bundesverwaltung waren, konnten sie in Pension gehen. 25% ihres Gehaltes war in die Pensionskasse eingezahlt worden. Jetzt werden sie nach ASVG wie alle anderen Arbeitnehmerinnen (m/w) behandelt und sind daher automatisch 20 Jahre arbeitslos.

Ich musste daran denken, dass die Verwandlung der Universitäten in eine Art Betrieb eine Reihe ähnlicher Härten und Sinnwidrigkeiten mit sich bringt. Zum Beispiel gibt es an der Universität Wien 2.500 externe Lehrbeauftragte mit ausgesprochen divergenten Aufgabengebieten. Sie sind jetzt für 2 und mehr Stunden die Woche angestellt und Teil des Unternehmens. Sie wählen beim Betriebsrat mit (das ist der Grund des Erfolgs der GAKU-Plum_Liste).

Das Verhältnis der “Externen” zur Universität ist unterschiedlich. Hier ist die Vereinbarung der Gehälter und der Beschäftigungsprofile. Einerseits ist das eine ökonomische Transaktion, andererseits bietet sie einen Erfahrungsaustausch und bietet Prestige, das schwer zu quantifizieren ist. Beim Neujahrskonzert dürfen die Puppen tanzen, das liebt die Nation, aber bitte keine Frühpension. Der Abbau der externen Lehrbeauftragten ist absehbar.

Oxford: Exzellenz nur für Privat-Unis?

Lord Patten (Kanzler der Uni Oxford) überlegt, dass Universitäten nur exzellent sein könnten wenn sie nicht im Öffentlichen Sektor sind: "Can we be world-class – can anyone be – without being privately funded as well as an independent institution, like the Ivy League universities?". — so wie ich’s lese ohne jeden Enthusiasmus die Frage mit ja zu beantworten.

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