gaku/plum

Zum Bericht über Wahlen (siehe gestern) gehört auch das Wahlergebnis: die Liste der “Gewerkschaftlichen Aktionsgemeinschaft Kritische Universität” (GAKU) und der “Plattform für Universitäre Mitbestimmung” (PLUM) (ergänzt durch die IG LektorInnen, stud. MitarbeiterInnen, Grüne, FSG und Unabhängige) errang 58% der Stimmen, 15 Mandate und die absolute Mehrheit im Betriebsrat der Universität Wien. Ein epochales Ergebnis, mit dem es an der Uni erstmals eine linke Mehrheit gibt.

Anlass zu einer kleinen Reminiszenz. Ab Mitte der 70-er Jahre, also mit Beginn meiner universitären Karriere, war ich in der GAKU engagiert. Eine kleine Gruppe vorwiegend unabhängiger Dissidenten vom herrschenden konservativen Konformismus. Auch die Hochschulreform 1976 änderte nicht viel an der vorwiegend mitte-rechts Ausrichtung des Universitätspersonals.

Zum Bruch kam es (wenn ich mich recht erinnere) Anfang der 80-er Jahre. Als Mitglieder der Personalkommission sprach ich mich gegen die Weiterbestellung einer Kollegin aus, die ihrer Aufgabe offensichtlich nicht gewachsen war, mit gewerkschaftlicher Unterstützung aber das Angebot einer Fixstelle im wissenschaftlichen Dienst ausschlug, um besser eingestuft zu werden. Der inzwischen verstorbene Michael Weinzierl teilte mir in einem peinlichen Gespräch den Ausschluss aus der Gruppierung mit – meine GAKU-Kollegin an der Fakultät hatte intrigiert.

Seit dieser unschönen Episode beobachtete ich das schrumpfende GAKU-Team mit einer Mischung aus Distanz und Wehmut. Eine Aktivität auf anderem Terrain begann vor einem Jahr: die Organisation einer Mitbestimmungsinitiative nach dem UG 2002. Resultat war die PLUM. Für die Wahlen zum Betriebsrat verbündete sie sich – siehe oben – mit der GAKU. Der Kreis schließt sich.

Anschauungsbeispiel

Ein schönes Anschauungsbeispiel für die neuen Rahmenbedingungen der Universitätsentwicklung ergab sich gestern abends in einer Besprechung zwischen Angehörigen der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft und Vizerektor Jurenitsch.

In einer umstrittenen Aktion hatte Justizminister Böhmdorfer das Handelsgericht aus der Riemergasse im 1. Bezirk abgesiedelt und dem Finanzminister einen hohen Erlös durch Verkauf des Gebäudes versprochen. Der war nicht zu realisieren. Die Bundesimmobiliengesellschaft blieb auf dem Objekt sitzen und bietet es der Universität zu günstigen Bedingungen zur Nutzung an.

Es handelt sich um 15.000 Quadratmeter Nutzfläche und Vizerektor Jurenitsch ist verständlicherweise daran interessiert, die Gelegenheit zu ergreifen, um die Raumsituation der Universität zu konsolidieren. Das Problem ist allerdings, dass die Riemergasse – gemessen am Hauptgebäude und Campus – am anderen Ende der Innenstadt liegt, deutlich entfernt vom Zentralbereich der Universität.

Die Planspiele des Rektorats zur Besiedelung der Immobilie ergaben, dass dort die theologischen Fakultäten, die Informatik und die Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaften untergebracht werden könnten. Die Pädagogik hat akute Probleme mit ihrem Standort in der Garnisonsgasse, die evangelische Theologie solche mit ihrer Bibliothek und die Informatik wünscht sich eine Konsolidierung ihrer verstreuten Lage. Der Plan des Vizerektors nimmt diese Schwierigkeiten zum Anlass, vier Fakultäten in das günstig angebotene Haus umzusiedeln.

Ökonomisch wird das wohl sinnvoll sein. Die theologischen Fakultäten und die Philosophie und Bildungswissenschaft sind einmütig dagegen. In einer mehrstündigen Besprechung machten sie Jurenitsch klar, was sie davon halten, als Dispositionsposten im Budget behandelt zu werden. Die Umsiedlung zwingt tausende Studierende zum Pendeln und zerreisst die Einbettung der betroffenen Wissenschaften in den Kontext der anderen geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen. Er setzt ein Signal dafür, dass Grundlagenforschung isoliert und externalisiert werden kann. Während im Entwicklungsplan explizit die Unterstützung von Grundlagenwissenschaften angeführt wird, erschwert er ihre Integration mit anderen Teilen der Universität und beeinträchtigt ihre Attraktivität für Studierende.

Die Abläufe an der Universität werden derzeit nach einem neuen Management-Modell umgestellt. Nach “Eckpunkten” folgen “Richtlinien” und “Fragenkataloge”, dann werden “Leistungsvereinbarungen” abgeschlossen. Man kann über dieses Verfahren geteilter Meinung sein, bemerkenswert am vorliegenden Fall ist die Tatsache, dass nichts davon zu sehen ist. Es wird über die Köpfe der Belegschaft hinweg geplant, gerechnet und verfügt.

Wenn es darum geht, das Globalbudget optimal auszunützen, sind Nettigkeiten wie die Erhebung real existierender Kooperationen, struktureller Nebenwirkungen oder die zeitgerechte Rückfrage bei Mitarbeiterinnen nicht vorgesehen. In den Aussendungen des Rektorates findet sich häufig die Aufforderung, aktiv an der Gestaltung der Universität mitzuwirken. Gemessen an der Veranstaltung gestern abends hat das folgenden Sinn: die Universitätsangehörigen sollen akzeptieren, dass sie in Zukunft je nach der Höhe des Mietpreises zwischen Gebäuden verschoben werden.

Ungleichgewichte

Die derzeitige Angleichung der Universitäten Österreichs an Wirtschaftunternehmen ergibt eine Anzahl von Unstimmigkeiten.

  • Lehrbeauftragte sind “im Betrieb” angestellt. Also müssen sie auch mitbestimmten können. Aber es ist unklar, unter welchen Bedingungen sie wählen dürfen und wie sie Prüfungen abhalten sollen, wenn sie (nach Ablauf des Lehrauftrags) in keinem Dienstverhältnis mehr stehen.

  • Die Universität ist ein “Unternehmen” von unvergleichlicher fachlicher Breite. Wie wird dort das Projektgeld gehandhabt? In Wien gibt es einen zentralen Stab zur Verwaltung sämtlicher Drittmittel-Gelder. Das funktioniert bisweilen äußerst zäh und ist von der Konzeption her geradezu sozialistisch.

  • Die Angestellten erhalten ihr Geld für eine Mischung aus Forschung, Lehre und Verwaltung. Wenn die Universität ihr Lehrangebot planen will, bräuchte der Vizerektor für die Lehre eine extra Budgetzuweisung. Das ist jedoch nicht aus dem allgemeinen Personalbudget herauszurechnen.

  • Eine gesellschaftliche “Leistung” der Universität ist die Vergabe von akademischen Graden. Traditionell werden die Gepflogenheiten der jeweiligen Wissenschaftsdisziplinen befolgt. Aus unternehmerischer Sicht gehört das gestrafft und überwacht. Das führt dazu, dass die Studienpräsidentin daran denkt, sich für alle Doktorate zuständig zu erklären. Wirkich ein weites Feld.

Adaptionsschwierigkeiten? Es dürfte sich eher um einen Systembruch handeln.

Projekt-Gedanken (2)

Was für eine Arbeit ist das Schreiben eines Projektentwurfes? Jedenfalls unterscheidet sie sich deutlich vom Verfassen eines wissenschaftlichen Beitrags.

Ministerin Gehrer hat vor einiger Zeit der jüdischen Kultusgemeinde Projektunterstützung angeboten. Darauf die Antwort: die Stelle eines Rabbiners ist kein Projektposten. Das hätten die Geldgeber gerne, die Disponibilität der Geförderten, sodass sie beim nächsten Budget schmerzlos gestrichen werden können.

Entsprechend der Inhalt der Entwürfe: orientiert an den jeweils aktuellen Themen. Das ist sicher nicht ganz verkehrt und mit Medienphilosophie ist man derzeit ganz gut im Rennen. Dennoch hat das einen Haken. Das Ausmanövrieren der eingespielten Wissenschaftskultur zugunsten externer, undurchsichtiger Einflüsse. “The character of the market at any given time is determined by the configuration of dominant forces that participate in it.” ((Pithamber R. Polsani) Z.B. der Österreichische Gewerbeverein. Der Zwang, aus Grundlagenforschungen und Reflexion ein verkaufbares Paket zu schnüren.

Es ist eine schwieriges Thema, weil es umgekehrt nicht darum gehen kann, die zweckfreie Weisheit zu zelebrieren.

Eröffnungsbilanz

Gestern schrieb Karl Gruber im Standard einen klugen Kommentar zum gegenwärtigen Budgetkonflikt zwischen Regierung und Rektorenkonferenz.

Wenn die Universitäten schon nach dem Muster von Wirtschaftsunternehmungen konzipiert werden, müssen vergleichbare finanzielle Regelungen gelten. Insbesondere kann man ihnen Aufgaben nur in Abhängigkeit vom Budget zumuten. Es gibt keine “Weltklasseuniversität” ohne Investition. Ohne Studienbeschränkungen wird sich bei sinkender AUsstattung nur xC4rger ergeben.

Der Sündenfall der Rektoren, denen die Beseitigung der ungeliebten Gremienuniversität nicht schnell genug gehen konnte, bestand darin, dass sie bereit waren, ihre Betriebe mit erheblichem Defizit zu übernehmen. Ein Jahr später beginnen sie sich öffentlich zu beschweren.

“Universität Wien 2010”

Gestern hat das Rektorat die Eckdaten veröffentlicht, die der Entwicklungsplanung der Fakultäten zu Grunde liegen werden. Ausserdem einen Fragenkatalog, in dem die Fakultäten Gelegenheit haben, ihr künftiges Profil zu bestimmen. Interessant ist z.B., dass an der juridischen Fakultät mehr Frauen als Männer im “nicht-habilitierten Mittelbau” beschäftigt sind. An der Fakultät für Lebenswissenschaften übersteigt der Frauenanteil bei den Drittmittelangestellten jenen der Männer deutlich. (Ob es wirklich, wie im Statistikblatt ausgewiesen, in der Fakultät für Sozialwissenschaften keinen einzigen männlichen Drittmittelangestellten gibt?) Insgesamt ist die Universität in den oberen Rängen aber nach wie vor eine Männerbastion.

xDCber diese Vorlage ist noch einiges zu schreiben. Eine erste Unfreundlichkeit für die Philosophie enthält er jedenfalls.

Vor zwei Jahren gab es eine Evaluation, die im Tenor recht positiv ausfiel. Dazu fand ein Gespräch mit Rektor Winckler statt, das auch protokolliert wurde. Das Protokoll hätte, nach den vom Rektorat selbst festgelegten Regeln, ans Institut geschickt und dort gegengezeichnet werden sollen. Das ist nicht geschehen. Seit 2002 steht dieser Prozess. Im jetzt erstellten Rektoratsapapier findet sich allerdings eine Version dieses Protokolls wieder. Zwei Jahre sind mittlerweile vergangen und die Verantwortlichen denken sich nichts dabei, eine veraltete Unterlage ohne jede Rückfrage als Planungsvorgabe an die Fakultät zu schicken.

typo3

Im Bereich der eLearning-Plattformen ist die Auseinandersetzung zwischen open source und kommerziellen Lösungen zugunsten WebCTs ausgegangen. Ein grauenhaftes pidgin zwischen Englisch und schlechtem Deutsch erwartet die Benutzer (m/w):

“Es wurden keine Inhaltsdateien erstellt. Verwenden Sie die unten stehenden Steuerelemente zum Erstellen einer/eines neuen Inhaltsdatei.”

“Only SCORM modules that contain gradable content for which Schülers are assigned a grade …”

“Meine Noten:
Sie haben momentan keine neuen Noten.” (will sagen: Notizen: “You can access your notebook by clicking the Notes icon from the Course Toolbar.”)

Aber es ist auch Positives zu berichten. Die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit kümmert sich unter anderem um die Abstimmung der Homepages der Fakultäten. Und siehe da: sie empfehlen Typo3. Da kann sich der ZID etwas abschauen.

Es macht ja auch wirklich Sinn. In einer halben Stunde ist eine typo3-Instanz aufgesetzt. Man kann es ausprobieren, man hat massenhaften Benutzerinnensupport am Internet, beträchtliche Synergien sind die Folge. Während der ZID seine (nach einigen Mühen erstellte) WebCT-Installation wieder abbauen musste, weil die Firma nur dann Garantie gewährleistet, wenn sie die Kontrolle behält. (Vergleiche: Bücher lesen nur nach Genehmigung von IBM.)

top down Mentoring

Ein Mitglied des Universitätsrates ist zurückgetreten, der Senat muss einen neuen Kandidaten benennen. Die dortige Professorenmehrheit hat zwei Personen durchgesetzt. Einer war unlängst beim Hearing.

Ein alter Arbeitskollege des Sprechers der Professorenkurie aus München. Auf die Frage nach den Stärken der Universität Wien antwortete er: die große Tradition. Und Schwächen? Kennt er noch keine. Durch strukturpolitische Überlegungen im Hochschulbereich ist er nicht bekannt geworden. Auf die Frage, warum er diese Position anstrebt, war die Antwort “Weil ich es ausprobieren will.”

Soviel zu den Qualitätskriterien der Professorenmehrheit im Senat.

Nostrifizierungsblues

Die Universität Wien legt Wert auf internationale Verbindungen und will die führende Universität im zentraleuropäischen Raum werden. Dazu müssen u.a. ausländische Studien angerechnet werden. Einstweilen, oder besser gesagt neuerdings, hakt es dabei, wie folgendes Beispiel zeigt.

Ab 1.10. ist das Prüfungsreferat der alten Geisteswissenschaftlichen Fakultät für Nostrifizierungen nicht mehr zuständig. Wohin wendet man sich mit einem solchen Anliegen? An die neuen Studienprogrammleiter (m/w). Ein leidgeprüfter SPL schreibt dazu:

Die Auskunft des Prüfungsreferat war gestern völlig korrekt, denn am Montag am Nachmittag wurden diese Kompetenzen dem Prüfungsreferat überfallsartig entzogen, den Studienplanleitern aber nicht zugeteilt. Diese hätten auch gar nicht die Infrastruktur für derartige Nostrifizierungen.

“Nach drei Tagen wilder Aufregung” ist der Entzug zurückgezogen und das “alte” Prüfungsreferat ist wieder für Nostrifizierungen und Anrechnungen zuständig.

Sollten die zentralen Stellen der Universität darauf bestehen, das alte geisteswissenschaftliche Prüfungsreferat zu zerschlagen, dessen Aufgaben den Studienprogrammleitern zuzuteilen, ohne diesen personelle und räumliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen, werden wahrscheinlich die geisteswissenschaftlichen StudienprogrammleiterInnen geschlossen zurücktreten müssen.

Die Stellungnahme schliesst mit der Bemerkung, dass eine Universität, in der funktionierende Strukturen ohne Ersatz beseitigt und Ressourcen derart verschleudert werden, nicht funktionieren kann.

Karrieremodell

Auf der mailing list “epoche” gibt es in den letzten Tagen eine Diskussion über das von Josef Broukal vorgestellte SPÖ-Modell für die Laufbahn von Universitätsangestellten. Zum hineinlesen.

Das Resultat formuliert J.Broukal, nachdem einige Missverständnissen und Unachtsamkeiten beseitigt worden sind, so:

Die SPÖ schlägt vor, die Hälfte aller wissenschaftlichen Uni-Stellen mit NEUER LAUFBAHN zu vergeben (gefällt mir besser als “tenure track”). Diese NEUE LAUFBAHN sieht in den ersten fünf Jahren keinen erhöhten Kündigungsschutz vor. Eine negative Evaluierung am Ende der fünf Jahre beendet das Dienstverhältnis. Nur eine positive Evaluierung führt in die nächste Stufe, “Junior Professor”, ab der ein erhöhter Kündigungsschutz gegeben ist: Das Dienstverhältnis kann nur beendet werden, wenn zwei Mal hintereinander die Evaluierung negativ ist.

Die andere Hälfte der wissenschaftlichen Stellen wird von Anfang an und deutlich ausgesprochen auf Zeit vergeben. Diese Dienstverhältnisse enden “kommentarlos”.