demokratiepolitisch

Walter Penits hat darauf hingewiesen, dass im Mitteilungsblatt keine detaillierten Wahlergebnisse veröffentlicht werden. Das hat Methode.

Auf Nachfrage hat man unserer Fakultät vom Rektorat mitgeteilt, dass weder die Wahlbeteiligung, noch die Stimmenverteilung bekanntgegeben werden darf – es sei denn, der Dekan genehmigt das.

Das passt zu einer Auskunft an einen Kollegen, der entsprechend eine wahlwerbende Gruppe die Mail-Adressen der Wahlberechtigten nur nach Zustimmung des Dekans erhält.

Das Rektorat hat also nach wie vor die zentralen Informationen, delegiert aber die Veröffentlichungspolitik an die Dekane (m/w). Nach dieser Logik wäre das Innenministerium zwar für die Datenevidenz zuständig, doch die einzelnen Landeshauptleute könnten bestimmen,was sie an die Öffentlichkeit gelangen lassen.

Dekansklausur

Am 1. Juni treffen sich die neu ernannten Dekane und Zentrumsleiter (m/w) der Universität zu einer Klausurtagung im Hotel Hilton. Das Rektorat hat offensichtlich einen Sponsor gefunden. Eine solche Zusammenkunft aus dem Budget zu finanzieren, scheint mir doch zu absurd. Das Ereignis ist dennoch problematisch.

Dem Schatten antwortet das Licht. Die negative Seite besteht in Einkommenskürzungen für Studienassistenten und Lektorinnen. Dagegen wird die neue Führungsgarnitur ins Nobelhotel gebeten.

Es ist ein einprägsames Beispiel des xDCbergangs von der kollegial verfassten Universität, die wir kannten, zu einem Unternehmen, dessen Abteilungsleiter darauf achten müssen, dass ihnen genügend Prestige zur Verfügung steht, “unpopuläre Massnahmen” zu ergreifen. In der Diskussion Über den Organisationsplan wurde das Leitungsmodell, nach dem wir nun operieren, als “der Sultan und seine Wesire” bezeichnet. Das Hilton ist ein guter Ort, die neue Machtstruktur zu signalisieren.

Ausserdem erspart man sich xC4rger. Sollte es zu Demonstrationen kommen, erledigt das der hauseigene Wachdienst.

Frauen in Führungspositionen

Die Vizerektorin der Universität, Martha Sebök, sorgt sich über die geringe Anzahl der Frauen, die in den Dekansvorschlägen zu finden waren. Sie ruft in einem Rundbrief dazu auf, nach Möglichkeit weibliche Kandidatinnen für die Fakultätskonferenzen aufzustellen:

Zitat:

Demnächst finden die wichtigen Wahlen zu den Fakultäts- und Zentrumskonferenzen statt. Die Universität Wien verfügt über eine große Zahl hoch qualifizierter Frauen. Ich ersuche Sie daher, bei Ihrer Entscheidungsfindung auf den gesetzlichen Auftrag und die Zielsetzung der Universität Bedacht zu nehmen und zu einem ausgewogenen Geschlechterverhältnis in allen Gremien der Universität beizutragen.

Was für eine Chuzpe. Die Universitätsleitung hat die Termine für die Erstellung der Listen extraknapp bemessen. Ein auch nur annähernd repräsentativer Auswahlprozess konnte auf diese Weise nicht zustande kommen. Aber damit nicht genug. Einen Tag vor dem Einreichschluss für Listen an unserer Fakultät kommt sie mit dem Wunsch nach verstärkter Frauenbeteiligung. (An anderen Fakultäten ist der Termin bereits verstrichen.) Soetwas nennt man Alibiaktion.

auch anderswo

Als Gastwissenschafter in Bergen, Norwegen, entkommt man den hochschulpolitischen Umwälzungen nicht. Gestern im Institut für Wissenschaftsphilosophie im Seminarraum, bevor der Vortrag begann, hörte ich eine Geschichte, die auch in Wien aktuell werden wird. Die Immobilienpreise sind im Moment sehr hoch, das Haus wird von der Universität verkauft werden. Das Institut zieht dann an einen erheblich reduzierten Ort, in der es auch keinen Seminarraum mehr geben wird. So geht es, wenn Universitäten Wirtschaftsunternehmen sind.

Das Projektzentrum, in dem ich arbeite, ist auch ein einschlägiges Beispiel. Es gibt keine festen Anstellungen. Die Leute werden beschäftigt, soweit es Drittmittel gibt. Wenn diese ausgehen, werden sie entlassen. Man kann sich ausmalen, welche Auswirkungen das auf die Forschungsinhalte hat.

schamlos

Karl Ille beschreibt die Sparmaßnahmen im Bereich der Lehraufträge:

“Die leider bereits in der Betriebsvereinbarung akkordierte Herabsetzung der Remunerationsstufe (von Remuneration A auf RemunerationB) des wissenschaftlichen Unterrichts seitens externer Lehrender, dem von der jeweiligen Studienprogrammleitung nicht das Praedikat “besonders innovativ” verliehen wird (dieses Syntagma ist keine polemische Verknuepfung meinerseits, sondern tatsaechlich Textbestandteil der Betriebsvereinbarung) wird – falls dies wirklich so umgesetzt wird – zur Folge haben, dass die hiervon betroffene Kollegenschaft beispielsweise fuer eine zweistuendige Lehrveranstaltung (die nur “innovativ”, aber nicht “besonders innovativ” ist) statt bisher E 2.390,20 nur noch E 1.812,00 erhaelt und damit einen Bruttoverlust von exakt E 578,20 pro LV und Semester erleidet. Die nur mit einer zweistuendigen LV betrauten Kolleginnen und Kollegen verlieren gleichzeitig den Sozialversicherungsschutz, da die monatlichen Bruttobetraege von E 398,30 auf E 259,00 (x 7) reduziert werden und damit unter der Geringfuegigkeitsgrenze des monatlichen Bruttobetrags von E 317,00 liegen. Hier besteht wirklich akuter Handlungsbedarf, wollen wir nicht einfach in Kauf nehmen, dass das Institut einige seiner besten Lehrenden durch eine inakzeptable Neuregelung verliert.”

Als mehrfach für “innovative Lehre” prämierter Hocschullehrer finde ich es besonders verwerflich, das Anliegen, einen experimentellen, elektronisch unterstützten Unterricht zu fördern, auf diese Weise zur Strafaktion werden zu lassen.

die Folgen der bösen Tat

Durch eine Regelung, die dem Institut nicht mitgeteilt wurde, benutzt die Politologie hier einen Hörsaal. Wir berichteten. Die folgende Episode spielte sich eben im Institutssekretariat ab.

Ein ausländischer Student mit Verständigungsschwiergkeiten wollte unbedingt mit einer Hochschullehrerin —Name unverständlich — sprechen. Es handelte sich, wie sich nach einiger Zeit herausstellte, um eine Lehrveranstaltung der Politologie. Wir versuchten, ihm klarzumachen, dass wir die Dame nicht kennen und unzuständig sind. “Aber die Vorlesung findet doch hier statt. Ich will das jetzt von Ihnen wissen”. Unmöglich, ihm klar zu machen, dass es nicht darum ging, ihn abzuwimmeln.

Osterei zwei

Die Sonderbarkeit der Regelung, nach der Gastprofessoren (m/w) den Dekansvorschlag mitbestimmen, ist in meinem vorigen Eintrag vielleicht noch nicht deutlich genug geworden.

Vergangenes Jahr hatte ich eine Gastprofessur in Klagenfurt. Ich hielt zwei Freitag-Samstag-Blockveranstaltungen, den Rest Über Tele-Teaching. Weder kenne ich die Situation der Universität, noch die Lage der Fakultäten, dennoch bin ich in einem solchen Fall dazu befugt, dort hochrangige Personalentscheidungen zu beeinflussen. Der Klagenfurter Verantwortliche hat mich in den Entscheidungsprozess einzubeziehen.

In der Liste der Gastprofessoren der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaften scheint ein Herr Maurice Grindberg auf. Er ist nach der einschlägigen Datenbankabfrage an der Universität Wien unbekannt. Aber er kann Dekan werden, so wie Seizo Sekine, ein Kollege aus Tokio, der hier für ein Semster lehrt. Eine solche Regelung kann nicht vernünftig genannt werden. Die wahrscheinliche Erklärung: schlampige Gesetzgebung.

Post-Demokratie

In der gegenwärtigen Nummer des “London Review of Books” schreibt Richard Rorty von seiner Befürchtung, dass der Westen als Reaktion auf die Terroranschläge das demokratische System der letzten 200 Jahre rückgängig machen könnte. Nicht unvorstellbar sei es, dass Historikerinnen in Zukunft darüber schreiben, unter welchen speziellen Umständen eine “goldene Zeit” der Zivilgesellschaft geherrscht habe und wie sie kollabierte.

Ein wenig etwas trifft auf die Partizipation im Universitätsbereich zu. Sie ist Vergangenheit und in Kürze wird es die ersten Untersuchungen geben, wie es zu ihr gekommen ist und warum sie sich vergleichsweise einfach beseitigen liess.

Rückmeldungen

Das Büro des akademischen Senates klagt darüber, dass der Kontakt zu einigen Fakultäten praktisch abgebrochen ist. Trotz mehrerer Telefonate ist es unmöglich, Nominierungen für wichtige Kommissionen zu erhalten. Den Fakultäten wiederum sind die Kontakte zu den Instituten, die mit zahlreichen anderen Aufgaben überlastet sind, abhanden gekommen.

Das kommt daher, dass die alten Fakultäten nicht in den Prozess der Umorganisation einbezogen wurden. Entsprechend unwichtig ist es den auslaufenden Institutionen, wie die neuen zurecht kommen.

Ein anderes Beispiel fehlender Rückmeldung ist das lokale Hörsaalproblem am Institut für Philosophie. Mit Hilfe der Beteiligten hat sich jetzt aufgeklärt, warum im Hörsaal 3D plötzlich ohne weiteren Kommentar politologische Lehrveranstaltungen untergebracht wurden. Vor einigen Monaten gab es eine Absprache zwischen Vizerektor, Geographie und Politologie, in der die Geographen ihren Anteil an die Politologen weitergaben. Niemand hat an eine Rückmeldung an die Philosophie gedacht.

Ein prominentes Argument für dieses Vorgehen: kein Institut hat Anrecht auf “seine” Räumlichkeiten, sie werden nach Bedarf zugeteilt. Das klingt ja flott und ganz im Sinn verbesserter Ressourcenplanung. Aber ohne administrative Infrastruktur wird es nicht funktionieren.

Wenn die Ressourcen ohne Benachrichtigung der bisher Zuständigen verschoben werden, muss es auch einen Mechanismus geben, diese Eingriffe zu verwalten. Eine zentrale Stelle, an die man sich bei Platzmangel richten kann und die auch regelt, wer welche Schlüssel erhält und für den Betrieb der Maschinen verantwortlich und haftbar ist. Es reicht nicht aus, eine neue Ordnung zu dekretieren, ohne sich nicht darum zu kümmern, wer sie umsetzt.

Organis{mus|ationsplan}

Im Gespräch mit dem Vorsitzenden des Senates ein Bild für den derzeitigen Zustand der Universität. Es gibt einen Kopf ohne Nervenverbindung zu den Gliedmaßen, sprich einen Senat aber keine (neuen) Fakultäten. Die wohlmeinende Auslegung wäre: der Organismus entwickelt sich so, dass die Informationskanäle gleichzeitig zum Wachstum der Organe gebahnt werden.

Es gibt auch eine weniger zuversichtliche Betrachtungsweise, nämlich dass diesem Körper die Glieder abhanden kommen. Dann würde die Universität aus lauter Prothesen bestehen.