Zugangsbeschränkungen rekursiv.

Heute im Plenum des Audimax drehte sich ein Teil der Diskussion um die Frage, ob der Zugang zur Galerie aus technischen Gründen (Einsturzgefahr) beschränkt wird und wie man das handhabt. Gestern beim Bauchklang-Konzert gab es eine Überfüllung der Galerie. Die AG Krisenintervention ist unmittelbar eingeschritten und hat die Galerie abgesperrt. Außerdem seien im Falle eines Brandfalles die Fluchtwege nicht frei gewesen, weil alle Wege hoffnungslos überfüllt waren.

galerie. zugangsbeschränkt?

Das ist ein Punkt, wo man sieht, dass es Informationen gibt, die nicht einfach ignoriert werden können, und die anstelle einer breiten Diskussion unmittelbaren Handlungsbedarf erfordern. Die Unis brennen nicht umsonst: Wir haben gehandelt und stören den regulären Universitätsbetrieb. Jetzt können wir diskutieren. Doch der geschaffene Freiraum unterliegt selbst Einschränkungen, mit denen wir umgehen müssen.

Während der Diskussion um die überfüllte Galerie ergaben sich Wortmeldungen, welche ich frei aus dem Gedächtnis wiedergebe und die generell die Schwierigkeit von mangelnden Ressourcen und ihre gerechte Verteilung zeigen:

  • Es kann nicht sein, dass wir eine überschaubare Runde beim Plenum vor dem Bauchklang-Konzert waren, und danach Party-Leute (die durch die FM4-Durchsage in Massen hergeströmt sind) die Bude stürmen.
  • Die Bewegung lebt davon, dass immer wieder neue Leute herkommen und uns besuchen. So stellt man einen Erstkontakt her und hält die Bewegung frisch.
  • Wir sollten jene Leute, die keinen Sitzplatz mehr im Audimax (unten sowie auf der Galerie) gefunden haben, bitten, den Raum zu verlassen.
  • Von der AG Krisenintervention: Unter den Leuten die am Abend zu den Partys gehen, sind nun einmal – mitunter bedingt durch übermäßigen Alkohol entschuldigt den Ausdruck, aber es ist so – immer wieder ein paar Volltrottln dabei. Ich habe zu einer Person gesagt, dass sie wegen Einsturzgefahr nicht mehr zur Galerie hinauf darf. Darauf kontert sie mit mit einer logischen Klarheit, wie ich sie selten gesehen habe: “Aber meine Freunde sind auch oben”. Was soll man darauf noch sagen?
  • Es wäre gut, das nächste Mal FM4 zu bitten, nicht mehr auf unsere Events hinzuweisen.
  • Wir sollten uns nicht von der Gesellschaft abschotten. Es muss andere Lösungen geben.
  • AG Krisenintervention: Würden sich Leute bereit erklären, bei der Galerie als Türsteherinnen zu fungieren bzw. wie ist das Stimmungsbild zu dieser Maßnahme?

Einerseits möchte man gerne Personen, die keinen Vandalismus verursachen, die vernünftig und einsichtig sind und die bei den Arbeitsgruppen mitwirken. Personen, die sich an das Rauchverbot halten, die ihren eigenen Müll wegräumen und wissen, wann sie genug Alkohol getrunken haben.

Andererseits kann man die anderen Leute schwer abhalten, herzukommen – da die Besetzung etwas ist,  bei der alle Bevölkerungsschichten partizipieren können sollen – das ist ja ein wesentlicher Gedanke der Basisdemokratie oder von öffentlichen Einrichtungen.

kein Bier

In gewisser Weise eine ähnliche Problematik wie bei freier Bildung:

  • Die Uni möchte keine Bummelstudierende (Leute, die nur zu Bauchklang kommen, und dann wieder gehen und nichts außer ihren Müll dalassen).
  • Die Studierenden sollen sich schön auf alle Studienrichtungen verteilen. Eine Möglichkeit wäre,  bei stark überlaufenen Studienrichtungen einfach die Zahl der Studierenden einzuschränken (also bei Stoßzeiten weniger Leute auf die Galerie zu lassen).
  • Das ist aber eine Freiheitseinschränkung; ein Hindernis zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und eine Hemmung der gesellschaftlichen Entwicklung. Was aber soll man tun, wenn durch das miese Betreuungsverhältnis die Rede von akademischer Bildung und Ausbildung zu einer Farce wird (und man Tote oder Verletzte durch den Einsturz der Galerie riskiert)?

Peter Purgathofer hat vor ein paar Tagen im besetzten HS1 der TU (Freihaus) in etwa gesagt: Es gibt keine Auswahlverfahren, um jene Studierenden zu bekommen die man gerne hätte, um konstruktiv zusammenzuarbeiten. Man kriegt durch diese Selektion nur die Leute, die gut auswendig lernen können oder die in Prüfungssituationen geübt sind, oder die das Auswahlverfahren überlisten, etc.

Es handelt sich in der Politik (auch in der Hochschulpolitik) um Regulierung, damit möglichst alle miteinander leben können. Die wichtigste Eigenschaft sehe ich darin, aktuelle Informationen so schnell wie möglich in bestehende Regelkreise miteinzubeziehen. Wenn die Galerie unter Einsturzgefahr ist, kann man nicht darüber diskutieren, was man tut, sondern muss handeln – obwohl (!) man prinzipiell  diskutieren müsste (da man das Optimum nicht gefunden hat). Wenn die kritische Phase vorüber ist, kann man diskutieren, ohne jedoch vor dem Eintritt von weiteren kritischen Phasen gefeit zu sein. Das Problem tritt – weniger komplex, jeodch nicht weniger dramatisch – erneut auf. Ich belasse es in Ermangelung eines Résumés dabei.

5 thoughts on “Zugangsbeschränkungen rekursiv.

  1. “Die Uni möchte keine Bummelstudierende (Leute, die nur zu Bauchklang kommen, und dann wieder gehen und nichts außer ihren Müll dalassen).”

    es ist nicht so klar, ob die explikation in klammern nur eine wiedergabe ist oder aber von andyk selbst stammt. in beiden fällen: martin blumenau hat vor ein paar tagen einen interessante apologie des “drop out-studierenden” im audimax formuliert: http://unsereuni.at/?p=6922 bzw. http://fm4.orf.at/stories/1631330/

  2. Die Handlungsnotwendigkeit im Audimax bleibt lokal. Umgelegt auf Zugangsbeschränkungen zu Studien ergibt sich da aber das Zusatzproblem, dass Regelungen zentralisiert und universitätsweit (oder gar österreichweit) vorgenommen werden (oder werden müssen oder werden sollen, das sei dahingestellt).

    Das bringt Schwierigkeiten, weil man gerade nicht mehr auf möglicherweise fachspezifische Notfälle mit spezifisch angepassten Lösungen antworten kann. Ein gutes Beispiel dafür ist die neue Regelung an der Universität Wien, wie mit der Betreung von Arbeiten durch Nicht-Habilitierte umgegangen wird – offenbar nur deshalb, weil es in einem Fach Probleme gibt, wird universitätsweit ein aufwändiges Verfahren eingeführt. Das ist ein Strukturproblem, das, denke ich, mit Zentralisierung und Hierarchisierung zu tun hat.

    Purgatshofers Argument gegen Aufnahmeverfahren leuchtet mir nicht ganz ein. Ich denke schon, dass man in der Lage sein kann, in der Diskussion mit Bewerbern/-innen diejenigen zu identifizieren, mit denen man arbeiten kann und möchte, ohne die Auswendiglerner zu privilegieren. Aber freilich nur, wenn die Verfahren überschaubar sind (keine Massenabfertigung) und intensive Kommunikationsprozesse beinhalten, in denen Kandidaten Fehler, die sie in einer Streßsituation gemacht haben, wieder wettmachen können. Das ist dann wieder eine Frage von Ressourcen (Zeit und Aufmerksamkeit).

  3. @d:
    Die Aussagen in den Klammern sollen auf eine strukturelle Ähnlichkeit hinweisen. Sowohl bei der öffentlichen Institution Universität als auch bei der Besetzung wird von manchen Seiten der (verständliche) Wunsch geäußert, dass die partizipierenden Leute entsprechend der eigenen Logik partizipieren; also so handeln und reden, dass sich ein Minimalverständnis über den Sinn der Existenz einer Universität oder einer Besetzung zeigt.

    @BirgitK:
    “Die Handlungsnotwendigkeit im Audimax bleibt lokal. Umgelegt auf Zugangsbeschränkungen zu Studien ergibt sich da aber das Zusatzproblem, dass Regelungen zentralisiert und universitätsweit (oder gar österreichweit) vorgenommen werden (oder werden müssen oder werden sollen, das sei dahingestellt).”

    Hier wäre die Frage zu klären, warum die Regelungen zentralisiert vorgenommen werden (müssen)? Ein Vorteil der Autonomie der Unis müsste doch sein, dass der lokale Handlungsspielraum vergrößert wird? Dadurch wäre entsprechend die Möglichkeit gegeben, kreative lokale Lösungen zu finden. Das erfordert aber viel Koordinationsaufwand und Kraftanstrengungen einzelner Personen.

    Durch die kritische Lage beim Bauchklang-Konzert bleibt die Galerie nun generell geschlossenen und im Moment wundern sich Leute, welchen Sinn es hat, die Galerie auch zu weniger-frequentierten Zeiten völlig geschlossen zu halten, vor allem, weil das der einzige Platz im Audimax ist, wo das Rauchen nicht verboten ist. Das Problem wurde also zunächst mal suspendiert (was wohl damit zusammenhängt, dass die Besetzerinnen nicht im Besitz des Schlüssels zur Galerie sind. Das Anfordern des Schlüssels zu kritischen Situationen würde zu lange dauern).

    Ich finde das außerdem strukturell interessant… das ist wie wenn jemand – weil es Missstände im Studium gibt, die sich unter Anderem durch überfüllte Hörsäle zeigen – das Audimax besetzt, um auf die kritische Lage hinzuweisen. Und dann gibt es Leute, die sich darüber aufregen, warum das Audimax nun gar nicht mehr für den regulären Vorlesungsbetrieb verfügbar ist, nur weil es zu manchen Zeiten überfüllte Hörsäle gibt; sie meinen, da müsste man einfach den Zugang regulieren und da bringt es nichts, den normalen Vorlesungsbetrieb zu stören.

    Man kann das Symptom bekämpfen oder überlegen, welche Umstände dazu geführt haben.

  4. Genau: Warum werden Regelungen zentralisiert vorgenommen, und warum müssen sie es? Und: Welche müssen zentralisiert vorgenommen werden?

    Das sind große Fragen. Sie lassen sich aber grundsätzlich, denke ich, mit der Einführung von Hierarchien ohne Mitsprache verbinden. Je weniger untergeordnete Einheiten lokal entscheiden können, umso mehr wird von übergeordneten entschieden, und dann eben zentraler.

    Das hat Vorteile: Es verhindert “Wildwuchs” (und atmosphärisch scheint es, als würde Heterogenität gegenwärtig vornehmlich als unerwünschter und zu begradigender Wildwuchs rezipiert; hinzu kommt ein Gerechtigkeitsverständnis, das Gerechtigkeit nur durch formale Gleichheit realisierbar sieht – ich sage das jetzt einfach so pauschal, ohne Akteursdifferenzierung). Es schafft in der Theorie Klarheit, weil alle wissen, an welche gleichen Regeln sie sich zu halten haben.

    Es hat Nachteile: Man produziert viele Kollateralschäden, von denen man nichts weiß, weil die Kommunikation von unten nach oben nicht funktioniert. Und in der Praxis wird die geregelte Gleichheit durch informelle “Workarounds” sowieso ausgehebelt.

    Dazu kommt immer das Kostenargument, da angenommen wird, dass Ausnahmen von der Regel immer mehr kosten (und die Kollateralschäden ja nicht beziffert werden, weil man sie nicht kennt). Mir scheint das angreifbar.

  5. Zur Zentralisierung am Beispiel Betreuung von Diplomarbeiten durch Nicht-Habilitierte.

    Da ist es tatsächlich so, dass seit jetzt schon mehr als einem Jahr ein einziger Konfliktbereich sehr viele Leute beschäftigt. Die zuständige Stelle hat nicht mehr anders zu regieren gewußt, als für die ganze Universität schärfere Regeln vorzuschreiben. Das war (wie anders) unverhältnismäßig und ich stand vor der Frage, ob und wie laut ich etwas dazu sage.

    Man hätte lautstark protestieren können. Stattdessen habe ich ein Gespräch gesucht. Das hat dazu geführt, dass die Regeln geklärt und nachvollziehbarer gestaltet worden sind, sozusagen im Stillen.

    Vernunft ist nicht immer die einzige Instanz bei Entscheidungen. Gerade wenn das obrigkeitliche Ausnützen der Vernunft durch eine Massenbewegung seiner Partialität überführt wird. Allerdings wird dann die Luft ziemlich dünn – nicht nur durch Rauchen.

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