Bewegliche Ziele

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Hin und wieder teile ich über die “Gefällt mir”-Funktion von Facebook meinen Kontakten mit, welche Artefakte oder Themen mich beschäftigen. Vor einigen Wochen habe ich den Film “Still Life” von Uberto Pasolini auf diese Weise geteilt. Ich gab den Titel in die Suchbox ein, und es erschien ein Bild des Protagonisten John Mae (gespielt von Eddie Marsan), der untrennbar mit dem Film verbunden ist. Ein Klick auf “Gefällt mir” bewirkt einen Eintrag auf meinem Profil, der stellvertretend für die Aussage steht: “Still Life ist ein guter Film.”

Heute sehe ich ein unbekanntes Bild über dem Text “Still Life” bei den “Gefällt mir”-Angaben: Zwei Asiaten auf einem Motorrad.

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Ein Klick auf das Bild ergibt, dass der Film von Uberto Pasolini mit dem gleichnamigen Film des chinesischen Regisseurs “Jia Zhangke” zusammengelegt wurde. Das stört den Bezug zum guten Film den ich auf meinem Profil herstellen wollte. Sogar das Icon, das stellvertretend für den guten Film steht, hat sich verändert.

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“in alten Fahrwassern”

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Andreas Kirchner schreibt im vorigen Beitrag über die Geschichtspflege in der Philosophie. Zeitgleich ist die letzte Ausgabe von Information Philosophie erschienen, in der Konrad Liessmann den Hauptessay beisteuert. Die “Information Philosophie” ist (sympathischer Weise) so unzeitgemäß, dass sie (im Moment) noch nicht einmal das Inhaltsverzeichnis am Netz hat. Der Titel des Aufsatzes sei verraten: “Vom Nutzen und Nachteil des Denkens für das Leben”. Und er beginnt, wie zu erwarten, mit Nietzsche und der Unzeitgemäßheit der Philosophie.

Ich verrate auch die Pointe des Essays. Die Philosophie möge sich darauf besinnen:

… dass eine ihrer wesentlichen Aufgaben nicht darin besteht, die Menschen glücklich zu machen oder mit Sinn auszustatten, sondern sie – wenigstens hin und wieder – zu betrüben.”

Eine bemerkenswert klarsichtige Beschreibung der Rolle der Philosophie im Feuilleton. Dazu ein Aufwand von Nietzsche zu Goethe zu Epiktet zu Vico zu Hegel zu Dilthey zu Hugo von Hofmannsthal. Eine vielgestaltige Schlauchverbindung. Andreas: “Alte Schläuche können brechen – beim neuen Wein. Es ist keine Notwendigkeit, dass das Überlieferte Entscheidungen in der aktuellen Lage vorwegnimmt.”

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Zur Leichtigkeit des Seins

Jeder Schüler kann in der Physikstunde durch Versuche nachprüfen, ob eine wissenschaftliche Hypothese stimmt. Der Mensch aber lebt nur ein Leben, er hat keine Möglichkeit, die Richtigkeit der Hypothese in einem Versuch zu beweisen. Deshalb wird er nie erfahren, ob es richtig oder falsch war, seinem Gefühl gehorcht zu haben.

Wenn man in der Schweiz Universität sagt, dann meint man in der Regel eine der beiden technischen Universitäten: die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ) oder die École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL). Anders gesagt, das Verständnis von Universität ist ingenieurswissenschaftlich geprägt. Unterwegs im Zug überquere ich den “Röstigraben”. So fasst man die gefühlten Unterschiede zwischen der Romandie und la Suisse Alémanique zusammen. Es ist eine spezielle Erfahrung: Formal ändert sich fast nichts und doch fühlt es sich anders an. Ich sitze im selben Zug im selben Land. In Lausanne hörte man die Durchsagen zuerst auf Französisch dann auf Deutsch und Englisch. Nach Fribourg/Freiburg wechseln Französisch und Deutsch die Plätze. Auch die Fahrgäste sprechen plötzlich überwiegend etwas dem Deutschen Ähnliches. Die Dynamik (Geräusche, Bewegungen) ändert sich. Dann erreicht mich die folgende Meldung:

Leicht nehme ich diese Meldung nicht und weiß gar nicht wo ich anfangen soll.

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Die Sprengkraft der Kausalität beim frühen Kant

Kontext: Diskussion um den Handschuh

Gerade lese ich ein Vorlesungsskript von Richard Heinrich “Kant und die Methode der Philosophie”, die das Thema um den Satz vom Widerspruch für mich ein wenig relativiert. Da zeigt sich, dass neben der logischen Entgegensetzung,  aus der ein Widerspurch und  damit “das Nichts” folgt (bzw. in modernen Logik-Systemen, jede beliebige Aussage), im Kontext mit dem Begriff der Kausalität eine andere Art von Entgegensetzung sichtbar wurde, wo aus der Entgegensetzung zwar eine Aufhebung erfolgt, die aber selbst etwas ist: die Realrepugnanz.

Wenn zwei Personen mit gleich großer Kraft an zwei entgegengesetzten Enden eines Seils ziehen, so ändern sie nicht ihre Position, weil die Kräfte entgegen gesetzt sind und sich gleichsam aufheben. Trotzdem ist nicht die eine Kraft richtig, die andere nichtig (wie das auf der logischen Ebene der Fall wäre), sondern beide sind etwas und ergeben sich zu 0, was selbst wieder etwas ist.

Kant interessiert hier nur der spezielle (harmonische?) Fall, wo sich die Kräfte zu 0 aufheben. So wie ich die Welt erlebe, sitzt aber meist eine Kraft am längeren Ast und zieht die andere zu sich; also eine gewisse Asymmetrie. (Vgl. Differenztheorie: Unterscheidung in zwei Seiten und Bezeichnung einer Seite; was Form/Inhalt  ablöst zugunsten Medium und Form)

Gerechtigkeit ist unfair. Temporallogische Abfahrt

Eine neue Episode mit Impressionen aus Foliensätzen. Zwei Bilder und eine Formel aus einem Foliensatz über Zeitlogik zum Zwecke einer Überprüfung der Fairness-Eigenschaft, das ist der “gleichberechtigte und gleichmäßige Zugriff aller Teilnehmer eines Netzwerks auf die vorhandenen Netzwerkressourcen”.

Die beiden Bilder scheinen auf den ersten Blick recht ähnlich, doch die Suche nach dem Unterschied hat mich zu einem unerwarteten Gedankensprung geführt. Genauer geschah das, als ich um eine Interpretation der folgenden Formel rang:

Nach dem Break wird irgendwie zu rekonstruieren versucht, wohin der Sprung geführt hat, nämlich in poststrukturalistisches Gelände: Geisel, Alterität und Derrida’sche Gerechtigkeit.  Ob das gelingt?

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“… der Landmann langsamen Schrittes …”

Das Denken legt mit seinem Sagen unscheinbare Furchen in die Sprache. Sie sind noch unscheinbarer als die Furchen, die der Landmann langsamen Schrittes durch das Feld zieht.

So endet Martin Heideggers “Brief über den Humanismus” (in den Wegmarken). Glatter Kitsch, aber bei Heidegger sind oft auch Überraschungen dabei.

Das Denken und sein Sagen. Das ist keine Argumentation und keine Untersuchung. Keine Analyse und keine Interpretation. Es heißt, den Suggestionen der Sprache entlang zu hanteln. Sprachliche Möglichkeiten aufzuackern. Es fragt sich allerdings, wieso das im ausgezeichneten Sinn “denken” heißt. Ich würde eher sagen: Heidegger geht auf Aufriss.

Zugangsbeschränkungen rekursiv.

Heute im Plenum des Audimax drehte sich ein Teil der Diskussion um die Frage, ob der Zugang zur Galerie aus technischen Gründen (Einsturzgefahr) beschränkt wird und wie man das handhabt. Gestern beim Bauchklang-Konzert gab es eine Überfüllung der Galerie. Die AG Krisenintervention ist unmittelbar eingeschritten und hat die Galerie abgesperrt. Außerdem seien im Falle eines Brandfalles die Fluchtwege nicht frei gewesen, weil alle Wege hoffnungslos überfüllt waren.

galerie. zugangsbeschränkt?

Das ist ein Punkt, wo man sieht, dass es Informationen gibt, die nicht einfach ignoriert werden können, und die anstelle einer breiten Diskussion unmittelbaren Handlungsbedarf erfordern. Die Unis brennen nicht umsonst: Wir haben gehandelt und stören den regulären Universitätsbetrieb. Jetzt können wir diskutieren. Doch der geschaffene Freiraum unterliegt selbst Einschränkungen, mit denen wir umgehen müssen.

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