Tempel kaputt?

In diesem Blog gibt es einen instruktiven Beitrag zu Badiou. Die Wahrheit als Ereignis. Daran anknüpfend werden hier weitere Überlegungen zu Badiou angestellt werden. Sie halten sich an den Beginn von Das Sein und das Ereignis.

Badiou beginnt mit einem Hinweis auf Parmenides. Er stellt als These vor:

  1. was sich darstellt ist wesentlich vielfältig
  2. was sich darstellt ist wesentlich eines

Die Sätze bilden “das Eingangsportal eines zerstörten Tempels”. Sie lassen sich nämlich zu einer anscheinend ausweglosen Dialektik verbinden. Nach (2) denken wir uns eines, das einer Darstellung zugrund liegt, nach (1) denken wir, dass die Darstellung sich in einem zusätzlichen Medium abspielt und dem Dargestellten jedenfalls weiteres hinzufügt. Wie kann das zusammenpassen? Das Eine verliert sich im Vielen, welches seinerseits nicht zum Einen kommen kann.

Badiou beginnt mit einer sehr stilisierten Sicht auf Parmenides. Es lohnt sich, näher hinzusehen.

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Die Sprengkraft der Kausalität beim frühen Kant

Kontext: Diskussion um den Handschuh

Gerade lese ich ein Vorlesungsskript von Richard Heinrich “Kant und die Methode der Philosophie”, die das Thema um den Satz vom Widerspruch für mich ein wenig relativiert. Da zeigt sich, dass neben der logischen Entgegensetzung,  aus der ein Widerspurch und  damit “das Nichts” folgt (bzw. in modernen Logik-Systemen, jede beliebige Aussage), im Kontext mit dem Begriff der Kausalität eine andere Art von Entgegensetzung sichtbar wurde, wo aus der Entgegensetzung zwar eine Aufhebung erfolgt, die aber selbst etwas ist: die Realrepugnanz.

Wenn zwei Personen mit gleich großer Kraft an zwei entgegengesetzten Enden eines Seils ziehen, so ändern sie nicht ihre Position, weil die Kräfte entgegen gesetzt sind und sich gleichsam aufheben. Trotzdem ist nicht die eine Kraft richtig, die andere nichtig (wie das auf der logischen Ebene der Fall wäre), sondern beide sind etwas und ergeben sich zu 0, was selbst wieder etwas ist.

Kant interessiert hier nur der spezielle (harmonische?) Fall, wo sich die Kräfte zu 0 aufheben. So wie ich die Welt erlebe, sitzt aber meist eine Kraft am längeren Ast und zieht die andere zu sich; also eine gewisse Asymmetrie. (Vgl. Differenztheorie: Unterscheidung in zwei Seiten und Bezeichnung einer Seite; was Form/Inhalt  ablöst zugunsten Medium und Form)

Der Schein billiger Überlegenheit

Habe mich vor ein paar Tagen mit Werken und Vorlesungen von Heidegger für die Semesterferien eingedeckt, eigentlich mit dem Ziel, eine kleine Arbeit über die Aristoteles-Interpretation von Heidegger (speziell für das Werk “Peri Hermeneias”) zu beginnen, die sich für das entsprechende Lektüreproseminar verwerten lässt.

Als jemand, der eine vage Vorstellung von der geschichtlichen Entwicklung der Logik bis zu ihrer Operationalisierung in der Informatik hat, ist mir GA 38 “Logik als die Frage nach dem Wesen der Sprache” ins Auge gesprungen. Leider muss man da schon in §1.c.alpha folgendes lesen:

“>A ist B< und >A nicht Nicht-B< können nicht zugleich wahr sein (gilt bis Hegel). Dies ist die Grundregel der Widerspruchslosigkeit.” (GA 38, S.2)

Wenn man die doppelte Negation (in einer klassischen Logik) auflöst kommt als Grundregel der Widerspruchslosigkeit raus: “A ist B” und “A ist B” können nicht zugleich wahr sein.

Hoffentlich war es nur ein Trankriptionsfehler oder ein Fehler von Wilhelm Hallwachs beim Anfertigen der Vorlesungsnachschrift:

“Nur eine lange und schmerzhafte Ablösung bringt uns ins Freie und bereitet vor, die neue Gestalt der Rede mit zu schaffen. Wir sagen uns los von jedem Schein billiger Überlegenheit, die in der Logik nur Formelkram sieht. Wir lernen ernst nehmen die Macht eines Denkens seit langem und dessen schöpferische Überwindung, ohne die ein Wandel unseres Daseins haltlos sein wird.” (GA 38, S.9)