iTunes U Fundstücke

Soweit ich sehe verwenden vier österreichische Universitäten iTunes U. “Die Presse” spricht von einem “Aushängeschild“:

Zwischen der Technischen Universität Graz und der Universität Innsbruck ist in diesem Zusammenhang zuletzt sogar ein kleines Wettrennen entbrannt. Beide Unis haben im Sommer ihren Auftritt in iTunes U gestartet. Die Innsbrucker waren jedoch schneller, erzählt Josef Kolbitsch vom Zentralen Informatikdienst der TU Graz, nicht ganz ohne sich ein wenig zu ärgern.

Mit dem Angebot wird unterschiedlich umgegangen. Innsbruck freut sich seit 2009 über den ersten Platz:

Seit Oktober 2009 hat die Leopold-Franzens-Universität Innsbruck die Pionierrolle für das begleitende Studieren per Podcast übernommen. Als erstes Bildungsinstitut Österreichs bietet sie Vorlesungen, Lehrmaterialien sowie Informationen rund um Fakultäten und Campusleben als Audios und Videos auf iTunes U an.

Die Universität Graz verlinkt ohne Umstände direkt zu iTunes U und teilt dort mit, dass sie “entscheidend zum pulsierenden Leben der steirischen Landeshauptstadt” beiträgt: Universität Graz, iTunes U

In Salzburg hat man immerhin ein Bewusstsein davon, dass es nicht nur PCs und Macs gibt und erwähnt den von Andreas Kirchner im Kommentar zum vorigen Beitrag angesprochenen “tunesviewer” für Linux. (Leider ist er umständlich im Gebrauch und instabil.)

Diese Hochschulen haben sich also in einen pädagogischen Rahmen eingeklinkt, der vom weltweit größten Unternehmen entwickelt worden ist, um damit das Bildungswesen in seine Einflusssphäre zu ziehen. Sie betrachten das als Fortschritt. Um ein Urteil fällen zu können, sollte man ansehen, was sich in den letzten beiden Jahren unter diesen Adressen tatsächlich getan hat. Eine genauere Inhaltsanalyse schiebe ich auf. Aber gefahrlos ist das Unternehmen nicht:

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Das Grazer Angebot ist vielfältig und enthält u.a. Lehrveranstaltungen, Beiträge von Studierenden sowie Campusleben. Dass dabei niemandem aufgefallen ist, dass das erste Drachenbootfest auf der Murinsel einer “Kundenbewertung” und “Kundenrezension” unterzogen wird?

Brennende Fragen

Ein Auftritt des Künstlers und Absolventen des Philosophiestudiums David Wendefilm alias David Tynnauer in der Vorlesung “Antiakademisches Philosophieren” und die daran anschließende Diskussion im Philosophieforum hat mich dazu motiviert, einen unfertigen Blogpost über die Tätigkeit des Studierens umzuschreiben.

Alexander Van der Bellen hat in seiner letzten Rede im Parlament darauf hingewiesen, dass man an der Uni nicht lernt, wie man gute, ausgefeilte Reden vor einem großen Publikum hält, sondern “auf der Uni sind wir gewohnt, alles zu überdenken, neu zu prüfen; könnt nicht irgendwo ein Fehler sein, usw.”

Der Auftritt von Herrn Wendefilm wirkt sehr souverän; was angesichts der Rückmeldungen des Publikums und dessen, was man sonst so bei Referaten in Seminaren am Institut kennt, bemerkenswert ist. Ich möchte mir die Sache näher ansehen.

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Lechner Edi Reloaded?

Jura Soyfer‘s Stück Der Lechner Edi schaut ins Paradies” handelt davon, dass der arbeitslose Lechner Edi während der Wirtschaftskrise der 30er-Jahre auf einem Elektromotor von der Schuhfabrik seines ehemaligen Arbeitgebers zurück durch die Zeit fliegt, um den Schuldigen für seine Arbeitslosigkeit und Lebenssituation zu finden. Er gibt irgendwann die Suche auf und endet mit “Auf uns kommt es an!”.

Der nach Soyfer benannte Hörsaal in der Hofburg wurde am 14. April zu einem Schauspiel im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und politischer Repräsentation. Man wurde – neben Polizeipräsenz – mit folgendem Aushang konfrontiert:

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Affirmativ und Eklektizistisch?

Wie beurteilt man die Qualität von Gedanken in der akademischen Sphäre?

Eine Stellungnahme zu meinem für die “Nachwuchs”-Tagung “Junge Philosophie” an der TU Darmstadt eingereichten Paper lässt eine erste Antwort zu:

  • Wenn du Begriffe verwendest, sollten sie aus einer Theorie heraus entwickelt werden, anstatt Metaphern zu ihrer Plausibilität anzuführen.
  • Wenn du Metaphern verwendest, gebrauche sie nicht affirmativ.
  • Dass Metaphern nicht affirmativ gebraucht werden, zeigt sich, indem sie in einem systematischen Zusammenhang gestellt und kritisch hinterfragt werden.
  • Wenn du Metaphern affirmativ verwenden solltest, beziehe dich auf Literatur. Die Literatur aber muss systematisch, nicht eklektizitisch ausgewählt werden.

Die Stellungnahme hat mich irritiert. Eine These im kritisierten Paper war, dass Kompetenz nicht auf die gestaltenden, architektonischen Aspekte reduziert werden kann, sondern ein Moment miteinschließt, in der man von Situationen irritiert wird und – zunächst – in seinem Entwerfen zurückgeworfen ist. Das ist nun der Fall.

“Der Boden für fruchtbare, anschlussfähige Tätigkeiten ist: Man lässt sich stören. Und manchmal noch mehr: Man wird gestört. Man bezieht seine Kreativität aus der Irritation und spannt seine Methoden und Architekturen auf den Wellen derselben.”

Meiner Überzeugung nach ist der Schritt zur Systematik und Methodik ein Zweiter. Ein Aspekt, der mich (neben Systematik und Schlussfolgerungen) an der Philosophie fasziniert ist, was zwischen Irritation und Systematik passiert, also vor der Verwertung. Vielleicht ist der Text deswegen nicht reif für Veröffentlichung in einem Band für die Disziplin Philosophie.

Was ich zugestehe: Der Text ist vorkritisch und stotternd, ohne Rückhalt durch Literaturverweise. Temptativ wird versucht, sich auf das durch die Tagung gestellte Thema (“Brüche, Brücken, Ambivalenzen”) einzulassen. Es werden die Metaphern der Architektur und des Konstruierens erkundet.  Dann wird die Frage gestellt, ob man durch sie auf Widersprüchlichkeiten eingehen kann. Ich habe Hinweise gegeben, dass diese Metaphern genau nicht ausreichend sind, um das Prädikat “Kompetent-sein” zuzuschreiben und dass man Beispiele finden kann, die über diese Metaphern hinausweisen. Offenbar war das nicht überzeugend.

Der Beitrag findet sich im Philo-Wiki- sozusagen als Alpha-Version zum Diskutieren und Weiterarbeiten. Vielleicht hat die eine oder der andere einen hilfreichen Rat für einen offenbar nicht wohlgeformten “Nachwachsenden”. Ich habe durch die Stellungnahme ausserdem Gelegenheit eine Praxis aus der Softwareentwicklung anzuwenden, die auch wichtig für das Thema des Textes war:

Die Quellen werden nicht verschlossen und gegen Änderung gesperrt, sondern setzen sich der Konfrontation mit den Benutzern aus und können – die Beteiligung der Benutzer vorausgesetzt – schneller auf sich ändernde Situationen reagieren. Die Anpassung mit der Umgebung erhöht sich und wird dynamischer.

Man bezieht seine Kreativitat aus der Irritation und
spannt seine Methoden und Architekturen auf den Wellen derselben.

Zur Raum- und Ressourcenfrage

Im Kontext der Debatte um Studienplatzfinanzierung und Zugangsbeschränkungen wird oft ein reziproker Zusammenhang zwischen Studierendenzahl und Qualität des Studiums hergestellt, etwa: Bei einem schlechten Betreuungsverhältnis kann man keine gute Lehre machen, darum sind Zugangsbeschränkungen notwendig. Das mag für gewisse Formate von Lehrveranstaltungen (etwa ganz krass bei Übungen ab dem zweiten Studienjahr des Medizinstudiums, nachdem ein Grundstock des Faktenwissens aufgebaut wurde und wo es um praktische Belange geht, die am Besten mit individueller Anweisung gelernt werden) zutreffen. Doch ein großer Teil von Zeit- und Geld-Ressourcen wird momentan verwendet, jedes Jahr dasselbe Programm durchzuziehen, völlig unabhängig von Studierendenzahl und aktuellen Entwicklungen, oder Wortmeldungen der Studierenden.  Das ist gar keine Kritik am Inhalt sondern eine Frage, ob Lehrende einer Universität auf diese Art ihre Zeit und Energie verwenden sollten? (Man könnte böse gesagt von Rationalisierungsmaßnahmen sprechen; jedoch verlöre niemand seinen Job: Man hätte mehr Zeit für so dringend benötigte Dinge, nämlich individuelle Betreuung und Forschung bzw. forschungsnahe Lehrveranstaltungen)

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