althergebracht

Noch eine Bemerkung zur “Blogologie”, genauer zur skeptisch-staunenden Verwunderung, die mich erfasst, wenn ich die angesprochenen reflektierten, technisch erweiterten und mit RSS-feeds verbreiteten Schreibformen betrachte. Vergangene Woche erhielt ich diese Mail:

Das Buch geht unverzüglich in Druck. Vertrag kommt in den nächsten Tagen. Beide Bücher werden etwa in der 29. Kalenderwoche (15.07.2008) erscheinen.

Es ist schon oft darüber geschrieben worden, dennoch eine Bemerkung. “unverzüglich” heißt hier etwas anderes, als wenn ich in einer Minute den Publish-Knopf drücke. Und auch das “Erscheinen” in der 29. Kalenderwoche hat eher etwas mit Frühlingserwachen und längerfristig angekündigten Besuchen zu tun, als damit, dass eine Mitteilung gemacht wird. Wie jetzt.

Ein Ausnahmefall

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Leider muss man der Presse entnehmen, dass die Mehrheit unserer UniRats-Mitglieder eine ungewöhnliche Missbildung aufweist.

“Die Presse” vom 7.4.2008: Neuwahlen: Vakante Uni, fehlende Kontrolle

Ressort: Leben Lernen, S.9

WIEN. An der größten Universität des Landes ging alles glatt. Der neue Universitätsrat konstituierte sich am Tag des Funktionsendes des alten, der seit 2003 im Amt befindliche Vorsitzende Max Kothbauer wurde wiederum zum neuen Ratsvorsitzenden der Uni Wien gewählt, im neunköpfigen Rat wurden nur zwei Mitglieder ausgewechselt – was für eine größtmögliche Kontinuität spricht; und außerdem stellen die weiblichen Mitglieder mit fünf Köpfen die Mehrheit. Ein Ausnahmefall!

Und da haben wir noch gar nicht davon gesprochen, dass Max Kothbauer jetzt schon ein 2. Mal zum neuen Vorsitzenden gewählt wurde. Wie oft kann man neuer Vorsitzender sein?

(Mit Dank an den bekannten Spender.)

google Effekt

Im Anschluss an ein Workshop “Wahrheit” in Zeiten des Wissens, in dem ich die Publikationsdatenbank des Institutes für Philosphie erwähnte, ist mir erstmals aufgefallen, dass die Zitationskultur der traditionellen Wissenschaften eigentlich auf dasselbe hinausläuft, wie der google Algorithmus, der die häufigsten Verlinkungen an die Spitze der Suchergebnisse befördert.

Am prominentesten ist, wer am häufigsten zitiert wird. Daraus ergibt sich eine völlig banale und – zumindest im Moment – erfolgversprechende Konsequenz. Analog zu “Linkfarmen” könnte ein Universitätsinstitut die eigene Bedeutung hochtreiben, wenn die Angehörigen einander öfters zitieren.

Das wäre noch nichteinmal verwerflich, denn die Bereitschaft, die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen zur Kenntnis zu nehmen, kann nichts Böses sein.

Zum Aufwachen

Wenn ich (wie im vorigen Beitrag) Dieter Henrich kritisiere, sollte ich auch sagen, was man anders machen kann.

Es ist ein ironischer Umstand, dass Hegel, ein Hauptgewährsmann der klassischen deutschen Philosophie, für die Dieter Henrich so nachdrücklich eintritt, zu den vehementesten Kritikern des Bildungsbegriffes gehört. Ich habe das in einem Vortrag mit Bezug auf die Wikipedia näher ausgeführt.

Zur Einstimmung hier der erste Absatz aus dem Artikel, den ich im Anschluss daran geschrieben habe:

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Gegensatzpaare

Also gut, hier der erste Entwurf zum Beginn des Artikels “Gegensatz”.

Einen Gegensatz festzustellen impliziert eine Anzahl konzeptueller Voraussetzungen. Der Ausdruck lenkt das Augenmerk auf einen Umstand, als ob er (wie “Affirmation” oder “Ablehnung”) im Singular fassbar wäre. Seine philosophische Grammatik ist in der Wendung “Gegensatzpaar” besser gefasst.

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unbewußte Zahnschmerzen

Hier ein Beleg für die gestrige Behauptung. Wittgensteins “Diktat für Schlick” als zukunftsweisender philosophischer Text. Der 2. Absatz:

Wenn man eine Fähigkeit einen Zustand nennt, dann ist sie ein Zustand im Sinn der Physiologie oder der Zustand eines Seelenmodells. Die Aussage, daß dieser Zustand besteht, ist eine Hypothese. Der Gegensatz hierzu ist z.B. der Zustand der Zahnschmerzen. (Angenommen, wir wollten den Ausdruck “unbewußte Zahnschmerzen” so gebrauchen: ich habe unbewußte Zahnschmerzen soll heißen: ich habe einen schlechten Zahn, der mich nicht schmerzt. Diese Ausdrucksweise mag für manche Zwecke praktisch sein. Hat man aber damit Zahnschmerzen gleichsam an einem dunklen Ort entdeckt, wo man früher keine vermutet hatte? Wenn man nun zwischen bewußten und unbewußten Zahnschmerzen unterscheidet, und beide Zustände nennt, so hat das Wort “Zustand” in jedem dieser Fälle eine andere Grammatik. Vgl.: sichtbare und unsichtbare Farben.)