Kurier, Seite 3

“An der größten Universität des Landes brodelt es gewaltig.” Ein ziemlich korrekter Bericht von Christian Thonke im Kurier. Ein Foto von Odin Kröger, flankiert von Winckler und Kothbauer. Die Studierenden sind zwar von der Mitbestimmung weitgehend ausgeschlossen, aber die Gesetze des Journalismus (letztlich auch der Wirtschaft) verlangen, daß man nicht nur alte Männer vorzeigt.

Die Aussage “Winckler möchte 133 Institute abschaffen” ist natürlich etwas reißerisch. Es ist nur ein Typus von Organisationseinheit vorgesehen und Institute werde das nicht sein können. Aber die Frustration über den “Umbau von oben” kommt deutlich heraus. Die journalistische Unverschämtheit kommt am Ende des Artikels. Der Reporter findet es “skurril”, daß Geographen, die sich als Sozialwissenschaftler verstehen, in eine naturwissenschaftlich ausgerichtete Fakultät verfrachtet werden. Was würde er sagen, wenn er aus dem Politikressort zum Sport versetzt wird?

Jedenfalls ist jetzt publik, daß der Rektor dabei ist, sich mit dem Senat anzulegen (und umgekehrt.)

Zielvereinbarungen

Die Arbeitsleistung der Universitätsangehörigen wird in Zukunft durch sogenannte “Zielvereinbarungen” zwischen dem Leiter (m/w) der zuständigen Organisationseinheit und der betroffenen Person festgelegt. xDCber diesen Punkt wird derzeit heftig diskutiert.

Erstens ist kontrovers, in welchem Dokument diese Sache geregelt werden soll. Der Universitätsrat beschließt den “Organisationsplan”, der Senat die “Satzung” und beide Gremien hätten die Befugnis gerne für sich. Zweitens herrscht in Teilen des Mittelbaus die Befürchtung, daß die Kompetenz zu diesem Abkommen delegiert werden könnte, speziell an das funktionale xC4quivalent für Institutsvorstände, d.h. die Leiter von Subeinheiten der Fakultäten. Der Wunsch ist: je weiter weg vom Arbeitsplatz, umso lieber.

Machtkämpfe. Dabei tritt in den Hintergrund, daß eine sinnvolle Regelung nur möglich sein wird, wenn es eine sachspezifische, kooperative Verständigung über das Arbeitsspektrum gibt. Die Alternative sind Vorschriften, deren Erfolgsaussichten nicht sehr hoch sein dürften.

“erhebliche Verbesserungen”

Die Vertretung des Mittelbaus im Senat stellt zum Vorschlag für den Organisationsplan (vom 4.11.) fest, daß er erhebliche Verbesserungen für selbstbestimmte, motivierte wissenschaftliche Arbeit an der Universität bringt. Das ist schwer nachvollziehbar.

Die Beteiligung beim Auswahlprozeß für Dekane (m/w) fehlt, in Berufungs- und Habilitationsfragen und im Bereich der Lehrverwaltung ist sie drastisch eingeschränkt. Dekane werden vom Rektor eingesetzt (das war doch mal anders) und Stellvertreter ebenfalls, vorbehaltlich der Zustimmung von 25% der wissenschaftlichen Bediensteten. Ein lächerlicher Prozentanteil.

In einem Sinn wird das die Motivation zur wissenschaftlichen Arbeit allerdings steigern: möglichst schnell Professor (m/w) werden. Nur wird das wenigen gelingen. 339 Professoren stehen 1214 sonstige wissenschaftliche Bedienstete gegenüber.

12% Wahlbeteiligung

Es rächt sich jetzt, daß aus Frustration, Gleichgültigkeit und Protest bloß 12% der Mittelbauangehörigen an der Wahl der Senatsvertretung teilgenommen haben. Ihre gesetzlich verordnete Degradierung sollte nicht noch gutgeheißen werden. Der Nachteil dieser Trotzhaltung liegt darin, daß es keine nennenswerte Auseinandersetzung um die Kandidaten gab. Das mag erklären, warum sie jetzt nicht selten im luftleeren Raum agieren.

Längst hätte z.B. von Seiten der Mittelbauvertreter eine Initiative zur Information und Diskussion über den Organisationsplan angestoßen werden können. Stattdessen agieren sie im höchsten Gremium der Universität teilweise wie Anfänger. Einer überreicht dem Rektor – am Senat vorbei – ein Strategiepapier. Es kann gegen die Versuche des Senats gewendet werden, den Fakultäten eine praktikable Infrastruktur zu geben. Auf die Idee, das abzusprechen, ist niemand gekommen. xDCber die Reorganisation wird von den Mittelbauvertretern verhandelt, ohne die Betroffenen auch nur zu verständigen.

Unter diesen Umständen muß man schon dafür dankbar sein, daß es nur 2 Sitze im Senat sind.

Tauziehen

Neuigkeiten aus dem Senat. Das Rektorenteam hat sich in seinem Vorschlag zum Organisationsplan auf 18 Fakultäten festgelegt, der Universitätsrat findet das zu viel. Es entsteht die pikante Situation, daß die Zerlegung der bisherigen Fakultäten für dieses Gremium offenbar zu weit gegangen ist. Der Rektor verliert das Gesicht, wenn er jetzt seinen Vorschlag revidiert, deshalb versucht er den Senat dazu zu gewinnen, seinerseits eine Reduzierung vorzuschlagen.

Die dabei diskutierten Optionen ergeben abenteuerliche neue Zusammenstellungen. Pädagogik, Psychologie und Philosophie sollen eine Fakultät bilden, weil es ein PPP-Studium gibt. Abgesehen davon, daß das mittlerweile ein PP-Studium ist (Psychologie und Philosophie) soll also die Ausbildung für ein marginales Lehramtsstudium ein Maßstab für Universitätsgliederung sein. xC4hnlich “innovativ” ist die Idee, Mathematik, Physik und Chemie in eine Fakultät zu vereinigen.

Die Projektgruppen hatten die Vorschläge zumindest noch Über den Daumen gepeilt, jetzt sind die freien Bastler am Werk.

Informationsfluß

Manfred Bobrowsky beschreibt das Verfahren, nach dem Universitätsagenden bisher auf der Ebene des Mittelbaus (vertikal) kommuniziert wurden. Kurien -> Kuriensprecherinnen -> Kontaktkommittee -> Senat. Alles weg, Vereinzelung am Arbeitsplatz.

Und wenn man das als Herausforderung nimmt? Die Gewerkschaft kümmert sich nicht mehr um uns. Der Chef des Dienststellenausschusses findet keine deutlichen Worte. Es bleibt nichts übrig, als Strukturen neu zu erfinden. Z.B. Über blogs.

Projektgruppen (2)

Gegen “Projektgruppen” läßt sich ja kaum etwas sagen. Aber im gegenwärtigen Zusammenhang haben sie eine Besonderheit. Sie ersetzen die bisher praktizierten demokratischen Prozesse.

Daraus läßt sich plakativ und polemisch Kapital schlagen und der weitgehende Wegfall konsultativ-diskursiver Momente auf den verschiedenen Ebenen der Universitätsorganisation ist tatsächlich eine schlimme Sache. Aber es ist doch mindestens so interessant, zu fragen, warum das derart mühelos, beinahe unbemerkt, über die Bühne geht.

Das kann nur daran liegen, daß die in den letzten Jahrzehnten praktizierte Mitbestimmung keine Verteidiger (m/w) findet. Daß sie einen Typ von Hochschullehrern (m/w) hervorgebracht hat, der sich ihre Möglichkeiten zu Nutze machte, als ob sie vom Himmel gefallen wären. Kurz: die Mitbestimmung war nicht mehr vital.

Projektgruppen

Eine strategisch gezielte Maßnahme zur Umsetzung des UG 2002 an der Universität Wien war die Aussparung der bisherigen Fakultäten aus dem Vorbereitungsprozeß. Da man sie auseinandernehmen wollte, machte es natürlich keinen Sinn, sie zu diesem Plan zu befragen. Stattdessen wurden Projektgruppen eingerichtet und zwar mit vom Rektor handverlesenen Personen, die sich ihrerseits aus einer Liste Gruppenmitglieder aussuchen konnten. Von 25 Teilnehmern gab es 4 vom ehemaligen “Mittelbau”. In den Regeln stand auch, daß “der eine oder andere Student” mitmachen dürfe. Das waren dann zwei Stück.

Drei Leiter (m/w) von Projektgruppen arbeiteten auf die Ziele hin, die vom Rektorat als wünschenswert vorgeschlagen wurden (Bachl, Spiel, Zeilinger). Die beiden anderen enthielten stark abweichende Stellungnahmen, die praktisch nicht berücksichtigt wurden (Schrammel, Weigelin-Schwiedrzik). Alle drei “konformen” Gruppenberichte enthielten den Vorschlag, das Fachgebiet des Gruppenleiters (m/w) möge eine Fakultät werden.

Überraschungen

Eigentlich wollte ich bloß eine Liste zur Verständigung über neue Entwicklungen des open archives Sammelpunkt anlegen. Dann hat ein Benutzer die Gelegenheit ergriffen, dort eine Frage über Wittgensteins Bedeutungstheorie vorzulegen:

Semantik

Dies war sein Resume. Der Zweck der xDCbung war das nicht gewesen, man könnte sagen ein Streuverlust. Aber dann gab es noch eine xDCberraschung. Plötzlich entstand eine Diskussion wie geplant, nämlich zur Perspektive wissenschaftlicher Textreproduktion im Internet.

Die Unkörperlichkeit des Mediums macht es schwer, die Chancen tele-textueller Initiativen abzuschätzen. Oft gehen Aufrufe ins Leere. Mitunter nehmen sie einen kleinen Umweg und treffen dann ins Schwarze.