Remix, Open Access, Liveblog (3)

Interview: Die vielen Seiten der digitalen Bibliothek

Bettina Kann: “Going Digital”. Es gibt kein gesamtösterreichisches Konzept. Viele Insellösungen. Zu wenig Inhalt und fehlende Nachhaltigkeit.

Fallstudie: Google Books, EU-Initiative. Wirken Bibliotheken an ihrer eigenen Auslöschung mit? Internetsuche ist eine Bedrohung. Chance: die Bibliotheksbestände aktiv zu verbreiten. Immer neue Portale, niemand finanziert die Digitalisierung selber.

European Digital Library Project
The European Library

Informationen G. Ivacs

Gabriella Ivacs: wichtig: Primärquellen. Wirklich offene Standards, inklusive soziale Bedeutung. Archive: Self AUditing: PLATTER, DRAMBORA, TRAC, RUBRIC, NESTOR.

Beispiel: Parallel Archive

Remix, Open Access, Liveblog (2)

Research Network 1989

Papers Armbruster

Chris Armbruster: Projekt “Publishing and the Ecology of European Research (PEER)”: A European Model for the Digital Publishing of Scientific Information?. Untersuchung der Benutzung von OA-Daten in einem breiten Feldexperiment.

Idee: Gründung eines OA-Journals in den Sozial- und Humanwissenschaften, für das pro Beitrag 1000.- EUR verlangt werden. Crazy?

Gernot Hausar: open access eine Nebenerscheinung der massiven Neuentwicklungen im filesharing und free software Aktivistinnen. “preemptive self-defence”: Apple hat die Entwicklung für sich umgedreht (on-line musicshop). Wissensvernichtung: Uni Wien 72.000 Studierende, 8 Lehrende; wenn man deren (wissenschaftlich kontrollierte) Arbeiten online stellen würde, hätte man eine riesige Datenbank. Bringschuld: wir zahlen für die Produktion und dann nochmals für die Distribution wissenschaftlicher Inhalte.

Remix, Open Access, Liveblog (1)

Ich unternehme hier mal ein liveblog der Emergenzen 7 an der Universität Wien.

Begonnen hat Peter Plener mit einem overview über die Problematik. Tenor: es bedarf einer konzertierten öffentlichen Strategie. Die gegenwärtige Praxis: Förderung von Forschungsprojekten, Förderung der Publikation der Projekte, Förderung des Verlagsvertriebs (volle Lager) – alles von der öffentlichen Hand.

Falk Reckling (Wissenschaftsfonds). 5 Verlage besitzen 30% aller Zeitschriften. Daten (in einigen Fachbereichen): Non profit publishers produzieren zu einem fünftel des Preises doppelt so hohe Qualität. FWF: Verpflichtung der open access Zugänglichkeit von geförderten Projekten.

Publikationsmöglichkeiten: Preprints, Postprints (Selbstarchivierung), Open Access Zeitschriften, Paid Open Access

Vorteile: Sichtbarkeit der Forschungsergebnisse erhöhen, schnelle Veröffentlichung, Kostenersparnis, Erleichterung des Marktzugangs, Wissensvernetzung, Qualitätssicherung.

Probleme: Bewußtseinsproblem: man kümmert sich nicht um Publikationskosten, Reputationskosten, Ressourcen: Umschichtung der Bibliotheksmittel, Datenmengen, Einrichtung von Überswichtssystemen, business models.

Geplant: pauschale Finanzierung aller bei Elsevier veröffentlichten Artikel aus FWF-Projekten als “paid open access” durch den FWF. Erhöhte Verlagsförderung im Fall des open access.

Markt Wirtschaft

In den Meldungen ist die Rede von unvorstellbaren Wertverlusten in der Finanzwirtschaft und vom Ende eines Systems. Die Geldbeträge, die zitiert werden, sind für unsereinen jenseits des Fassbaren. Das ist das Schockmoment, aber es wird sofort durch Verständnisversuche aufgefangen. Es ist nicht anders, als nach einem Tsunami oder dem Einmarsch in den Irak.

Wir antworten mit Klischees. Angesichts der Ereignisse ist alles andere unsachgemäß. Und gleichzeitig haben wir Gelegenheit, die Klischees zu zerlegen. Die Washington Post bringt einen hilfreichen Beitrag zur Erklärung der gegenwärtigen Situation. Ein Punkt fällt mir besonders auf.

Die Banken sollen gerettet werden, indem die US-Regierung die problematischen Wertpapiere kauft. Das klingt so, als wäre eine Firma auf einer alten Ware sitzengeblieben und würde Hilfe erhalten. So macht man das den Steuerzahlerinnen verständlich, aber der “revolutionäre” Aspekt der Sache geht tiefer. Die unverkäuflichen Wertpapiere können eben deshalb nicht im Wert bestimmt werden. Wenn der Markt für diese Papierscheine weggebrochen ist, fehlt der Mechanismus, den wir normalerweise zur Bewertung verwenden.

Ein Residuum bleibt zurück. Irgendetwas müssen diese Scheine doch wert sein. Wie ist das zu definieren? Damit verbindet sich die interessante Frage, wieviel Geld der Staat investieren soll/muss, um “Werte” zu erwerben, die sich aus den ökonomischen Transaktionen disqualifiziert haben – und damit die Ökonomie im Ganzen bedrohen.

[youtube 9BHd80YNDLE]

wortlos

Das Begräbnis Wendelin Schmidt-Denglers gestern war durch seine Schlichtheit wirksam. Unter den hunderten Teilnehmerinnen (m/w) gab es sicherlich zwei Dutzend, die schöne Reden hätten halten können. Das schien fast unvermeidlich, angesichts eines “wortgewaltigen” Professors, der in zentralen Institutionen dieses Landes verankert war. Die unverdrossene, in solchen Zusammenhängen immer etwas trotzige, Demonstration der “Kraft des Wortes”.

Das ist ausgeblieben. Es gab den Satz einer Beethovenschen Klaviersonate und die Ansprache des Priesters. Und – für die Wiener Bildungselite bemerkenswert – ein lautes, textgenaues Gebetsmurmeln im Ritus. Ein Meister der Formulierungen ist, das war vermutlich seine Absicht, ohne diese Sprachanstrengungen gefeiert worden.

Vom Konsument zum Teilnehmer. Eine neue Ökonomie?

Wolf Lindstrot gab ein interessantes Resümee der Ars Electronica in Linz bei netzpolitik.org. Die Indizien für einen gesellschaftlichen Umschwung mehren sich, insofern man immer öfters Forderungen, Versuche und Beiträge findet, die zum Thema haben, interaktivere, dynamischere Strukturen auf der Basis von Vernetzung zu realisieren und dadurch Kooperation mit den Teilnehmern erschließbar machen soll.

Auf YouTube werden Videos und Audios auf kreative Weise modifiziert, gemixed und parodiert (man spricht von der ReMix-Kultur). Was von einem wütenden Aufschäumen, Verklagen und Verfolgen, zu hohen Verlusten und Resignation der Film-&Musikindustrie geführt hat, mündet jetzt langsam in eine Gesprächsbereitschaft über die neuen Systeme. Man sieht sich nach alternativen Geschäftsmodellen sowie rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen um, die die kreativen Tätigkeiten von jenen Leuten, die vormals von den Unternehmen als passive Konsumenten eingestuft wurden, als Produzenten und Teilnehmer ernst nimmt und in die Infrastruktur miteinschließt.

Die „junge Generation“ will nicht mehr nur passiv konsumieren, sondern partizipieren, sich selbst ausdrücken, Vorgefundenes remixen und die Ergebnisse mit anderen teilen. Und die kritische Masse ist erreicht: Produktion und Vertrieb von kulturellen und wissenschaftlichen Erzeugnissen sind durch die Entwicklung der Technik und der Vernetzung so einfach geworden, dass die alte Spaltung in wenige professionelle Medien- und Kultur- ArbeiterInnen einerseits und die große, konsumierende Masse andererseits aufgehoben ist. Wir leben in einer Wissensgesellschaft, die eine Ökonomie des Teilens braucht, um des kulturellen, wissenschaftlichen und ökonomischen Fortschritts willens. Deshalb müssen, nachdem die Praxis im Internet Fakten geschaffen hat, endlich Wirtschaft, Politik und Gesetzgebung angepasst werden.

Auf der anderen Seite hat man gar keine Freude damit, wenn irgendjemand oder irgendetwas (z.B.: ein Algorithmus zur Erschließung der Inhalte für personalisierte Werbung) mit seinen IP-Adressen, Geburtsdaten, Kontonummern oder E-Mail-Inhalten herumpanscht (“Data-Mining”, Handel, etc.). Über diese Art von Eigentum will man dann (verständlicherweise?) doch noch seine eigene Verfügungsgewalt haben.

Zwei der großen Themengebiete, die die Online-Community beschäftigt: Geistiges Eigentum und Datenschutz. Geistiges Eigentum abschaffen und Datenschutz-Rechte forcieren? Diese Rechnung wird meiner Meinung nach ohne Kompromisse nicht aufgehen. Wenn man teilen will, wird man auch etwas von sich verraten (müssen). Im Netz ist es zwar immer möglich, seine Identität zu verschleiern, doch der durchschnittliche User achtet nicht darauf. Im Gegenteil: Manchmal schätzt er es sogar, wenn Amazon die richtigen Bücher für einen vorschlägt oder Google hiesige Reisebüros für deinen Urlaub parat hat, den du soeben deinen Freunden jubelnd per GMail verkündet hast.

Wendelin Schmidt-Dengler

Diesen Sonntag ist Wendelin Schmidt-Dengler plötzlich verstorben. Seine Verdienste als Wissenschaftler und Literaturkritiker sind von allen Seiten gewürdigt worden. Wenig erwähnt wurde sein hochschulpolitisches Engagement in der Zeit nach dem UG 2002. Schmidt-Dengler hat die Plattform für Universitäre Mitbestimmung seit ihrer Gründung aktiv unterstützt. Ich habe einige Briefe, in denen er uns ermutigt. Er ist auch mehrfach öffentlich gegen dieses Gesetz aufgetreten und hat schließlich mit einem kritischen Programm erfolgreich für den Senat kandidiert.

Die offizielle Mitteilung der Universität ist – sagen wir zurückhaltend. Auch die Senatsverlautbarung könnte man sich inhaltsreicher vorstellen. Das liegt daran, dass Schmidt-Dengler beide Institutionen sehr skeptisch beurteilt  hat. Dazu hatte er gute Gründe (die ich nicht immer teilte). Dieser Aspekt soll nicht in Vergessenheit geraten.

Das angeschlossene Video dokumentiert seinen Beitrag zu einer Podiumsdiskussion der PLUM im April 2008. Die gesamte Veranstaltung finden Sie an dieser Stelle archiviert.

Kampfkunst akademisch

Gestern hatte ich ein Interview für einen Bericht an das Wissenschaftsministerium. Die Kollegin wollte wissen, welche Rolle berufstätige Studierende an der Universität Wien spielen und was für sie getan wird. Ein Teil des Gespräches handelte davon, dass es (zumindestens) zwei Varianten von Berufstätigkeit gibt, (1) Arbeit, um das Studium zu finanzieren und (2) Beschäftigungen, die akademische Weiterbildung brauchen können. Bezüglich des zweiten Punktes machte ich deutlich, dass sich die Universitäten nicht als berufspraktische Ausbildungsstätten verstehen.

Als Kontrapunkt erreichte mich heute eine Aussendung der Donau-Universität Krems:

Das Forum Seminare der Donau-Universität Krems bietet PUNKTGENAUe
Weiterbildung für Praktiker/innen auf universitärem Niveau!

Eines der Angebote nennt sich “SCHWIERIGE GESPRÄCHE MEISTERN”. Es verspricht eine ungewöhnliche Mischung:

Häufig als Kampfsituation wahrgenommen, profitieren Sie durch einen
ganzheitlichen Zugang von der Kampfkunst Aikido für einen völlig neuen
Umgang mit Konflikten.

Der Nachteil dieses Angebotes ist lediglich, dass Teilnehmerinnen vorbereitend die deutsche Grammatik verlernen müssen, um die Werbetexte zu verstehen:

Häufig führen Konfliktgespräche in Starre und zu einem sich Verkrampfen, doch die körperliche Dimension bleibt oft zu wenig wahrgenommen. Mit Beispielen aus der Praxis der ReferentInnen und Übungen aus dem Aikido werden die Mechanismen und Kommunikationsmuster in Konflikten von zwei Seiten beleuchtet. Siehe Teilnahmegebühr € 780,00

Hier ein erster Eindruck von “neuen Verhaltensweisen in Kampfsituationen”:

[youtube -RaUpEMpxuY]