“Erotisches Kapital” heißt ein Buch von Catherine Hakim. Ein Artikel in der Welt stellt die These vor, dass Erfolg oft mit erotischer Ausstrahlung zusammenhängt, und dass man letztere gestalten kann. Dabei wird zum Drüberstreuen ein französischer Philosoph referenziert, weswegen ich darauf gestoßen bin: Jean-Luc Marion. Die Resultate des ~300-Seiten Buches “Das Erotische. Ein Phänomen” werden in drei Sätzen wie folgt zusammengefasst:
[Marions] Erkenntnis: Wer geliebt werden will, muss etwas dafür tun. Anerkennung erreicht man vor allem über Bildung. Dazu zählt er ausdrücklich Herzensbildung mitsamt der Kunst des Lockens, Hinhaltens und endlichem Gewährenlassens.”
Die Verführung ist bei Marions Buch Teil einer vielgestaltigen Bewegung des Eros: Verführung, Erregung, Geschlechtsverkehr, Höhepunkt/Abbruch, Eifersucht, Heirat, Kind, Freundschaftliche Liebe, Gottes Liebe. Im Rahmen der sich an Einwänden und Gegeneinwänden entfaltenden Bewegung ergibt sich im Buch die Möglichkeit der Unterscheidung zwischen dem Wunsch nach weltlichen Objekten (Geld, Drogen, Sex, Macht und Erfolg) und dem Streben nach einer anderen Instanz, die einem eine Antwort finden lässt auf die Frage wozu man existiert.
Plakativ formuliert: Götzen und Gott. Die Unterscheidung ist ziemlich prekär. In einem Vortrag in Wien gibt Marion zu, dass die Rede über Gott dazu verführt, sie mit Gott zu identifizieren und zu verehren. Jede Identifizierung wird als voreilig argumentiert, im Sinne von “netter Versuch”. Dann wird sie eingeklammert – und weiter geht die Fahrt.
Die Suche nach Gott sowie das erotische Streben teilen – wenn man ihren Anspruch verdeutlicht – die Haltung, (1) das Gefundene zu registrieren, sogar sein Angebot wie ein Gast anzunehmen, (2) bei dieser Annahme immer wieder Neues zu entdecken und dadurch (3) beim Gefundenen nicht dauerhaft einzuziehen. Verführung ist ein Ausdruck des Liebens: zubringend, nicht hinreichend:
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