Markenname Wittgenstein

Das diesjährige Wittgensteinsymposium über “Reduktion und Elimination in Philosophie und den Wissenschaften” war ambitioniert und sehr gut besucht. Noch stärker, als im vergangenen Jahr, war das Interesse aus dem Osten, nah und fern. Das heißt: Polen, Tschechische Republik, Russland – aber auch Honkog, Taiwan und Japan.

Zur Eröffnung verursachte ein stellvertretender Sektionschef aus dem Wissenschaftministerium eine leichte Befremdung, als er den Wittgensteinpreis erwähnte, der mit dem Symposium gar nichts zu tun hat. (Es gibt den Wittgenstein-Preis des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und den Ludwig Wittgenstein Preis der ÖFG.) Aber die Veranstaltung selbst war nicht besser.

Man könnte das heurige Symposium ein Anti-Wittgenstein-Symposium nennen. Einprägsam brachte das der bewundernswerte Patrick Suppes auf den Punkt:

Ich bin nun zum 4. Mal hier eingeladen und ich habe noch niemals einen ernstzunehmenden Satz über Wittgenstein gesagt.

Es ist ein einfaches ökonomisches Prinzip: Wer einen Markennamen besitzt, muss daran festhalten, um die Kundschaft nicht zu verwirren. Zum Thema “Reduktionismus” alleine kommen wenige Philosophen aus aller Welt nach Kirchberg. Da muss der Philosoph herhalten, der ein Kronzeuge gegen den Reduktionismus ist.

Politik und Basketball

Es beginnt harmlos, wenn der Küchenchef für ein Speiseöl Werbung macht und wird problematisch, wenn Hermann Maier für Raiffeisen lächelt: die Autorität in einem Bereich soll auf einen anderen abfärben. Der Bekanntheitswert von George Clooney fördert Nespresso.

In einem Wahlkampf suchen sich Politiker prominente Künstler/Sportlerinnen/Wissenschaftler, um sich mit ihren Unterstützungen zu schmücken. Das ist die Logik der Plakate und des Fernsehens. Ein aktueller Videoclip auf Youtube zeigt, dass sich da etwas ändert.

Es ist kein TV-Spot, sondern eine private Aufnahme, die nichts mit einer Werbeagentur zu tun hat. Aber das Thema des “Abfärbens” ist unübersehbar. Basketball hat nichts mit Politik zu tun. Ein Kandidat kann das in seiner Freizeit machen. Es ist aber – wider besseres Wissen – packend, wenn ein Politiker vor Publikum das Risiko eines 3-Punkte-Wurfs (von 6,25 Meter aus) eingeht – und es gelingt.

[youtube j87k1j4CpOw]

APA0257 5 II 0464 XI

Uni Wien bei Umstellung auf Bachelor-Studien fast am Ziel

Wien (APA) – Die Universität Wien ist bei der Umstellung auf die europäische Studienarchitektur, also mit Bachelor- und Masterstudien, fast am Ziel. Mit Beginn des kommenden Studienjahres werden auch die historisch – kulturwissenschaftlichen und die philologisch – kulturwissenschaftlichen Studien nur mehr in der Bachelor- und Masterstruktur angeboten, erklärte die Vizerektorin für Studierende, Christa Schnabl, am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien. Sprachstudien wie Germanistik, Slawistik oder Romanistik und historische Studien wie Archäologie, Zeitgeschichte, etc. können nur mehr in der neuen Studienform inskribiert werden.

Damit sind an der Uni Wien fast alle Studien umgestellt, Ausnahmen bilden nur noch jene, wo es gesetzliche Einschränkungen (Lehramtsstudien) bzw. eine Abstimmung mit den Berufs- und Standesvertretungen notwendig ist (Pharmazie, Psychologie, Jus und manche Theologie-Studien). Für Schnabl bedeutet das einen “historischen Punkt” für die Uni Wien. Das Studienangebot der größten Uni des Landes im Studienjahr 2008/09 – die Zulassungsfrist dafür beginnt am 1. Juli – umfasst damit 49 Bachelorstudien, 100 Masterprogramme sowie 21 Universitätslehrgänge.

Read more

worst of best of best

Die Universität Wien bekennt sich morgens und abends zur Gleichbehandlung der Geschlechter. Ganz ist die Botschaft noch nicht durchgedrungen.

Beliebt ist in jüngster Zeit die Dokumentation, wie gut Studierende insgesamt abgeschnitten haben. An der juridischen Fakultät erhalten sie eine Bestätigung ihres “ranking”. Die folgende Urkunde wird Frauen und Männern in gleicher Weise ausgehändigt. Eine Betroffene kommentierte mit Recht: “So etwas kann ich einfach meinen Bewerbungsunterlagen nicht beilegen.”

bestofbest.jpg

Markenzeichen

Die New York Times brachte am 29.1. einen Artikel über Levi’s Jeans. Es ging um die charakteristische Naht auf der hinteren Tasche:

doppelbogen.jpg

Das Zeichen ist offenbar prestigeträchtig. Eine Recherche ergibt reiche Konkurrenz:

bogenperlen.jpg

wax002.jpg

Levi’s sind dafür berüchtigt, Firmen mit derartigen Abwandlungen des Doppelbogens zu klagen. Ich bin dabei, einen Artikel über den Zusammenhang zwischen dem klassischen philosophischen Wissensbegriff und der Wissensgesellschaft mit diesem Beispiel einzuleiten.

Alpenparadies

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bringt heute auf der Wirtschaftseite einen Artikel “Alpenparadies mit Schattenseite”.

Österreich geht es gut. Dank seiner starken Verflechtung mit Osteuropa verzeichnet das Land ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum. Daran dürfte auch der Wechsel von einer bürgerlichen Regierung hin zu einer großen Koalition nichts ändern.

Dazu gibt es einen Kasten mit diesem Text:

alpenparadis.jpg

Das ist also eine deutsche Qualitätszeitung. “Mozartkugeln, Lipizzaner und Opernball” werden aufgerufen, um sie dem “Nachkriegsschatten” und der “Tradition” zuzuordnen. Das Klischee wird durch “viele andere Namen und Leistungen” konterkariert, die nicht genannt werden und darum ungreifbar bleiben. Aber dafür kommt im nächsten Satz schon das nächste Klischee, diesmal ungebrochen: “Trotz jahrzehntelanger Staatsgläubigkeit durch sozialdemokratisch dominierte Regierungen …” haben die “Austriaken” ihre Wettbewerbsfähigkeit gut verteidigt.

Nun ja, die “Alpen prägen die Landschaft und die Menschen”. Was soll man da noch sagen. Die Donau und die Wiener Telefonbücher (Plural?). Das nennt sich “Land und Leute”. Eine Werbeeinschaltung. Im Haupttext:

Neben seiner attraktiven Steuergesetzgebung punktet Österreich bei Investoren mit seinem vergleichsweise flexiblen Arbeitsmarkt. … Tatsächlich ermöglicht der im Vergleich zu Deutschland lockere Kündigungsschutz dem Arbeitgeber eine begründungsfreie Kündigung. Die Einhaltung von sozialen Prioritäten wie Alter, Betriebszugehörigkeit oder Zahl der zu versorgenden Familienmitglieder ist bei betriebsbedingter Kündigung nicht vorgesehen.

Weitere Zuwanderung gefällig?

vom: ein Teil von, von einem

Eine kleine Beobachtung vom Wochenende, betreffend die Sprache des Konsumangebotes.

Bekannt sind “ein Schnitzel vom Schwein”, “ein Filet vom Schneebergbeef”. Das sind Fleischstücke, herausgeschnitten aus einem größeren Brocken. Aber was lese ich im Zimmerprospekt?

Unsere Winzerzimmer sind gemütlich mit Vollholzmöbeln vom steirischen Tischler eingerichtet.

Das hieße in alter Sprache “von einem steirischen Tischler eingerichtet”. Das klingt nicht so gut, es gibt in diesem Zimmer leider keinen Marken-Eigennamen. “Wurst vom Schirnhofer” ist einigermaßen normal. So wird also der anonyme Steirertischler hinter der Redewendung versteckt, die in Anwendung auf totes Fleisch ihre Berechtigung hat.

Lehre XXI

Vorgestern wurde im kleinen Festsaal des Hauptgebäudes das Projekt “Lehre XXI” vorgestellt. Aus Mitteln des Bundesministeriums (etwa 600.000.- EUR) soll das Lehr- und Prüungswesen der Universität “renoviert” werden: einfachere, durchsichtigere Abläufe, Vermeidung von Datenverdopplung, elektronische Unterstützung der Lehr- und Prüfungsverwaltung. Eine Reihe von Unterprojekten dient der Diagnose, Reform und Kommunikation des Serviceangebotes für Studierende.

Zu diesem ersten Auftritt in der universitären Öffentlichkeit gibt es noch keine Webseite, auf der man Details nachlesen könnte. Die Präsentation hinterliess, obwohl – oder weil – sie nach den Regeln des professionellen “Projektauftritts” (externe Firma) erfolgte, einen zwiespältigen Eindruck. Ich muss ein wenig ausholen.

Die gegenwärtige Universität muss man in einem Kippbild sehen. In einer Perspektive als Großunternehmen, das (u.a.) für Studierende einfach durchschaubare und effektive “Leistungen” erbringt. In einer zweiten Perspektive aber als eine “communitas magistrorum et scholarium”, wie es im Entwicklungsplan unwirklich schön heisst. Eine solche Gemeinschaft beruht nicht auf flotten Verwaltungsabläufen.

Das Kunststück würde darin liegen, die beiden Bilder übereinander zu legen und beide Qualitäten zu vereinbaren. Die “Lehre XXI” ist davon weit entfernt. Das Projekt besitzt im Moment keine Schnittstellen zu jenen Teilen der Universität, in denen die inhaltlichen Entscheidungen über die Lehre fallen. Es operiert mit der Annahme, dass die Revision dieses Bereiches ohne Rückkoppelung mit Studienkonferenzen oder dem Senat auskommt. Vizerektor Vinek versicherte, dass ihm die Abstimmung mit den Trägerinnen der Lehre (insgesamt ungefähr 5.700 Personen) wichtig ist. In das Projektdesign ist diese Absicht allerdings nicht eingegangen.