Projekt-Gedanken (2)

Was für eine Arbeit ist das Schreiben eines Projektentwurfes? Jedenfalls unterscheidet sie sich deutlich vom Verfassen eines wissenschaftlichen Beitrags.

Ministerin Gehrer hat vor einiger Zeit der jüdischen Kultusgemeinde Projektunterstützung angeboten. Darauf die Antwort: die Stelle eines Rabbiners ist kein Projektposten. Das hätten die Geldgeber gerne, die Disponibilität der Geförderten, sodass sie beim nächsten Budget schmerzlos gestrichen werden können.

Entsprechend der Inhalt der Entwürfe: orientiert an den jeweils aktuellen Themen. Das ist sicher nicht ganz verkehrt und mit Medienphilosophie ist man derzeit ganz gut im Rennen. Dennoch hat das einen Haken. Das Ausmanövrieren der eingespielten Wissenschaftskultur zugunsten externer, undurchsichtiger Einflüsse. “The character of the market at any given time is determined by the configuration of dominant forces that participate in it.” ((Pithamber R. Polsani) Z.B. der Österreichische Gewerbeverein. Der Zwang, aus Grundlagenforschungen und Reflexion ein verkaufbares Paket zu schnüren.

Es ist eine schwieriges Thema, weil es umgekehrt nicht darum gehen kann, die zweckfreie Weisheit zu zelebrieren.

Projekt-Gedanken

In unbekümmerter Direktheit schreibt Pithamber R. Polsani in seinem Beitrag Network Learning (erschienen im Passagen Verlag, Wien) über die neuen, nach-aufklärerischen Perspektiven der Wissensgesellschaft. “The goal of acquiring learning was the realization of spirit, life, and emancipation of humanity”. Heute ist das Ziel “to add value to human abilities expressed as labor”.

Das klingt noch neutral, aber die Arbeit erhält ihren Wert vom Markt.

The market, unlike the narratives of emancipation and speculative spirit, which are valid for long durations, is in a constant flux shifting rapidly from one configuration to the other.”

Das hat eine direkte Nutzanwendung auf meine Arbeit der letzten Woche. Einen Projektantrag zu verfassen ist ein gutes Beispiel des mittelfristigen Engagements. Die Finanzierung der Forschung ist auseinandergerissen. Auf der einen Seite eine Grundversorgung, die mit Wissenschaft so umgeht wie mit der nationalen Fluglinie. (Es ist peinlich, wenn man kein Aushängeschild/keinen Nobelpreis hat.) Auf der anderen Seite das Glücksspiel von Projektanträgen, deren wichtigste Eigenschaft darin besteht, dass sie in Kürze wieder auslaufen.

Die Nachkriegsgeneration ist in den Genuss langfristiger, großzügiger Berufschancen gekommen. Leider hat sie dabei die Möglichkeiten der nachkommenden Wissenschaftlerinnen merklich eingeschränkt. Die müssen jetzt Projektanträge schreiben, während man früher – wenn man einen Sponsor gefunden hatte – recht einfach eine Lebensstellung ergattern konnte.

Eröffnungsbilanz

Gestern schrieb Karl Gruber im Standard einen klugen Kommentar zum gegenwärtigen Budgetkonflikt zwischen Regierung und Rektorenkonferenz.

Wenn die Universitäten schon nach dem Muster von Wirtschaftsunternehmungen konzipiert werden, müssen vergleichbare finanzielle Regelungen gelten. Insbesondere kann man ihnen Aufgaben nur in Abhängigkeit vom Budget zumuten. Es gibt keine “Weltklasseuniversität” ohne Investition. Ohne Studienbeschränkungen wird sich bei sinkender AUsstattung nur xC4rger ergeben.

Der Sündenfall der Rektoren, denen die Beseitigung der ungeliebten Gremienuniversität nicht schnell genug gehen konnte, bestand darin, dass sie bereit waren, ihre Betriebe mit erheblichem Defizit zu übernehmen. Ein Jahr später beginnen sie sich öffentlich zu beschweren.

“Universität Wien 2010”

Gestern hat das Rektorat die Eckdaten veröffentlicht, die der Entwicklungsplanung der Fakultäten zu Grunde liegen werden. Ausserdem einen Fragenkatalog, in dem die Fakultäten Gelegenheit haben, ihr künftiges Profil zu bestimmen. Interessant ist z.B., dass an der juridischen Fakultät mehr Frauen als Männer im “nicht-habilitierten Mittelbau” beschäftigt sind. An der Fakultät für Lebenswissenschaften übersteigt der Frauenanteil bei den Drittmittelangestellten jenen der Männer deutlich. (Ob es wirklich, wie im Statistikblatt ausgewiesen, in der Fakultät für Sozialwissenschaften keinen einzigen männlichen Drittmittelangestellten gibt?) Insgesamt ist die Universität in den oberen Rängen aber nach wie vor eine Männerbastion.

xDCber diese Vorlage ist noch einiges zu schreiben. Eine erste Unfreundlichkeit für die Philosophie enthält er jedenfalls.

Vor zwei Jahren gab es eine Evaluation, die im Tenor recht positiv ausfiel. Dazu fand ein Gespräch mit Rektor Winckler statt, das auch protokolliert wurde. Das Protokoll hätte, nach den vom Rektorat selbst festgelegten Regeln, ans Institut geschickt und dort gegengezeichnet werden sollen. Das ist nicht geschehen. Seit 2002 steht dieser Prozess. Im jetzt erstellten Rektoratsapapier findet sich allerdings eine Version dieses Protokolls wieder. Zwei Jahre sind mittlerweile vergangen und die Verantwortlichen denken sich nichts dabei, eine veraltete Unterlage ohne jede Rückfrage als Planungsvorgabe an die Fakultät zu schicken.

Briefverkehr

Dienstag dieser Woche erhielt ich die erste Mail einer offenbar neu
eingerichteten Mailing List webct-lehrende. Sie begann:

Sehr geehrte Lehrende der Universität Wien,

zu Beginn des Wintersemesters 2004 erhalten Sie anbei neue Informationen über die Entwicklung der Lernplattform der Universität Wien, WebCT Vista.

Mailing Listen dienen der Kommunikation und erlauben in der Regel den
Austausch von Erfahrungen. Also benutzte ich die Gelegenheit zur Frage,
ob es schon jemandem gelungen sei, in WebCT Pakete eines bestimmten
Standards (SCORM) einzuspielen. Darauf kam die Mitteilung:

Ihre Mail an ‘WebCT-Lehrende’ mit dem Subject/Betreff
SCORM
wird zurueckgehalten, bis der Listenmoderator Ihre Email genehmigt.
Der Grund, weshalb eine Genehmigung erforderlich ist:
Der Absender oder die komplette Liste ist auf moderiert geschaltet.
Entweder wird Ihre Email in Kürze freigegeben und über die Liste
verteilt, oder Sie erhalten eine Mitteilung über eine Ablehnung durch
den Moderator.

Und wenig später die Ablehnung:

Ihre Anfrage an die Mailingliste WebCT-Lehrende
Veröffentlichung Ihrer Nachricht betreffend “SCORM”
wurde vom Listenmoderator mit folgender Begruendung abgewiesen:
“[Kein Grund angegeben]”
Fragen oder Kommentare richten Sie bitte an den Listenadministrator:
webct-lehrende-owner@lists.univie.ac.at

Nun, diesen Hinweis konnte ich nicht unbeantwortet lassen:

Guten Tag,

ich finde es weder transparent, noch höflich, mich ungefragt auf eine
mailing list zu setzen, deren Zweck und Kommunikationsregeln nicht
erläutert werden.

Speziell wäre es sinnvoll gewesen, gleich am Anfang darüber aufgeklärt
zu werden, dass es sich offensichtlich nicht um ein Diskussions- und
Fragemedium handelt, sondern um ein Vehikel für Ankündigungen eines
Projektteams.

Dass Sie meine Frage an die Liste, von deren Zweck ich nichts wissen
konnte, begründungslos zurückweisen, passt ins Bild.

Mit freundlichen Grüßen,

Eine Antwort steht noch aus.

Spracheinstellungen

Nochmal zu der Spracheinstellung von Lernplattformen. Der WebCT Chat ist durch die deutsche Einstellung abgeschossen worden. Beispiele für die Barbarismen der gegenwärtigen deutschen Benutzerführung habe ich hier schon einige gebracht. Es ist in diesem Zusammenhang interessant, wie es andere Produkte handhaben.

Gestern habe ich ATutor installiert. Das kommt (natürlich) in Englisch. Man holt sich von der Webseite einen german language pack (unter vielen) und installiert ihn dazu – fertig.

Um ehrlich zu sein: so einfach ging es nicht. Das Dokument wurde zwar in die Plattform Übertragen, aber die Sprachoption nicht angezeigt. Nach einer kurzen google-Suche stellte sich heraus, dass es einen Fehler im Chache-Managment gab, der so und so zu reparieren ist.

Die Lehre daraus: die Sprachverwaltung muss modularisiert sein und mit einfachen xDCbersetzungslisten von System-Variablen arbeiten. Wenn man es selber machen kann, gibt man es auch gerne weiter. Statt eines undurchsichtigen Kompaktprogramms tut es auch eines, in dessen Datenbank man auch als lokaler Administrator leicht eingreifen kann.

typo3

Im Bereich der eLearning-Plattformen ist die Auseinandersetzung zwischen open source und kommerziellen Lösungen zugunsten WebCTs ausgegangen. Ein grauenhaftes pidgin zwischen Englisch und schlechtem Deutsch erwartet die Benutzer (m/w):

“Es wurden keine Inhaltsdateien erstellt. Verwenden Sie die unten stehenden Steuerelemente zum Erstellen einer/eines neuen Inhaltsdatei.”

“Only SCORM modules that contain gradable content for which Schülers are assigned a grade …”

“Meine Noten:
Sie haben momentan keine neuen Noten.” (will sagen: Notizen: “You can access your notebook by clicking the Notes icon from the Course Toolbar.”)

Aber es ist auch Positives zu berichten. Die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit kümmert sich unter anderem um die Abstimmung der Homepages der Fakultäten. Und siehe da: sie empfehlen Typo3. Da kann sich der ZID etwas abschauen.

Es macht ja auch wirklich Sinn. In einer halben Stunde ist eine typo3-Instanz aufgesetzt. Man kann es ausprobieren, man hat massenhaften Benutzerinnensupport am Internet, beträchtliche Synergien sind die Folge. Während der ZID seine (nach einigen Mühen erstellte) WebCT-Installation wieder abbauen musste, weil die Firma nur dann Garantie gewährleistet, wenn sie die Kontrolle behält. (Vergleiche: Bücher lesen nur nach Genehmigung von IBM.)

top down Mentoring

Ein Mitglied des Universitätsrates ist zurückgetreten, der Senat muss einen neuen Kandidaten benennen. Die dortige Professorenmehrheit hat zwei Personen durchgesetzt. Einer war unlängst beim Hearing.

Ein alter Arbeitskollege des Sprechers der Professorenkurie aus München. Auf die Frage nach den Stärken der Universität Wien antwortete er: die große Tradition. Und Schwächen? Kennt er noch keine. Durch strukturpolitische Überlegungen im Hochschulbereich ist er nicht bekannt geworden. Auf die Frage, warum er diese Position anstrebt, war die Antwort “Weil ich es ausprobieren will.”

Soviel zu den Qualitätskriterien der Professorenmehrheit im Senat.

Nostrifizierungsblues

Die Universität Wien legt Wert auf internationale Verbindungen und will die führende Universität im zentraleuropäischen Raum werden. Dazu müssen u.a. ausländische Studien angerechnet werden. Einstweilen, oder besser gesagt neuerdings, hakt es dabei, wie folgendes Beispiel zeigt.

Ab 1.10. ist das Prüfungsreferat der alten Geisteswissenschaftlichen Fakultät für Nostrifizierungen nicht mehr zuständig. Wohin wendet man sich mit einem solchen Anliegen? An die neuen Studienprogrammleiter (m/w). Ein leidgeprüfter SPL schreibt dazu:

Die Auskunft des Prüfungsreferat war gestern völlig korrekt, denn am Montag am Nachmittag wurden diese Kompetenzen dem Prüfungsreferat überfallsartig entzogen, den Studienplanleitern aber nicht zugeteilt. Diese hätten auch gar nicht die Infrastruktur für derartige Nostrifizierungen.

“Nach drei Tagen wilder Aufregung” ist der Entzug zurückgezogen und das “alte” Prüfungsreferat ist wieder für Nostrifizierungen und Anrechnungen zuständig.

Sollten die zentralen Stellen der Universität darauf bestehen, das alte geisteswissenschaftliche Prüfungsreferat zu zerschlagen, dessen Aufgaben den Studienprogrammleitern zuzuteilen, ohne diesen personelle und räumliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen, werden wahrscheinlich die geisteswissenschaftlichen StudienprogrammleiterInnen geschlossen zurücktreten müssen.

Die Stellungnahme schliesst mit der Bemerkung, dass eine Universität, in der funktionierende Strukturen ohne Ersatz beseitigt und Ressourcen derart verschleudert werden, nicht funktionieren kann.

Karrieremodell

Auf der mailing list “epoche” gibt es in den letzten Tagen eine Diskussion über das von Josef Broukal vorgestellte SPÖ-Modell für die Laufbahn von Universitätsangestellten. Zum hineinlesen.

Das Resultat formuliert J.Broukal, nachdem einige Missverständnissen und Unachtsamkeiten beseitigt worden sind, so:

Die SPÖ schlägt vor, die Hälfte aller wissenschaftlichen Uni-Stellen mit NEUER LAUFBAHN zu vergeben (gefällt mir besser als “tenure track”). Diese NEUE LAUFBAHN sieht in den ersten fünf Jahren keinen erhöhten Kündigungsschutz vor. Eine negative Evaluierung am Ende der fünf Jahre beendet das Dienstverhältnis. Nur eine positive Evaluierung führt in die nächste Stufe, “Junior Professor”, ab der ein erhöhter Kündigungsschutz gegeben ist: Das Dienstverhältnis kann nur beendet werden, wenn zwei Mal hintereinander die Evaluierung negativ ist.

Die andere Hälfte der wissenschaftlichen Stellen wird von Anfang an und deutlich ausgesprochen auf Zeit vergeben. Diese Dienstverhältnisse enden “kommentarlos”.