Abhängigkeiten

Eben hat mich eine Bekannte um Rat gefragt. Nachdem sie ihr Kabelmodem ausgetauscht hatte, sind die Schriften ihres Mailprogrammes geschrumpft. Das erinnert an die klassische philosophische Kontroverse zwischen Hume und Kant. Eine zeitliche Nachbarschaft wird als Kausalität gedeutet. Es handelt sich aber um zwei verschiedene Kategorien.

Im Computerbereich kommt das recht häufig vor und ich unterliege selbst derselben Un-Logik. Stundenlang bastelte ich an der Druckersoftware, nachdem cups mit einem “Speicherzugriffsfehler” abgestürzt war. Es dauerte lange, bis ich draufkam, dass es die Sicherheitseinstellungen waren, die den Port blockierten. Und was soll ich Über den leise vorwurfsvollen Ton sagen, mit dem ich einem Studenten ausrichtete, dass die Verantwortung für die leere Wiki-Seite nicht bei mir liegt? (Es ist wahr, er hatte einen kaputten Server vermutet.) Die neue Version des Media-Wikis geht mit den p-Tags anders um und verhindert bei bestimmten Browsern die Darstellung inkorrekt kodierter Seiten.

Eigentlich sind das Anlässe für Toleranz und eine neue Art des Lernens von Interdependenzen.

Kompetenzen

Das UG2002 sieht für die Lehre eine schwierige Kompetenzverteilung vor. Neue Studienrichtungen sind ausdrücklich vom Senat einzurichten. Der hat damit die Curricularkommission beauftragt. Aber das Rektorat verfügt über das Geld und die strategischen Ressourcen (und Interessen) zur Gestaltung des Lehrprofils der Universität.

Das zeigt sich gut im vorliegenden Entwurf zum Entwicklungsplan. Dort ist das Programm der Umstellung auf “die europäische Studienarchitektur” ausgeführt, ohne dass es darüber nennenswerten Kontakt mit dem Senat gegeben hätte. (Im Unterschied dazu wurden die Fakultäten bei der Erstellung ihrer Forschungsschwerpunkte wohl involviert.) Dafür gibt es eine Empfehlung über das weitere Vorgehen.

Als Plattform für den Diskurs über die Entwicklung von Programmen bieten sich die Studienprogrammleitungen und Studienkonferenzen an; … Die konkrete Ausarbeitung der Curricula erfolgt durch die von der Curricularkommission eingesetzte(n) Curriculararbeitsgruppe(n).

Die Studienprogrammleitungen als Plattform? Die Konferenzen vielleicht, aber wer befasst sie damit? Und wie ist ihr Verhältnis zu den Arbeitsgruppen? Schon ist zu sehen, dass es die ersten Diskrepanzen zwischen Bologna-kritischen Studienkonfrenzen und eigens zum Zweck der Bakkalaureatserstellung eingesetzten Arbeitsgruppen gibt. In jeden Fall entziehen sich beide der Steuerung durch das Rektorat. Wir haben also eine offizielle Richtlinie, der entsprechend die Universität durch “forschungsgeleitete Lehre” charakterisiert sein soll. Es fehlen aber die Strukturen, es transparent mit ihren Angehörigen – die es ja realisieren müssen – zu besprechen.

Ballettgedanken

Heute brachte ORF 1 einen Bericht über Schwierigkeiten mit der Regelung des Ruhestands im Ballettcorps der österreichischen Staats- und Volksoper. Die Damen und Herren beginnen mit 15 Jahren und haben mit ca. 40 Jahren das Ende der Berufslaufbahn erreicht. Früher, als sie noch Teil der Bundesverwaltung waren, konnten sie in Pension gehen. 25% ihres Gehaltes war in die Pensionskasse eingezahlt worden. Jetzt werden sie nach ASVG wie alle anderen Arbeitnehmerinnen (m/w) behandelt und sind daher automatisch 20 Jahre arbeitslos.

Ich musste daran denken, dass die Verwandlung der Universitäten in eine Art Betrieb eine Reihe ähnlicher Härten und Sinnwidrigkeiten mit sich bringt. Zum Beispiel gibt es an der Universität Wien 2.500 externe Lehrbeauftragte mit ausgesprochen divergenten Aufgabengebieten. Sie sind jetzt für 2 und mehr Stunden die Woche angestellt und Teil des Unternehmens. Sie wählen beim Betriebsrat mit (das ist der Grund des Erfolgs der GAKU-Plum_Liste).

Das Verhältnis der “Externen” zur Universität ist unterschiedlich. Hier ist die Vereinbarung der Gehälter und der Beschäftigungsprofile. Einerseits ist das eine ökonomische Transaktion, andererseits bietet sie einen Erfahrungsaustausch und bietet Prestige, das schwer zu quantifizieren ist. Beim Neujahrskonzert dürfen die Puppen tanzen, das liebt die Nation, aber bitte keine Frühpension. Der Abbau der externen Lehrbeauftragten ist absehbar.

Oxford: Exzellenz nur für Privat-Unis?

Lord Patten (Kanzler der Uni Oxford) überlegt, dass Universitäten nur exzellent sein könnten wenn sie nicht im Öffentlichen Sektor sind: "Can we be world-class – can anyone be – without being privately funded as well as an independent institution, like the Ivy League universities?". — so wie ich’s lese ohne jeden Enthusiasmus die Frage mit ja zu beantworten.

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Gebühren, Geld und Humboldt

In der Bundesrepublik Deutschland hat’s gestern eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gegeben, die es den Bundesländern ermöglicht über die Einführung von Studiengebühren (bzw.: neuere hiesige Terminologie: Studienbeiträge) zu entscheiden, und somit derlei einzuführen. Das Urteil ist nachzulesen unter URL http://www.bverfg.de/entscheidungen/fs20050126_2bvf000103.html.
Die “offiziellen” Reaktionen waren weit überwiegend positiv (cf. e.g. IDW).
Aber ein Teil meiner Studiernden denkt darüber nach, das Studium an den Nagel zu hängen wenn’s ab kommendem Wintersemster 500 EUR mehr kostet.

Und am Montag hatte in H-OEH ein thread zu Geld und Online-Ausbildung begonnen,
in dem u.a. gefragt wurde “At what point
does higher education become so commercialized that it loses its
meaning? Where is the line, and how can we know when somebody has
crossed it?”.
Ich habe darauf mit einer Stellungnahme geantwortet, von der ich offen zugebe, dass sie eine wohl extreme Position ist (unsere Studenten sind uns so nützlich, dass wir sie eher bezahlen statt abkassieren sollten). Piotr Boltuc hat darauf (unzustimmend) geantwortet. Ich kann ihm in vielem zustimmen, bin aber dennoch nicht zu der Einsicht gekommen, dass Studiengebühren bzw. Studienbeiträge für uns (und unsere Studiernden) eine gute Sache sind. Wenn H-OEH so funktioniert wie ich’s mir erhoffe, so wird morgen voraussichtlich irgendwo hier ein Link zu der Antwort auftauchen, die ich eben geschickt habe um meine derzeitige Zustimmmung und Nichtzustimmung zu erläutern.

Bin ich der einzige hier, der Ansichten zu Studiengebühren hat? Wie sind andernorts die Erfahrungen damit?

Kontaktkomitee

Für Aussenstehende: das sind die Mittelbauvertreter im Senat, zusammen mit den Kuriensprecherinnen des Mittelbaus an den Fakultäten. Gestern gab es das monatliche Treffen.

Gerhard. F. Ecker, einer der beiden Senatsmitglieder, formulierte das Dilemma so: Wenn es nach den Rückmeldungen ginge, die er auf mehrfache Aufrufe und Bitten erhält, müßten an der Universität ideale Zustände herrschen. Alle sind “zufrieden”. Es sei recht schwierig, unter diesen Umständen Initiativen zur Veränderung zu setzen.

Tatsächlich herrscht weitgehend Ruhe, nur sporadisch unterbrochen von – vornehmlich privat mitgeteilten – Zeichen des xC4rgers und der Frustration. Einige Dekane haben im Entwicklungsplan Beiträge aus den Fakultäten nicht berücksichtigt, die im Organisationsplan vorgesehenen “Anhörungen” haben oft nicht stattgefunden. Niemand hat deswegen Protest laut werden lassen.

Meine Analyse: wie in allen Revolutionen wurde auch durch das UG 2002 ein Potenzial freigesetzt. Abgesehen von den Professoren alten Stils konnten auch dynamische, öffentlichkeitswirksame und phantasievolle Kolleginnen (m/w) ihre Position verbessern. Zweitens ist eine beträchtliche Anzahl politisch motivierter Kolleginnen (m/w) degradiert worden und in die innere Emigration verschwunden. Dazwischen scheint es wenig Ansprechpartner zu geben.

Die Versammlung gestern könnte man vielleicht mit einem kirchlichen Vergleich beschreiben. Die Bischofskonferenz fährt eine Linie des Neo-Konservativismus (mit menschlichem Gesicht). Sie hat es zu verantworten, dass ihr die Gläubigen abhanden kommen. Das Kontaktkomitte schien mir gestern wie das Forum “Wir sind Kirche”. Eine Gruppe, die an die Mitbestimmung an der Universität glaubt, während das Rektorat die Universitätsmitglieder aus der Politik verscheucht.

Lehrvergütung

Im Entwicklungsplan der Fakultät für Lebenswissenschaften – einem sehr wortreichen Dokument – ist zu Beginn die Rede davon, dass die Universität in den vergangenen 30 Jahren nach dem Muster eines demokratischen Staatswesens organisiert war — jetzt aber industrielle Großbetriebe zum Vorbild hat. Das ist zumindest deutlich und ungeniert. Die Universität ist aber leider weit entfernt von diesem Ideal.

Zum Beispiel wäre es in einem Großbetrieb unwahrscheinlich, dass die Abteilungsleiter untereinander darüber uneins sind, was sie für gleiche Dienstleistungen zahlen und dass die Betriebsleitung untätig zusieht.

In einer Betriebsvereinbarung vom November 2004 sind die verschiedenen Typen externer Lehraufträge und ihre Vergütung festgelegt, Eindeutig wird zwischen wissenschaftlicher Lehre und diversen weniger anspruchsvollen Einsätzen unterschieden. Dann gibt es auch eine Kategorie für Personen aus der Wirtschaft und dem öffentlichen Leben, die eine solche Aufgabe aus Prestigegründen übernehmen und für die Universiät zu teuer wären. Sie erhalten einen bloßen Anerkennungsbetrag.

Was einen Studienprogrammleiter nicht daran hindert, sein knappes Budget dadurch zu strecken, dass er für wissenschafltliche Lehre den “Spesenersatz” des zweiten Typs vorsieht und darauf verweist, dass er ja gar keine externe Lehre vergeben müsse.

Dazu muss man wissen, dass die Studienprogrammleiterinnen gar keine Finanzhoheit besitzen und in ihrer Gebarung auf Wort-, Sach- und Personalspenden vom Rektorat angewiesen sind.

In der Wirtschaft ist das Verhältnis von Honorarprofessorinnen zu freien Mitarbeiterinnen kein Problem.

Pädagogik und Statistik

Erich Neuwirth kommentiert in seinem blog die schiefe Optik der PISA Studie 2004. Es ist faszinierend zu lesen, wie sich vor dem Blick eines Statistikers die Schlagzeilen der Zeitungen in eine Mischung aus xDCbertreibung, Ungenauigkeit und Leichtgläubigkeit auflösen.

Ohne die Unterscheidung in Schultypen, Geschlechter, Daten und Extrapolationen kommen nur metaphysische Aussagen über die Schulbildung, den Leistungsabfall und die Lehrerinnenausbildung zustand.

Doktorat alt und neu

Vor kurzem las ich auf dem Gang die Prüfungszettel des Institutes und stellte fest, dass ein Student zum Rigorosum angemeldet war, dessen Dissertation ich kannte. Ich hatte sie im Entwurf abgelehnt, weil die Literatur der letzten 10 Jahre fehlte. Nun wurde die Arbeit von den geschätzen Kollegen Wuketits und Zeidler offenbar für akzeptabel gefunden.

Damals war mir natürlich klar, dass der Kandidat sich andere Prüfer suchen würde. Aber ich wollte auch nicht so weit gehen, aktiv Schritte zu unternehmen, um das zu verhindern.

Heute habe ich mich dafür zu einem Workshop in englischer Sprache in Salzburg angemeldet. Es geht um die Zukunft des Doktoratsstudiums in Europa und die Mozartstadt muss wieder einmal dran glauben:

The Ministry of Education, Science and Culture of Austria, the Federal Ministry of Education and Research of Germany, and the European University Association will therefore jointly host a Bologna Seminar entitled “Doctoral Programmes in the European Knowledge Society”, which aims at providing high-quality input on this issue for the 2005 Conference of Ministers of Education in Bergen.

We would like to cordially invite you to participate in this seminar, which will take place at the University of Salzburg, Austria, from February 3 ? February 5.

As the birthplace of Wolfgang Amadeus Mozart, Salzburg, situated close to the German border, should provide the right setting and ambience for fruitful discussions, and there will be ample opportunity to enjoy its urban flair and culture, should you decide to stay for the weekend.

Wenn ich heute träumen sollte, dann wird es wohl davon sein, dass ein high-quality input Seminar in Salzburg in Zukunft die Qualität der Doktoratsstudien steigert.

gestrichen

Noch bevor es überhaupt zu Verhandlungen über den Entwicklungsplan der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft kommt, hat das Rektorat bereits zugeschlagen. Heideggerianisch gesagt: “es ist immer schon gestrichen worden”. Dem Dekan wurde mitgeteilt, dass zwei volle Professorenstellen, die unglücklicherweise im Moment nicht besetzt sind, überhaupt nicht zur Verfügung stehen.

Statt des Ministeriums ist jetzt das Rektorat für die Kürzungen verantwortlich. Die offizielle Version: durch den Entwicklungsplan würde das transparent gemacht. De facto wird genauso willkürlich agiert, wie früher. Man kann die Stimmen verstehen, die es so einschätzen:

für mich persönlich habe ich allerdings die entscheidung getroffen,solange nicht mehr voll im rahmen der derzeitigen höchst eigenartigen ug struktur zu kooperieren, solange geradezu perfide machtausübung jede
form von konstruktiver mitarbeit diskreditiert.