Senat 5.10.06

Einige Punkte zur gestrigen Senatssitzung.

Darin nicht erwähnt ist die Tatsache, dass der Senat u.a. für Empfehlungen in Personalfragen zuständig ist. Wer in ein definitives Dienstverhältnis eintreten will, hat einen Auftritt. Das Gremium ist dazu sachlich meistens nicht ausgewiesen. Von den fünf verhandelten Fällen war – wenn ich das recht sehe – in gerade einem Fall ein Vertreter aus dem passenden Fach.

Die gesetzliche Regelung zentralisiert und hierarchisiert Entscheidungen. Sie nimmt sie aus dem Zuständigkeitsbereich der Experten und verlagert sie auf die höchste kollegiale Ebene. Dort sollen sie anhand von externen Gutachten beurteilt werden. Die Gutachterinnen (m/w) schlägt die Akademie der Wissenschaften und der Fonds zur Wissenschaftsförderung vor. Nach Darstellung der zuständigen Vizerektorin reagieren diese Institutionen oft monatelang nicht auf Anfragen. Und die genannten Personen sagen reihenweise ab.

Lissabon-Prozess

Gestern im kleinen Festsaal der Universität Wien das 2. Forum Europäische Studienarchitektur. Ich begann meine Bemerkungen mit einem Orientierungsbild, das die Detailüberlegungen zur Bologna-Implementierung in einen weiteren Zusammenhang stellen sollte. Es geht ja nicht primär um eine neue Studienform, sondern um den Wechsel eines Paradigmas. Die “kulturstaatliche Universitätsauffassung (Hans Pechar) ist im neuen europäischen Kontext nicht mehr wirksam. Es hat einmal gereicht, ins Burgtheater zu gehen und ähnlich war es genug, einen universitären Abschluss zu besitzen. Mit Lissabon verbindet sich die Forderung, Europa solle durch eine Wissensoffensive zum weltweit dynamischsten Wirtschaftsraum werden.

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Das kann man auf die Formel bringen, dass Wissen als Lebensform (der akademische Gestus) durch die Betrachtung von Wissen als Ressource ersetzt wird. Es ist ein wichtiger und umstrittener Schwenk. In einer Hinsicht könnten sich die Universitäten darüber “geschmeichelt” fühlen, dass ihr Kompetenzfeld ins Zentrum rückt. Dagegen spricht, dass aus ihrem “Wissen” etwas anderes gemacht wird.

Zum Aufwachen

Wenn ich (wie im vorigen Beitrag) Dieter Henrich kritisiere, sollte ich auch sagen, was man anders machen kann.

Es ist ein ironischer Umstand, dass Hegel, ein Hauptgewährsmann der klassischen deutschen Philosophie, für die Dieter Henrich so nachdrücklich eintritt, zu den vehementesten Kritikern des Bildungsbegriffes gehört. Ich habe das in einem Vortrag mit Bezug auf die Wikipedia näher ausgeführt.

Zur Einstimmung hier der erste Absatz aus dem Artikel, den ich im Anschluss daran geschrieben habe:

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Zum Einschlafen

Anläßlich eines Artikels über Hegel und die Wikipedia habe ich mich wieder mal nach deutsch-philosophischen Publikationen über Bildung umgesehen. Eben erschienen ist vom alten Meister Dieter Henrich Die Philosophie im Prozeß der Kultur und darin zwei Texte zum Thema. “Menschsein – Bildung – Erkenntnis”. Die Aussicht:

Sie (sc. Bildung) ist der Gewinn und die Ausgestaltung eines Lebens, das sich nicht in Verstellungen verfangen hat und das der Aufgabe nicht ausweicht, die ihm aus seinem ursprünglichen Selbstbewußtsein unabwendbar zuwächst. Auch das ist ein Grund dafür, ihm Souveränität, Allbezüglichkeit und eine wachsende innere Konsistenz zuzusprechen. S. 178

Solche Passagen sind einschläfernd und unbestreitbar zugleich. Ich kann die Sympathie nicht leugnen, die ich dem Versuch entgegenbringe, etwas zu sagen, dem niemand widersprechen kann. Vor allem, wenn die Aufgabe darin besteht, die Hörerinnen davon zu überzeugen, dass sie eigentlich gegen diese Sätze gar nichts haben können. Das ist so wie einer Mittelschulklasse die Aktualität des “Prinz Friedrich von Homburg” nahebringen. Und dennoch ist dieser Duktus der akademischen Betulichkeit kaum erträglich.

Plagiate

Zahlreiche Entscheidungen der Hochschulpolitik an der Universität Wien fallen überhastet. Ein Gegenbeispiel ist jene xC4nderung des studienrechtlichen Teils der Satzung, die sich mit Maßnahmen gegen Plagiate befasst. EIne Arbeitsgruppe diskutierte sie gestern 2 Stunden im Detail. Der Urlaub hat den Teilnehmerinnen gut getan, es herrschte Aufmerksamkeit gegenüber den beteiligten Gruppen und Konzentration in der Sache.

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Gegensatzpaare

Also gut, hier der erste Entwurf zum Beginn des Artikels “Gegensatz”.

Einen Gegensatz festzustellen impliziert eine Anzahl konzeptueller Voraussetzungen. Der Ausdruck lenkt das Augenmerk auf einen Umstand, als ob er (wie “Affirmation” oder “Ablehnung”) im Singular fassbar wäre. Seine philosophische Grammatik ist in der Wendung “Gegensatzpaar” besser gefasst.

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(ich) weiss und rot

Eine scharfe Kurve zwischen dem Carnuntum-Folder und meiner aktuellen Arbeit.

Vor über 30 Jahren habe ich für das Handbuch philosophischer Grundbegriffe den Artikel “Negation” verfasst. Jetzt kommt eine Neufassung, für die ich über “Gegensatz” schreiben soll. Eine spassige Verschiebung. Ein klassisches Beispiel ist der Gegensatz zwischen schwarz und weiss. Wie ist es zwischen weiss und rot – was den Wein betrifft?

Das ist ja strukturell dieselbe Bipolarität. Oder noch deutlicher: rot und grün bezogen auf eine Ampel. Der konträrer Gegensatz, wie er zwischen unterschiedlichen Farben besteht, wird zum kontradiktorischen Gegensatz des “entweder dies oder das”. Ich werde u.a. darüber schreiben, wie diese beiden Verhältnisse zueinander passen.

Und warum gibt es keine Party in rot? Es gibt viele Rot-Töne, vielleicht wollte man die Eindeutigkeit einer Nicht-Farbe.