die vielen Schritte

One Step Beyond...
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Alle drei Jahre ist Senatswahl. Wie im vergangenen Durchgang gibt es wieder 2 Listen für den “Mittelbau”. Die “Plattform für universitäre Mitbestimmung”, die Herbert Hrachovec als Spitzenkandidaten aufgestellt hat, und die Liste “Universität gemeinsam neu gestalten” – ULV. Natürlich ist es interessant zu sehen, wie die Konkurrenz sich darstellt.

Kurz gesagt: recht jovial.

Unsere Kandidaten Gerhard Ecker, Gaby Kucsko-Stadlmayer und Germain Weber arbeiten seit sechs Jahren als Senatsmitglieder dafür, Euch Perspektiven für Eure Laufbahn zu eröffnen.

Unser ZIEL ist, die Rolle junger Forschender und Lehrender zu stärken, damit Ihr die Universität als Stätte freier Reflexion erlebt und Euer Potenzial bestmöglich entfalten könnt.

Das klingt wie ein Prospekt der Grünen zur Gemeinderatswahl. (Ja, stimmt schon, ich bin parteilich.)

Wir arbeiten für Euch mit Wissen, Erfahrung, Beharrlichkeit und Verhandlungsgeschick!

Es ist eine eigenartig markierte Position, die Anrede mit “Ihr” und “Euch”. Warum ist mir das beim Verfassen meines Werbetexts nicht eingefallen? Der Unterschied liegt darin, wie man sich an das Publikum wendet. Ein “Schau mir in die Augen” statt einer Bilanz. Theatralisch.

QUELLEN, DIE DAS VERTRAUEN STÄRKEN

Als Erfolg dieser Politik werten wir die vielen Schritte, die das Rektorat in den letzten Jahren mit uns ging …

Als das letzte Rektorat die vielen Jahre Schritte mit uns dieser Erfolg ging. Politik. Werten.

Zum Vergleich der Wahlaufruf der PLUM. Satire auch dort erbeten.

Woher kommt das Produkt?

Les Bienveillantes von Jonathan Littell ist eine eindringliche Lektüre. Ein fiktiver SS-Führer beschreibt seine Teilnahme am Krieg und an der Vernichtung. Nazi-Analogien werden in der Tagespolitik gerne dazu verwendet, aktuelle Beschuldigungen zu dramatisieren. Littells Buch geht in die andere Richtung. Es zeigt, wie zeitgenössische Worte und Einstellungen zum Verständnis der historischen Abläufe helfen können. Also z.B. die Zweckrationalität.

Ausschnitt aus Seite 538:

littell-extract

Wie “Exzellenz” ist “Produkt” ein in den Superlativ der Abstraktion gesteigerter Terminus. Eine Art Ersatz – ich arbeite zur Zeit an Platon – für “das Gute”, “die Idee”. Und wie die alten Vorzeigebegriffe sind auch die neuen schnell in ihr Gegenteil zu drehen. Das Produkt ist die Destruktion.

Jedes Wort ein Hit

Gesellschaftsspiel: Stellen Sie einen mehrgliedrigen Titel zusammen, der mit jedem Bestandteil eine aktuelle Herrschaftsphantasie trifft.

Fertig? Mein Vorschlag:

integriertes Qualitätsmanagment System im Leistungsbereich Lehre

Was immer das heisst, die folgende Graphik gibt es mit Bestimmtheit gut wieder:

rm

Ich gehöre nicht zu den Berufsauguren, die monatlich den Verlust eines weiteren Kulturgutes beklagen. In frivoler Laune könnte ich mir sogar vorstellen, Hegels Komprehensivprogramm zur Durchgeistigung der Welt als “integriertes Qualitätsmanagment-System” zu bezeichenen. (Es geht um die unerbittliche Einholung eines Wahrheitsanspruchs.) Aber was zu viel ist, ist zu viel.

Die Universitätsleitung bestellt eine Anzahl von Bürokratinnen mit der Aufgabe, möglichst gut sichtbare Akte von “Qualitätsmanagment” zu setzen. Das braucht man in einer modernen Universität. Und diese Planungstätigkeit soll von den Trägerinnen der “Qualität” in Forschung und Lehre unterstützt werden. Um das zu erreichen hilft ein drohender Zeigefinger: “Wenn ihr nicht mitmacht, wird uns etwas von außen aufgezwungen.” Siehe Liverpool gerade vorher.

“Dann sollen sie verdammt nochmal den Universitäten ein Staatskommissariat vorsetzen.” Irgendwann ist es ehrlicher, fremd bestimmt zu werden, als – worauf ich mich immer wieder einlasse – die Zumutungen zu übernehmen.

Liverpool

University of Liverpool Guild of Students. Tak...
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Es ist ein wenig wie ein Katastrophenfilm, den man vom sicheren Kinositz aus betrachtet. Nach einem schlechten Evaluationsergebnis hat die Leitung der Universität Liverpool angekündigt, das Institut für Philosophie zu schließen. Die Homepage des Instituts selbst darf offensichtlich nichts darüber berichten. Die Liverpool Daily Post gibt einen Überblick. Siehe auch den Bericht im Guardian.

Das Institut bietet, so die Begründung, keine “Weltklasseforschung”. Damit wird ein Schlagwort zum Schlagwort. “under-performing”, ‘realignment and repositioning, transfer of activity to another higher education institution, and closure’.

Und dazu die bekannten rhetorischen Gesten.

There is something terrible happening to higher education in Europe, on a European scale, it constitutes a real threat to the continued existence of what has been called “universities” for centuries in Europe, and it takes place almost unnoticed.

“re-alignment”,- we know that word, don’t we? It has been used before, in its German form, in the thirties. There and then it was called: Gleichschaltung. (Karin Verelst)

Some have compared the actions of the administration of the Council at the University of Liverpool to those of the Nazi and Stalinist regimes. Please stop with this nonsense. There are no concentration camps or gulags being proposed here and this only serves to make our cause look ridiculous to outsiders. (David Slakter)

UPDATE:

Es ist tatsächlich wie in einem Katastrophenfilm. Rettung ist in Sicht:

I am happy to be able to report that the threat to close down Philosophy, Politics and Statistics without proper review or consultation has receded. (Stephen Clark)

Räumung

Unsereins reagiert immer noch empfindlicher auf sprachlich-kognitive Dissonanzen, als auf plastische Überschriften. Demonstrationen und Sprechchöre betreffen weniger, als revisionistische Darstellungen. Daher der Schock angesichts dieser Meldung auf ORF online:

Die Polizei habe in der Nacht auf heute das Gebäude der Sorbonne räumen lassen, das von etwa 200 Studenten besetzt war, berichtete der Sender France Info. Die Studenten protestieren unter anderem gegen den geplanten Abbau von 450 Stellen an Universitäten und Hochschulen.

Die Meldung stammt von der APA. Sie findet sich u.a. auch in

Die Universitätsleitung hat die Sorbonne durch die Polizei räumen lassen.

Das direkte Einschreiten der Staatsgewalt auf dem Boden von Universitäten ist eine Spezialität von Diktaturen.

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Details auf Rue89

umwerfend

Als ich heute früh den üblichen Blick auf die “Letzten Änderungen” im Philo-Wiki warf, traute ich meinen Augen nicht. Nein, kein Vandalismus in der Nacht, sondern das Gegenteil.

osp

In diesem Wiki hat sich im vergangenen Semester eine umwerfende Entwicklung ergeben. Die als Audiofiles verfügbaren Vorlesungen wurden von Studierenden innerhalb von 14 Tagen transkribiert. Es bedurfte nur eines kleinen Anstosses (nicht von mir), um diese kooperative Aktion ins Rollen zu bringen.

Etwas hätte man sich noch gewünscht und ich überlegte, ob ich das nicht nachreichen sollte: die sachgerechte lern- und medientechnische Aufbereitung. Überschriften, Bilder, Kurzzusammenfassungen. Was man halt braucht, um sich den Stoff besser erarbeiten zu können. Was soll ich sagen? Christian Sieberer hat das umgesetzt, ohne mir ein Wort davon zu sagen. Wirklich ein Geschenk.

Curriculare Arbeitsgruppe (Technik/Naturwissenschaften) 1. Sitzung (09.02.09)

Die erste von zwei oder drei Sitzungen ging nach ca. 3,5 Stunden zu Ende. Die Anzahl der Entscheidungen haben sich nüchtern betrachtet als gar nicht so umfangreich herausgestellt – das Mustercurriculum stellt schon einen gewissen Rahmen dar. Das war jedoch kein Hindernis für ausführliche Diskussionen:

  1. Wie soll man das Studium nennen? Doktorat oder PhD? Vergibt man als akademischen Grad einen traditonell-österreischischen Doktor oder einen Bologna-orientierten PhilosophicalDoctor? Was ich so gehört habe, ist das Ergebnis in den einzelnen Arbeitsgruppen (Lebenswissenschaften, Sozialwissenschaften, Geisteswissenschaften,…)  durchaus unterschiedlich (von den Meinungen der Gruppenvertreter ganz zu schweigen).
  2. Bietet die Nennung von Dissertationsgebieten Raum für fachinterne Ausprägungen (die vielleicht als Masterstudium, nicht aber als Bachelorstudium angeboten werden)? Trennt man fachdidaktische von fachlichen Dissertationsgebieten?
  3. In welchem Umfang sind Lehrveranstaltungen verpflichtend zu absolvieren? Kann man die Teilnahme an Konferenzen/Workshops/Tutorien als eine solche Lehrveranstaltung anrechnen? Soll man die bei beim Betreuer / bei der Betreuerin absolvierten Lehrveranstaltungen limitieren? Soll die Unterscheidung prüfungsimmanent / nicht prüfungsimmanent für die Regelung des Umfangs fallen?
  4. Inwiefern ist in solchen Curricula Raum für interdisziplinäre Zusammenarbeit (Mehrere Betreuer von unterschiedlichen Fakultäten)?

Was mich überrascht hat war – innerhalb einer Diskussion – ein kleines Plädoyier in Richtung humboldtschem Bildungsideal: Es wurde zum Teil die Schaffung der Möglichkeit zu mehr Wissenschaftsethik und Umsicht gerade für die Naturwissenschaften und Technsichen Wissenschaften gefordert, anstatt gezwungen zu sein, ausschließlich im Labor zu sitzen oder Assembler-Code zu schreiben.

You did not really want your soul, right?

Die Amtsverschwiegenheit. Eine juridisch-juristische Exkursion.

Morgen konstituiert sich die curriculare Arbeitsgruppe zur Entwicklung der Studienpläne der naturwissenschaftlichen und technischen PhD- oder Doktorratsstudien. Ich bin Teil der studentischen Kurie (Das Verhältnis Professoren/Mittelbau/Studierende ist ausgewogen: 6/6/6) – eine ganz neue, unbekannte Aufgabe für mich, in die ich eingewilligt habe ohne noch zu wissen, dass sie fast unmittelbar mit der Faustus-Story zu tun hat (vgl. Mustercurriculum § 3 Abs. 2 d und §4).

Ich habe mich gefragt, inwieweit man über Erfahrungen/Ergebnisse aus solchen Sitzungen öffentlich (z.B. in einem Blog) berichten darf, was zwangsläufig mit einer Reise in die Welt der Paragraphen einhergeht:

In der Geschäftsordnung für Kollegialorgane, die auch für curriculare Arbeitsgruppen gilt, findet sich in §3, Absatz 6:

(6) Die Sitzungen der Kollegialorgane sind nicht öffentlich.

Was ja nur heißt, dass mit Ausnahme der Stellvertreter ausschließlich die bestimmten Mitglieder die Sitzungen besuchen dürfen. Weiter:

§ 16. (1) Alle Mitglieder von Kollegialorganen sowie Auskunftspersonen, die an Sitzungen des Kollegialorgans teilgenommen haben, sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
(2) Keinem Mitglied darf aus seiner Tätigkeit in einem Kollegialorgan ein Nachteil erwachsen.

Außerdem UG 2002:

§ 48. Die Mitglieder von Kollegialorganen und andere Universitätsorgane
sind zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet (Art. 20 Abs. 3 B-VG).

Und der Vollständigkeit halber noch das Bundesverfassungsgesetz Artikel 20, Absatz 3:

Alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist (Amtsverschwiegenheit)

In diesem Sinne also zur Sicherheit kein Live-Blogging für morgen 🙂 schlussendlich finden sich zuminest die Ergebnisse aller Sitzungen in den fertigen Studienplänen. Die Vorsitzende muss den/die Studienpläne  spätestens am 3. März 2009 zur 1. Lesung einreichen. Das heißt, bis Ende Februar sollte die Arbeitsgruppe schon ein Curriculum haben, wenn ich das richtig verstehe.

Open Source Evaluation

ws08_09-open_source_philosophie2

In diesem Semester sind die Lehrveranstaltungen der Fakultät für Bildungswissenschaft und Philosophie durch die Studierenden evaluiert worden. Genau betrachtet ist das auch eine Form kooperativer Wissensarbeit. Die Teilnehmerinnen werden eingeladen, ihre Erfahrungen und Einschätzungen zur Verfügung zu stellen. Nur leider haben sie nichts davon, denn die Ergebnisse bleiben unter Verschluss. Das Motiv ist klar: es ist peinlich für jene Kolleginnen und Kollegen, die nicht gut abschneiden.

Dennoch: wenn man das nicht als Maßregelung, sondern als Lernprozess verstünde, könnte sich etwas ändern. Als Gestus in diese Richtung hier das Ergebnis für die Vorlesung “Open Source Philosophie. Es hat den Nachteil, dass es nicht schlecht ausgefallen ist.

faustisch

Das Unternehmen, ab dem Wintersemester 2009/10 ein 3-jähriges PhD-Studium einzurichten, ist Ende des vergangenen Jahres auf ein unerwartetes Hindernis gestoßen. Eine (im Entwicklungsplan der Universität Wien festgeschriebene) Neuerung hat den Unwillen der Fakultäten für Chemie und Physik erregt. Dissertationsprojekte sollen in Zukunft einer Fakultätsöffentlichkeit vorgestellt werden, bevor die Studierenden eine Betreuung zugewiesen bekommen. Dagegen wurden patentrechtliche Bedenken vorgebracht.

Im Bereich der Physik und Chemie sind Doktorarbeiten, welche sich auf Projekte stützen, bzw. durch diese finanziert werden, der Normalfall. Weiters werden diese Projekte bereits im Vorfeld von internationalen Fachgutachtern begutachtet und bewertet. … Weder ein DPSL (sic!) noch ein noch so klug zusammengesetzter Doktoratsbeirat können daher eine projektgestützte bzw. projektfinanzierte Doktorarbeit kompetenter beurteilen als internationale Fachgutachter. … Auf diese Weise würden sich auch mögliche patentrechtliche Probleme … vermeiden lassen.

Das ist eine bemerkenswerte Passage. Sie schlägt einen Bogen von Projekten, wie sie in den Naturwissenschaften üblich sind, zu deren internationaler Begutachtung und der damit mitgelieferten Qualität, die an der Universität Wien gar nicht mehr zum Thema werden sollte. Es wird so getan, als ob es nur Vorschläge gäbe, die innerhalb der “scientific community” nach allgemeinen Standards geprüft und finanziert würden. Verschwiegen wird dabei, dass es auch Dissertationsvorhaben gibt, die pragmatischer angelegt sind und gemischt akademisch-kommerziellen Interessen dienen.

Wissenschaftler der genannten Fakultäten haben Beziehungen zu Firmen, die Forschungsergebnisse zu Patenten machen (und damit der populären Aufforderung nachkommen, Forschung und Wirtschaft zu verbinden). Paul A. David hat dazu in zwei Beiträgen Can ‘Open Science’ be Protected from the Evolving Regime of IPR Protections? und Innovation and Universities’ Role in Commercializing Research Results wichtige Überlegungen vorgelegt. Die Funktion der Öffentlichkeit, von der Andreas Kirchner im vorigen Beitrag schreibt, und das Interesse der Geheimhaltung sind nicht leicht vereinbar.

Etwas mehr dazu in meiner Vorlesung. Inklusive eine Recherche, die eine schöne Pointe hervorhebt: Auch im kommerziellen Umfeld, wird eine literarische Einbettung nicht verschmäht.

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