freispielen

Im Rahmen des Symposiums “Mind and Matter” von Paraflows 10 habe ich gestern diesen Videoclip gezeigt:

[flv]http://phaidon.philo.at/qu/wp-content/uploads/2010/09/Tor.flv[/flv]

Die Gehirnforschung untersucht unter anderem jene neuronalen Vorgänge, die “dafür verantwortlich sind”, dass wir bestimmte Bewusstseinszustände besitzen. Daran schließen sich bekannte Fragen an: Wie verhält sich eine Konstellation im Gehirn zu einem Gefühl oder Gedanken? Es wird versucht, Bilder von der Erregung des Nervensystems mit sinnvollen Erfahrungen zusammenzuspannen.

Aber die soziale Welt besteht nicht aus vereinzelten Gehirnen, die allenfalls miteinander Beziehungen aufnehmen. Spielregeln sind über-individuelle Abstraktionen, denen sich Körper (unter anderem Gehirne) anpassen. Thomas Müllers Querpass ist genial, nicht weil eine Gruppe von Neuronen gefeuert hat, sondern weil er gut Fussball spielt.

Und ausserdem ist der Spielzug philosophisch. Er öffnet die “Abwehrmauer”. Er zeigt die Personenverteilung in einem anderen Licht. Eine neue Handlungsmöglichkeit wird geschaffen.

Sex am Arbeitsplatz

Wissendes Lächeln: eine Kollegin schaut Dir über die Schulter, während Dein Monitor eine Porno-Seite zeigt und Du verlegen stammelst: “Diese Adresse habe ich gar nicht gewählt.” Das kann aber wirklich passieren.

In der Vorbereitung fürt den nächsten Kongress der Österreichischen Gesellschaft für Philosophie gab es eine Diskussion über das nicht ganz taufrische ästhetische Konzept:

Wie kommt man an die Seitengestaltung heran, um ein Update zu versuchen? Der Quelltext zeigt, welche Vorlagen verwendet wurden.

Copyright (c) 2001 Thomas Brattli (webmaster@dhtmlcentral.com)

DHTML coolMenus – Get it at coolmenus.dhtmlcentral.com
Version 4.0_beta

This script can be used freely as long as all copyright messages are intact.
Extra info – Coolmenus reference/help – Extra links to help files ****

CSS help: http://coolmenus.dhtmlcentral.com/projects/coolmenus/reference.asp?m=37
General: http://coolmenus.dhtmlcentral.com/reference.asp?m=35
Menu properties: http://coolmenus.dhtmlcentral.com/properties.asp?m=47
Level properties: http://coolmenus.dhtmlcentral.com/properties.asp?m=48
Background bar properties: http://coolmenus.dhtmlcentral.com/properties.asp?m=49
Item properties: http://coolmenus.dhtmlcentral.com/properties.asp?m=50

Also wählt man die Hauptseite des Projekts http://coolmenus.dhtmlcentral.com/projects/coolmenus. Oops!

Es ist schon interessant, wie sich Pornographie in bei der Gestaltung philosophischer Webseiten bemerkbar macht.

Kronenzeitungsniveau

“Die Presse” brachte am Montag einen Bericht über den österreichischen Bologna-Komplex. Er ist gezeichnet von ROSA SCHMIDT-VIERTHALER UND CHRISTOPH SCHWARZ. Die Recherche führte Frau Schmidt-Vierthaler auch zu mir. Ihre Sachkenntnis zeigte sie mit der Frage, warum die Institute nicht konsultiert wurden, als man freie Wahlfächer aus den Curricula nahm. Die Seriosität ihrer Berichterstattung läßt sich aus der folgenden Dokumentation ermessen.

Eine Frage lautete, warum die freien Wahlfächer in einigen Studien stark reduziert wurden. Das schrieb ich zurück:

“Auf die Schnelle” ist sie nicht zufriedenstellend zu behandeln. Das beginnt damit, dass es im juridischen Sinn nirgendwo mehr “freie Wahlfächer” gibt. Die waren eine Erfindung des UniStG 1998, was eine eigene Geschichte ist. Mit der Bologna-Umstellung ergibt sich die Frage, wieviel “Bewegungsspielraum” in den neuen Curricula vorzusehen ist und zwar – anders als in den Diplomstudien – in einer Bachelor/Master-Abfolge.

Darüber muss man sehr genau sprechen. Die kurze Antwort auf Ihre Frage ist (das ist jetzt meine zusammenfassende Einschätzung): Eine inadäquate Regelung aus 1998 ist unter den Voraussetzungen der Hochschulautonomie an verschiedenen Universitäten und in verschiedenen Studienrichtungen in unterschiedlicher Weise korrigiert worden.

Daraus wurde Folgendes:

Für die Reduktion der Wahlfächer verantwortlich sind die Senate. Der Senat der Uni Wien sieht Wahlfächer als „inadäquate Regelung eines überholten Uni-Gesetzes“.

“Wahlfächer” kommen in den meisten bestehenden Curricula vor, “freie Wahlfächer” sind, wie ich deutlich machte, eine Kreation des UniStG 1998.

Es ist, wie wenn mich jemand fragt, warum ich laute Musik problematisch finde. Ich antworte, weil laute Musik meine Ohren geschädigt hat. Und die Person verbreitet nun, dass ich Musik problematisch finde, weil sie meine Ohren schädigt.

Die Folie als Folie

Im Rahmen von der Vorstellung von W.Coy: PowerPoint. Macht und Einfluss eines Präsentationsprogramms ist mir ein Lehrveranstaltungblock von vor ein paar Wochen aus der Technichen Universität in Erinnerung gekommen.

Es wurde der Effekt ausgenutzt, dass die Beleuchtungsstärke des Beamers geringer ist als die des Overhead-Projektors. Die Power-Point-Folien bildeten, wie sich auch aus der Ethymologie herauslesen lässt, tatsächlich den Hintergrund (es standen Axiome und Schlussregeln drauf). Sie schimmerte uns etwas verblasst entgegen, während der Dozent auf der leeren Overhead-Folie einen Beweis demonstrierte, wobei er die Folie als Folie für seinen Beweis verwendete und sich während dem Schreiben darauf bezog.

folie

Bitte auch den Disclaimer beachten. Ein Sinn der Abbilder wird erst im Rahmen einer bestimmten Situation heraus deutlich.

Mit der Kombination von vorbereiteten Folien und geführten Beispielen kommt man bei der Vermittlung mancher Themen schon recht weit.

Ob das ästhetisch ist, bin ich mir aber nicht sicher.

Summe des Lebens

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Ich schreibe über Bildung. Ein Bespiel für ihren Verfall habe ich schon mehrfach verwendet: “Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein” – die DM-Werbung in Abwandlung eines Goethe-Zitates aus dem “Osterspaziergang”. Ein zweites Beispiel in dieselbe Richtung setzt beim Beginn der “Marienbader Elegien” an:

Und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt
gab mir ein Gott zu sagen, was ich leide.

Mir war in Erinnerung, dass Karl Kraus eine Abwandlung davon gegen die Mediengesellschaft seiner Tage gerichtet hatte. Die Recherche am Internet brachte es heraus. Die Zeile steht in der Fackel vom 13. Oktober 1908. So kann man es gut zitieren.

Plötzlich die Idee: ich habe doch – vor vielen Jahren – eine Anzahl originaler “Fackeln” bei einem Trödler entdeckt. Vielleicht ist die dabei? Und tatsächlich, von hunderten, ist diese eine Nummer in meiner Bibliothek. Ich lege sie auf den Scheibtisch, streichle das runzelige Papier, schlage die Seite auf.

leiden-sagen

Karl Kraus vollführt einen doppelten Karateschlag mit geben/nehmen und dem Wechsel der Wortstellung. Was für ein brillianter Zug. Die vergilbte Broschüre in der Hand, der satirische Orgasmus, nahe am Glück.

ein Jahr später

EIne Protokollnotiz darüber, warum die Wikipedia Erfolg hat und wie sich die Zeiten – eben durch diesen Erfolg – ändern.

Für einen Artikel, den ich gerade schreibe, brauchte ich Informationen zu Goethes berühmtem Gartenhaus im Park an der Ilm. Es wurde 1999, als Weimar europäische Kulturhauptstadt war, kopiert. Die Wikipedia gibt an, dass die Kopie 2001 in Bad Salza neu aufgestellt wurde.

Dort allerdings, und an der Adresse des 2. Gartenhauses ist zu lesen, dass es ein Jahr später war.

Nichts einfacher, als die Jahreszahl zu ändern.

Mittlerweile heißt es allerdings “bitte warten”, bis jemand die Änderung überprüft hat.

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Bahnhof verstehen

Am Wochenende diskutierte die “Gruppe Phänomenologie” und Gäste in Otterthal politische und ästhetische Aspekte der Philosophie Jaques Ranciéres. Ein Thema war seine Charakterisierung des Systems “Kunst”. Wie scharf ist es von anderen Wahrnehmungsweisen und Praktiken abgegrenzt?

Als Beispiel brachte ich das folgende Video. Nach Ranciére ist die Kunst dafür zuständig, Aufteilungen des Sinnlichen zu re-organisieren. Zusammenhänge, die im Alltagsverlauf verborgen bleiben, werden durch Interventionen im Wahrnehmungsfeld sichtbar. Wie man hier sieht, verschwimmen die Grenzen.

Flachgang?

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Peter Harlander, Robert Buchschwenter, h.h. Foto: P. Harlander

Gestern fand in Linz im Rahmen von 80+1 ein Expertengespräch zu Identität im Internet, speziell im Hinblick auf “Second Life” statt. Heute stoße ich zufällig auf eine Äußerung Jaques Rancières zu diesem Thema:

Jacques Ranciére. Aesthetics Against Incarnation: An Interview by Anne Marie Oliver. Critical Inquiry 35 (2008) Die Frage: “What about virtual reality?”

Virtual reality and all those video games that create a virtual reality are a form, one form among others. You have multimedia reality; you have virtual reality; you have the creation of imaginary worlds — Second Life and so forth.

It’s a kind of substitute, of course, for resurrection and the other world, but, in this case, we are in the field of social imagination rather than the field of art. … It is not the case that every reality has become virtual, for solid things still exist, and it is not true that everything melts into air – no, they don’t melt into air.

Das – und noch mehr Oberflächlichkeiten – in einem renommierten Journal! Und zur Plattheit paßt die Auferstehung. Die Versicherung, dass es sich um soziale Imagination handelt und sich nicht alles in Luft auflöst. Wir sind in unserem Gespräch auch an diesen Punkt gekommen, aber so flach ist das nicht geblieben. Das kommt davon, wenn man etwas analysiert, dessen Hintergründe man nicht untersucht hat, in diesem Fall die Logik der Interaktivität.