Der Chaos Computer Club und der Poststrukturalismus

Ich finde es spannend und beeindruckend, dass der CCC philosophische Podcasts ausstrahlt, in der der pragmatisch und nach Greifbaren orientierte Informatiker konfrontiert wird mit dem historisch-umsichtigen und nicht-greifbaren Philosophen, gerade weil es dadurch zu liebenswürtigen Urteilen oder Verständnisschwierigkeiten kommt. Beide müssen sich dazu überwinden, die Sicht des Anderen zu bedenken, die Prioritäten des Anderen zu bemerken und auf sie einzugehen:

Ein Fragment:

Philosoph: Die Philosophie “hat das Problem, dass ihr Arbeitsmittel braun geworden ist”.
Informatiker:
Braun? Im Sinne, von… Scheiße!?
Philosoph:
Es ist opak.
Informatiker
: Es ist opak!
Philosoph
: …Es sollte aber möglichst glasklar sein.
Informatiker
: Ah, verstehe. Es ist sozusagen getrübt.
Philosoph: Die Vernunft […] fassen wir jetzt mal als Apparat. Diese Vernunft muss
aber auch zu einem Verhältnis zu sich selber zu Urteilen kommen. Eine Reflektion – Repräsentation. Denn wenn sie sich über sich selbst nicht Rechenschaft legen kann, wie soll sie dann vernünftige Urteile über den Rest der Welt ablegen. Das kann sie aber nur mittels der Sprache. Doch eigentich ist sie doch der Sprache übergeordnet, aber die Sprache ist ein Phänomen, für die Vernunft eigentlich dafür gedacht ist, dass sie sie zu beurteilen hat. Und damit kommen wir in einen erstmal nicht lösbaren Widerspruch…

Und ein Anderes:

Informatiker: Verzeih mir meine plumen Versuche, das rüberzubringen […] War das wirklich was konkretes? Philosohpie ist immer so unkonkret. Wie so ein Fisch im Bach, den man versucht zu greifen und der die ganze Zeit hin und herflutscht und sagt: ‘Ne, so einfach ist es nicht, ich muss nochmal kurz nach oben schwimmen.’

Philosoph: Das Problem ist, dass das Instrument gleichzeitig sein Material ist. Du sezierst dich quasi selbst – als lebendes Objekt.

Informatiker: Das ist Software… im Besten Sinne.

Ein schönes, hörenswertes Beispiel für eine fächerübergreifende Diskussion (+ Möglichkeit, darauf Bezug zu nehmen).

Konsulent

Für Überlegungen zu Sokrates suchte ich nach einem Terminus, der die Rolle der Sophisten in prägnanter aktueller Form fasst. “Politikberatung und Persönlichkeitsentwicklung” ist nicht schlecht, aber ich wollte es noch kürzer haben und dachte an “Konsulenten”. Um mich zu vergewissern ein Blick ins Web und dabei eine Überraschung.

Der Ausdruck ist in Norwegen verbreitet: En konsulent er en person die ihr Wissen (ökonomisch, juristisch, technologisch, informatisch) für Geld zur Verfügung stellt. Das ist auch mein Verständnis. Jedoch auf Deutsch ist das nicht so eindeutig..

Hier ist das Wort als Kategorie jüdischer Juristen in der Zeit des Nationalsozialismus angegeben. Jüdische Rechtsanwälte, denen man die Berufsberechtigung entzogen hatte, bezeichnete man als “Konsulenten” für andere Juden. Ich traute der WIkipedia in diesem Punkt nicht ganz, also nahm ich den Duden zur Hilfe:

(veraltet) [Rechts]berater, Anwalt

Was sich hinter “veraltet” verbergen kann. Leben mit Leichen.

Politik und Basketball

Es beginnt harmlos, wenn der Küchenchef für ein Speiseöl Werbung macht und wird problematisch, wenn Hermann Maier für Raiffeisen lächelt: die Autorität in einem Bereich soll auf einen anderen abfärben. Der Bekanntheitswert von George Clooney fördert Nespresso.

In einem Wahlkampf suchen sich Politiker prominente Künstler/Sportlerinnen/Wissenschaftler, um sich mit ihren Unterstützungen zu schmücken. Das ist die Logik der Plakate und des Fernsehens. Ein aktueller Videoclip auf Youtube zeigt, dass sich da etwas ändert.

Es ist kein TV-Spot, sondern eine private Aufnahme, die nichts mit einer Werbeagentur zu tun hat. Aber das Thema des “Abfärbens” ist unübersehbar. Basketball hat nichts mit Politik zu tun. Ein Kandidat kann das in seiner Freizeit machen. Es ist aber – wider besseres Wissen – packend, wenn ein Politiker vor Publikum das Risiko eines 3-Punkte-Wurfs (von 6,25 Meter aus) eingeht – und es gelingt.

[youtube j87k1j4CpOw]

Politik und Vernetzung

Angesichts der in Österreich bevorstehenden Nationalratswahlen im September ist bei mir die Frage aufgetaucht, warum man eigentlich noch nicht auf die Idee gekommen ist, die neuen Vernetzungsmöglichkeiten des Internet politisch zu nutzen; zum Beispiel für Wahlen, zur Entscheidungsfindung, zur Transparenz von Regierungsbeschlüssen, zur Feinabstimmung (oder radikalen Verwerfung) von Parteiprogrammen, zum Dialog mit den Repräsentanten, u.v.m.

Ich habe deswegen eine kleine Google-Rundfahrt unternommen und bin dabei auf einige nette Sehenswürdigkeiten gestoßen, die durch die Schlagworte “Politik 2.0”, “e-Democracy”, “e-Partizipation”, usw. bezeichnet werden. Die Links habe ich hier deponiert. In diesem Artikel möchte ich nur auf eine dieser Sehenswürdigkeiten zu sprechen kommen, die direkt mit dem engen Kontext, in dem mir die Ausgangsfrage gekommen ist, zusammenhängen:

PARTEI3: Für die kommende NR-Wahl in Österreich wurde von Anonymen Benutzern (mutmaßlich Studenten) eine Initiative “Partei3” gegründet, die den Anspruch hat 1000 Mitglieder und 2000 Unterstützungserklärungen zu sammeln, um mitregieren zu können. Das zunächst Provokante: Die Partei3 hat weder Themen noch Wahlprogramm. Sie ist eine Art Leerstelle, die von den Mitgliedern (mit mindestens 10 EUR ist man dabei) mit Inhalten gefüllt werden kann. Dadurch kann jeder (mit Internetzugang und 10 EUR) (s)einen virtuellen Draht zur Politik verwirklichen, Projekte vorschlagen, sich selbst als Spitzenkandidat aufstellen lassen, kurz: Entscheidungen treffen, die Auswirkungen auf das öffentliche Leben in Österreich haben können (wenn man das unter Politik verstehen will). Partei3 versteht sich als “basisdemokratische” Bewegung – hört man zwar gerne, braucht aber meiner Ansicht nach konkrete Umsetzungsvorschläge, um auf breiter Front akzeptiert zu werden. Dass so etwas – virtuell und wie Weber-Wulff in Hyperkult17 andeutet, auch mit Problemen – funktioniert, zeigt die Organisation von Wikipedia.

Zurück zu Partei3: Was nach einer netten, basisdemokratischen Idee erscheint, könnte sich bei genauerer Betrachtung als zu wenig ausgereift herausstellen. Innerhalb von 60 Tagen (und ohne große Vorbereitungen) soll eine Partei entstehen, die zunächst einmal für “nichts” steht außer dass sie die fixe Vorstellung hat, entweder einer Koalition mit Rot-Grün oder mit Schwarz-Grün als dritte Regierungspartei beizutreten (daher rührt wohl der Name “Partei3”). Außerdem ist fragwürdig, ob durch das Beantworten von vorgegebenen Fragen tatsächlich von Entscheidung gesprochen werden kann. Ein durchdachteres Entscheidungsfindungskonzept, das auf die Eigenheiten der Politik Rücksicht nimmt und das sowohl von Software-Architekten, Designern, Juristen, Politikwissenschaftlern und nicht zuletzt: Philosophen beleuchtet wird, wäre als Experiment (das bei Erfolg skalierbar wäre) reizvoller.

In einem der Kommentare auf der Homepage heißt es: “Wir sind am richtigen Weg, oder die Wege entstehen im Gehen “. Dem kann ich zustimmen. Eine einfache Idee kann schrittweise ausgebaut werden (ein Beispiel dazu: AbgeordnetenWatch.de). Doch ein Bedenken muss ich anbringen: Will man Wege im Gehen entstehen lassen, kommt man sehr bald zu dem Begriff “Trampelpfad”. Um zu vermeiden, dass allein die Anzahl der abgegebenen Stimmen die Entscheidungen bestimmen, ist es notwendig, die im Netz entstandenen neuen Kommunikationsformen (Wiki, Blog, Content-Management-Systeme, SocialNetwork-Analysemethoden,Mischformen davon) sinnvoll zu benutzen. Dann nämlich können Argumente durch Überlegung und Erfahrung geprüft, kommentiert, vernetzt werden. Durch gezieltes Einsetzen der Webtechnologien wird ein Überblick & eine Anylse der verschiedenen Standpunkte möglich, und auch das kann noch unverzüglich kommentiert, angezweifelt, kritisiert werden, wodurch schlussendlich so etwas wie eine Ideenevolution sichtbar und nachvollziehbar wird. Nur durch Votings kommen diese Vorzüge des Virtuellen nicht voll zum Tragen.

Es wird sich zeigen, wieweit die öffentliche Kommunikation im Cyberspace gehen wird und welche Ausmaße sie annimmt. Bis dahin nehme ich mir vor, Nutzen und Nachteil aktueller und möglicher Entwicklungen in diesem Kontext (aber nicht nur auf Politik bezogen) zu studieren, denn oft kann eine scheinbar “gute” Intention grausame Früchte treiben.

Kongresstourismus

Früher hieß es “Hast Du vom Urlaub Bilder mitgebracht?” Mittlerweile ist man überall von Fotoapparaten umgeben, auch wenn man auf Kongresse fährt. Sie werden dann auf den geeigneten Webportalen gesammelt. Jeder Kongress hat dabei seine spezielle Ästhetik, z.B.Cyberspace 2007 in Brno oder CATaC 2008 in Nimes.

Es gibt Aufnahmen von Auditorium, vom Buffet und von den Sehenswürdigkeiten des jeweiligen Ortes. Natürlich auch – in einem anderen Format – die Präsentationsunterlagen. Hier eine besondere Mischform, ein Foto des Hochaltars der Augustinerkirche in Korneuburg im Vortragssaal der juridischen Fakultät Brünn:

Dazu das Foto als selbst:

Und dazu der Artikel, der sich dieser Bilder bediente.

Hyperkult 17

Vergangene Woche:

Hyperkult 17 an der Universität Lüneburg

Davon habe ich diese Beobachtung aus der Diskussion um Datenbanken mitgebracht: Es gibt einen wichtigen Unterschied beim “Suchen”. Wenn man in einer Datenbank sucht, also z.B. nach Bildern verschiedener Säulen oder bestimmten Verhaltensmustern in Filmausschnitten, sucht man in vorgefüllten Kategorien. Im Unterschied dazu ist die Klassifikation, die zu einer Datenerfassung führt, ein Risikounternehmen. Das erste Unternehmen stützt sich auf die Urteilstätigkeit des zweiten. In einer Datenbank steckt ein Konsens, den man durchsuchen kann, während, wenn man in den Daten “sucht”, der Konsens gleichzeitig entsteht (und eventuell verlorengeht).

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Uni Wien bei Umstellung auf Bachelor-Studien fast am Ziel

Wien (APA) – Die Universität Wien ist bei der Umstellung auf die europäische Studienarchitektur, also mit Bachelor- und Masterstudien, fast am Ziel. Mit Beginn des kommenden Studienjahres werden auch die historisch – kulturwissenschaftlichen und die philologisch – kulturwissenschaftlichen Studien nur mehr in der Bachelor- und Masterstruktur angeboten, erklärte die Vizerektorin für Studierende, Christa Schnabl, am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien. Sprachstudien wie Germanistik, Slawistik oder Romanistik und historische Studien wie Archäologie, Zeitgeschichte, etc. können nur mehr in der neuen Studienform inskribiert werden.

Damit sind an der Uni Wien fast alle Studien umgestellt, Ausnahmen bilden nur noch jene, wo es gesetzliche Einschränkungen (Lehramtsstudien) bzw. eine Abstimmung mit den Berufs- und Standesvertretungen notwendig ist (Pharmazie, Psychologie, Jus und manche Theologie-Studien). Für Schnabl bedeutet das einen “historischen Punkt” für die Uni Wien. Das Studienangebot der größten Uni des Landes im Studienjahr 2008/09 – die Zulassungsfrist dafür beginnt am 1. Juli – umfasst damit 49 Bachelorstudien, 100 Masterprogramme sowie 21 Universitätslehrgänge.

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