Gott ist tot. Mini-Transzendenz und Aufmerksamkeit

Zuletzt erschien ein Podcast in der Philosophischen Audiothek, der einen Vortrag von Ernst Tugendhat von 2002 neu kommentiert:

Den Ausgangspunkt bildet die durch Nietzsche zugespitzte Aussage “Gott ist tot”, und dadurch die Erkenntnis, dass der Bezug auf Übernatürliches nicht (mehr) wesentlich zum Menschen dazugehört und ihn bewegt. Was bleibt ist: Menschen gehen, so der Titel des Podcasts, über sich hinaus. Zwischen einem selber und Gott gibt es ein weites Feld für Überschreitungen, das zwar nicht übernatürlich ist, aber auch nicht völlig vereinnahmt werden kann. Auf dieses Feld zielt die immanente Transzendenz ab, dessen Ausgestaltung im Podcast erörtert wird. Ich verharre in diesem Blogpost erst einmal beim Ausgangspunkt und lasse dann meine Lektüre zu Michel de Certeau, Pierre Manent, und einen Veranstaltungsbesuch über die Generation Y miteinfliessen, um zu sagen: Die immanente Transzendenz enthält keine inhaltliche Vorgabe, wohin die Reise geht. Sie stellt uns vor Herausforderungen, wenn es um die Bildung einer gemeinsame Stimme geht, die für eine Sache fortschreitet. Dieser Mangel kann durch mächtige Interessen (z.B. ökonomisch oder politisch) ausgenutzt werden.


 

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Der spekulative Satz

spekulativ

Ontologische Themenstellungen, siehe etwa am Beginn von Alain Badious “Sein und Ereignis”[1. http://diaphanes.net/buch/detail/3382], hängen an der Struktur von Aussagesätzen. Das liegt einfach daran, dass von “Seiendem” und “Sein” deshalb gesprochen wird, weil das Hilfszeitwort “sein” (idealtypisch) alle Sätze zusammenhält, in denen etwas von etwas gesagt wird. Wie stehen diese beiden “etwas” zueinander? Die Frage führt tief in die Philosophie.

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“Anstößig ist die Lokalisierung”

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(c) Agnes Prammer – Happiness is here (January 2016, Tokyo)

“Anstößig ist die Lokalisierung”, schreibt Herbert Hrachovec zwei Blog-Posts vorher. Er nimmt Bezug darauf, wie eine seiner Studentinnen (m/w) ihre Anregung zur Lehrveranstalltung in die Tat umsetzte. Statt darauf zu warten, dass die Lehrperson die hiesige Lernplattform modifiziert, verwendet die Teilnehmerin eine existierende Facebook-Gruppe um ihren Vorschlag gleich in Gang zu setzen. Dadurch erhielt sie eine größere Leserschaft – größer als der Kreis des an Teilnehmern beschränkten Seminars und konnte außerdem ihrem Impuls sofort nachgehen. Die Lehrkraft weist darauf hin, dass Facebook nicht der geeignete Ort ist, ein Seminar zu organisieren: Die Kräfte gehören lokal gebunden.

Es folgen Überlegungen die nahelegen, die Begriffe Immanenz, Transzendenz und Offenbarung im Licht von Smartphones, Cloud Computing und Immigration neu zu denken.

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nochmals unter der Oberfläche

2013-09-03 15.32.41

Am 14.3. brachte der ORF im Morgenjournal eine Reportage über die Stimmung im türkischen Milieu am Brunnenmarkt. Anlass war der Konflikt über die Aussperrung türkischer Politiker (m/w) in den Niederlanden. Alle interviewten Männer argumentierten gegen solche Verbote und es ist lehrreich, ihre Gründe zu hören.[1. Die Logik des Stammtisches ist natürlich nicht auf dieses Beispiel beschränkt.] Es gehört zum Thema der beschwerdelosen Oberfläche und der untergründigen “strukturellen Gewalt”, der sie unversehens unterliegt.[2. Vgl. die Einträge plain text und “carefree usage by hiding complexity”.]

 

[podloveaudio src=”http://phaidon.philo.at/qu/wp-content/uploads/2017/03/oe1-14.3.mp3″]

 

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“carefree usage by hiding complexity”

kopod

 

Andreas Kirchner diskutiert (im vorletzten Beitrag) das Verhältnis von glatter Oberfläche und dahinter liegenden Kräfteverhältnissen am Beispiel gebräuchlicher Textcodierungen im Internet. Ich illustriere das Thema anhand einer Episode aus meinem laufenden Seminar über Podcasts.

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Geschäftsmodell Eitelkeit

Gewöhnlich zeigt mir Google, wenn ich einen erkärungsbedürftigen Terminus nachschlage, auf der ersten Seite zumindest einen Wikipedia Eintrag. Nicht so für “Video Sales Letter”, da taucht die Enzyklopädie erst auf der 4. Seite auf — und dort nur mit “Sales Letter”, ohne Video. Eine schmerzhaft US-amerikanische Propaganda für das Video Sales Letter Formula steht in der Suche ganz oben.

Ich suchte nach einer Erklärung zu diesem Thema, denn ein Kollege hatte im Seminar “Podcasts philosophisch” unter Rückgriff auf Plato eine Satire auf diese Werbeform produziert:
Dihairesis. Deine persönliche Blaupause zur Begriffsbestimmung. Die wichtigste Regel für solche Einschaltungen scheint zu sein, die Konsumentinnen nicht durch Kontrollknöpfe in den Ablauf der Werbung eingreifen zu lassen, die ohne Aufforderung (auto-play) abgespiet wird.

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plain text

ASCII was very carefully designed; essentially no character has its code by accident. Everything had a reason, although some of those reasons are long obsolete.
kps

As digital natives we tend to take for granted the significant efforts of intelligence that enabled the global tech revolution. Here is one small detail about ASCII control characters, which are for example still used to some extend in terminals (ssh).

What we can learn here is compactness and elegance. But let’s not transfigure the past. Maybe it’s a lesson about the temptations of universality.

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“Alternative Fakten” und Bruno Latour

trumpobama

Es wurde behauptet, dass es sich bei Donald Trumps Inaugurationsfeier um die größte Feier dieser Art gehandelt hat. Dagegen spricht das Foto, das zeigt, dass Obamas Publikum bei der Inaugurationsfeier wesentlich zahlreicher war als Trumps Publikum. Wie steht es nun um die Fakten? In diesem Eintrag soll der Versuch gemacht werden, diese Frage mit Bruno Latour, speziell seiner Ansicht zur “Kritik”, zu beantworten.

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Komplikationen, Kompilationen

Adventtuer 2016

Die Einladung zu einem Weihnachtsessen mit Musik hat die folgende Tonspur hervorgebracht. Ein Rückgriff auf Nestroy und das Wiener Kabarett der Zwischenkriegszeit, um Fluchtbewegungen und Welterschütterung ins Wohnzimmer zu bringen [1. Die Folge der Interpreten: Kurt Sowinetz – Hermann Leopoldi – Franz Imhoff – Kurt Sowinetz – Hermann Leopoldi.]