Job security in Budapest. Two letters

János Boros, Director of the Institute of Philosophy at the Hungarian Academy of Sciences, has been named in Laszlo Tengelyi’s open letter as responsible for the dismissal of a number of philosophers at his institution. The letter, furthermore, suggested a close connection between these decisions and the more recent debate about the new Hungarian media law and the Orban government in general. Boros has replied to Tengelyi’s remarks in a letter that has yesterday become available to non-Hungarian readers.

Statement Boros (German and English)

Boros makes some important points:

  1. Certain members of the institute were demonstrably unqualified for the job they were holding
  2. He had been appointed before the spring elections 2010
  3. He is in no way responsible for the actions taken by Gyula Budai in investigating the embattled six philosophy projects of which just one was granted to the Academy institute (and finished before his appointment)

Point (1) seems to have some validity. I have not seen the CVs of the persons fired, but I assume that Boros does not make up the cases he mentions. Point (2) is also correct, but has to be put into perspective. József Pálinkás, president of the Hungarian Academy of Sciences, has been minister of education in the first Orban administration. The appointment of János Boros was due to him, against the majority of the members of the Institute.

Point (3) is the most contentious one and Tengelyi addresses it in a reply, dated 2011.01.30:

Tengelyis Antwort auf Boros (German)

Tengelyi’s reply (English)

The following circumstances deserve to be mentioned:

  1. The conflict concerning Boros’ appointment and the discovery of alleged shortcomings in the one philosophy project granted to the Academy predates the Budai investigations
  2. This internal conflict was gladly taken up and enhanced by Gyula Budai in his more encompassing campaign against irksome philosophers
  3. Instead of calling for restraint (let alone defend fellow philosophers) János Boros was clearly siding with the disproportionate public campaign orchestrated by Gyula Budai and “Magyar Nemzet”
  4. Which is not really surprising given the bitter infight preceding his appointment

Funding Philosophy in Budapest

Updates: one, two, three, four, five.

Bálint Magyar is, to all appearances, an energetic politician. He was Hungarian Minister of Education and Science from 2002 – 2006 and is currently a member of the Governing Board of the European Institute of Innovation and Technology. One of his initiatives was the founding of a National Office of Research and Technology. And one of the activities of this office was to publish a call for projects “to explore the national heritage and social challenges facing us today”.

Bálint Magyar is persona non grata for the current right-of-center Hungarian government. Magyar Nemzet, on the other hand, is a daily with close ties to FIDESZ. On January 8th it featured this quartett:

Magyar Nemzet (“Hungarian Nation”) claimed that those philosophers had missused funds on a large scale. All of them are considered “liberal”, i.e. skeptical about the present homeland politics of their country. It seems that after considerable philosophical infighting some insider has triggered a police investigation into the finances of six projects carefully selected to incite a maximum of populist indignation. Magyar Nemzet runs an almost daily campaign on behalf of the Orban government, insinuating that an elitist intellectual clique has taken control of Hungarian academic life. (Alas, still an effective type of accusation.)

It is easy to whip up resentment against money spent on philosophy. Mihaly Vajda’s project was on “The Spirit of European Totalitarism”; Agnes Heller’s on Nietzsches, Lukács and Heidegger. Another scholar, Kornél Steiger had undertaken new translations of Plato. What a waste of taxpayers money, since a translation is already available. 🙂

Laszlo Tengelyi, a native Hungarian, teaching philosophy in Germany, has addressed an open letter to the most important German philosophical associations in order to draw attention to what he calls revenge against political opponents. It is a disturbing story. Here are some links (English an German):

Update:

Mihaly Vajda’s youtube statement (in German).

Organisation einer Universität, nur wie?

“Organisationsplan neu: Erwartet uns eine Re-Demokratisierung der Universität Wien?” war der Titel der gestrigen Podiumsdiskussion, in der die Ergebnisse der Evaluation des Organisationsplans sowie die Frage diskutiert werden sollten: Welche Konsequenzen haben diese Ergebnisse für die künftige Struktur unserer Universität?

Zur Zusammenfassung der Statements hier klicken.

Vielleicht war das Re- etwas irreführend, weil es die Hoffnung in der Vergangenheit sieht. Weitere Überlegungen nach dem Break.

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Kooperation – Opium für Peers?

Gegeben sei eine Organisation mit eingefahrenen Strukturen, einer Kultur des (Zusammen-)Arbeitens und einer Strategie, Ziele und Aufgaben zu bearbeiten. Im Laufe der Zeit kommt es zu neuen Situationen, die für eine Veränderung des aktuellen Zustandes sprechen.

Gesucht ist ein Weg, der neuen Situation gerecht zu werden. Erarbeiten Sie einen Weg, wie die Entscheidungsträger die Organisation nachhaltig verändern und dabei die definierten Ziele erreichen können. Beachten Sie dabei stets die sozialen und psychologischen Phänomene, die bei Verändungen auftreten können (Vgl. Abbildung: Tal der Tränen sowie das 3-Phasen-Modell von Kurt Lewin).

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born in the USA

Ich schreibe an einem Artikel: “Zweimal Paris: Wahn und Wirklichkeit”. Er beginnt mit einer Episode, die M. Foucault zitiert. Ein Psychiater des 19. Jahrhunderts ist mit einem Patienten konfrontiert, der die Existenz von Paris leugnet. Als der Nervenarzt mit ihm nach Paris fährt, antwortet der Patient: Das ist die Provinzstadt Langres, die nur so aussieht, wie Paris. Eine erste Pointe besteht darin, dass man in diesem Fall den Wahrheitsanspruch nicht relativistisch abwerten kann. Es geht – für beide Seiten – um einen Konflikt. Wenn einander die Positionen nicht ernsthaft gegenüberstehen, gerät man von einem Erkenntnisproblem zur Psychotherapie.

Auch ohne den psychiatrischen Hintergrund trifft man auf ähnliche Konfrontationen. In den USA wird derzeit von einigen Freaks die Staatsbürgerschaft Barack Obamas abgestritten. Das Video ist “spooky”:

Der Präsidentensprecher nimmt es richtig:

Informationen zu den Fakten hier oder hier.

resurrect

ch-scheme1

Siehe die Kommentare zum letzten Beitrag.


Bericht Houhn

Uni ist eine Einrichtung „sui generis“. Von den 3% Gestaltungsreserve bis 2013 verwendet er nur 2%, der FWF bekommt davon die Hälfte, sodass dieser Anteil wieder an die Unis zurückfließt.

STEP: 0.5 bis 2 Semester Orientierungsphase, ab WS 2011 fix.

Zugangsbestimmungen Master, PHD: Senat entscheidet, ob er solche haben will. Entscheidung soll transparent ablaufen, Übergangsphase muss enthalten sein. Innerhalb der Uni muss ein Bakkalaureat auch einen Master erlauben.

Bologna: Es soll 8-semestrige Bakk als Ausnahme auch geben (wohlbegründet), anschließender Master darf aber nicht verkürzt werden. -> Lehramtsstudien.

Human-Medizin: Zulassungen bis 2015 auf bis zu 2000 anheben. Vet-Med: 250. Psychologie: 230

Quoten: nur für Medizin, sonst eine Möglichkeit einer Ministerverordnung, die eine Universität beantragen muss, und der das Parlament zustimmen muss.

Bakk, Master, PhD: Keine Mehrfachanerkennung von Arbeiten

Kliniken (Med-Unis): Arbeitszeitmodell in Arbeitsübereinkommen zwischen Uni und Spitalsträger. Es sollte 70% Klinik versus 30% Forschung ins Gesetz

Refundierung Studienbeiträge: Es hat angeblich 35% mehr Neuinskribenten nach Abschaffung der Studiengebühren gegeben. Studienaktiv soll 8+8 ECTS sein.

-> Studienplatzfinanzierung soll angegangen werden. Grenze Finanzierung ist WS 2008/09: 157 Mill Euro

Rektorswahl: 80% der Wahlen verliefen ok, Regelungsbedarf bei Problemfällen. Fristen werden gesetzt. Wiederwahl des amtierenden Rektors wenn Senat und Unirat mit 2/3 Mehrheit dafür. Findungskommission: 2 Senat, 2 Unirat – Vorsitzende müssen drinnen sein. >=5er Liste an Senat, 3er Vorschlag an Unirat.

Senatszusammensetzung: 18- oder 26-er Senate.

ProfessorInnen 50%
1 Allgemein Uni-Bedienstete(r)
25% Studierende
25% Wiss. MitarbeiterInnen

§99 Professur auf 5-6 Jahre anheben. Maximal 15% der wiss. MitarbeiterInnen. – Unirat entscheidet die Quote.

Ende Bericht Houhn


W: Gut, dass UG Laufbahnmodelle zulässt. Finanzierung ist Rücknahme der Autonomie und widerspricht den Beschlüssen vom 24.9.08. Zusatzkosten für 40.000 Studierende mal 730, tatsächlich mal 5.000 Euro. Bei Aktiven fallen PhD und Erstsemestrige raus, da nicht durch Prüfungen erfasst.

Handlungsfähige Organe: Probleme bei Einzelverträgen mit den Personen im Rektoratsteam.

C: Kompetenzverschiebungen zu Ungunsten des Senats. Studienauflassung durch Rektor inakzeptabel. Rektorswahl: Mehrheit des Senats in der Findungskommission, Vetorecht des Senats gegen Liste. Problem: 10% freie Wahlfächer bei Bakk. STEP: wieder viel Arbeit für Adaption der Studien.

K: Überarbeitungen des UG ok, STEP ok, coaching soll verbessert werden. Ordentliche Betreuungsverhältnisse nach STEP wichtig. Rektorswahlen: Senat soll Mehrheit in Findungskomm haben. Finanzierungsproblem: 3% sind 10 Millionen pro Jahr. Studierende: Mindest 4+4 ECTS für aktive ok, 8+8 zuviel, 2+2 würde reichen, da die, die nur aus Jux studieren gar keine Prüfungen ablegen.

L, MUG: Unirat und Rektorswahl soll so wie im Entwurf stehen bleiben

S: Psychologie: jetzt 600, 1200 sind nicht finanzierbar. §99 Professuren steigern die Personalkosten und die Leute arbeiten ja nachher nicht mehr als vorher. Warum also besser bezahlen (W wirft ein, dass sie ja dann keine Beamten mehr sind). Gegen §99 Professuren, gegen 15%, gegen Umbau des Senats.

K: 15% qualifizierten Mittelbau gibt es nicht. Senat: neue Zusammensetzung schlecht, fordert 50%+1, internationale Gepflogenheit, damit Höchstqualifizierte Einfluss auf Uni nehmen können.

S: gegen Selektion, STEP. Für neuen Senat, besser 1:1:1.

Wissenschaft in der Krise. 2 Interpretationen

Heute abend fand eine Podiumsdiskussion zum Thema Wissenschaft in der Krise. Die aktuelle Wirtschaftskrise und Anforderungen an wissenschaftliche Forschung statt. Vorweg muss ich sagen, dass man, um der Diskussion vernünftig folgen zu können, mehr Ahnung von Wirtschaftswissenschaften und Politikwissenschaften haben sollte als ich. Deswegen verstehen sich die folgenden Notizen nur als eine Art Dokumentation der Diskussion ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder einer Plausibilitätsprüfung.

igwt_dollarbills

Es gab zwei Phasen ohne Diskussion (Gründe der Krise und Rolle der Wissenschaften in der Krise) und eine Schlussphase mit einem unerwarteten Intermezzo über ein aktuell heißes hochschulpolitisches Thema der Uni Wien (Stichwort: Kollektivvertrag), wobei aber von Seiten der Moderation versucht wurde zu verhindern, dass der Rest der Diskussion durch dieses Thema beherrscht wurde (was sich IMHO nicht völlig verhindern ließ).
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Gespräche in Tehran

Was für eine Heuchelei! Die Universität Wien pflegt internationale Kontakte und läßt sich von Iranischen Regierungsstellen den Aufenthalt einer Kontaktgruppe bezahlen. Wir reisen vier Tage durch das Land, treffen uns mit zahlreichen Kollegen und Universitätsfunktionären und finden eine Menge Interesse und Anknüpfungspunkte.

Nur um dann von unserer Universitätsleitung zu hören, dass ein Kooperationsvertrag natürlich nicht in Frage kommt, weil das auf den Widerstand der Kultusgemeinde stoßen würde. Wie der iranische Geschäftsträger uns vorgewarnt hatte: Die einschlägigen Telefonate lassen nicht auf sich warten.

Hier, als kleine Geste in die andere Richtung, Bridge to Iran: Conversations in Tehran.

Mission und Dialog in Europa, andersrum

Resurrection
Image by AmahRa58 via Flickr

Alain Badiou ist im Moment einer der prominentesten französischen Philosophen. Eben erschienen ist sein Worfür steht der Name Sarkozy?. Wenn man sich ansieht, wie er gegen die Konventionen der Mainstream Demokratie argumentiert, findet man eine ausgesprochen erlösungstypische Rhetorik. Er ist missionarisch unterwegs.

“Die Illusionen ablegen” heißt kategorisch zu leugnen, daß die Wahl eine echte Entscheidung ist. Es heißt, sie als organisierte Desorientierung zu erkennen, die dem Perso­nal des Staats freie Hand gibt. Das ganze Problem ist dann, diese Illusion affirmativ zu verwerfen, das heißt: das Prin­zip einer Orientierung des Denkens und der Existenz woanders zu finden. Zu diesem Zweck, um die Illusion als Illusion zu erkennen und sie zu verwerfen.”

Es gibt eine in den Grundsätzen falsche Welt, der wir durch einen Erkenntnisschub entkommen können. Er führt zu einer qualitativen Umwertung, durch die die “Arbeiter ohne Papiere” – die Ausgestoßenen dieses “saeculums” – ins Zentrum geraten.

Die Orientierung. Sie erfolgt auf Distanz zum Staat, also insbesondere außerhalb der Wahl. Ihre Sache ist es, noch nicht da Gewesenes im Realen zu konstruieren. Sie besteht in der Inkorporation in einen Wahrheitsprozeß, besonders bei der direkten politischen Organisation de­rer, die hier aus der (falschen) einzigen Welt herausge­halten und in die »andere« Welt abgeschoben werden. Im Kern dieses aus der Welt exilierten Proletariats: die Arbei­ter ausländischer Herkunft. Und im Kern dieses Kerns: die Arbeiter ohne Papiere.

Der Effekt ist eine Extase, eine Überschreitung und eine neue Wahrheit:

Das Subjekt-Werden ist das Ergebnis der als Orien­tierung gedachten Inkorporation. Das menschliche Indi­viduum, das Lebewesen, das darauf abgerichtet ist, an­gesichts der Ware bloß seine unmittelbaren Interessen zu kennen, macht sich zu einer Komponente des Wahrheits­körpers neben anderen, und damit überschreitet es sich als Subjekt.

Woran erkennt man denjenigen, der seine angebliche .,freie Individualität«, will sagen das Stereotyp, in dem er aufgelöst ist (denn was ist monotoner, was einförmiger als die »freien« Individuen der Marktgesellschaft, die zi­vilisierten Kleinbürger, die wie die Papageien ihre lächer­lichen Ängste wiederholen?), in der lokalen Festigkeit einer transindividuellen Wahrheit überwindet?

Das in Aussicht genommene Ergebnis ist sicher attraktiv. Eine

… Überzeugung, daß es unendlich wichtiger ist, zusammen mit vier afrikanischen Arbeitern aus einem Heim, einem Studenten, einem chinesischen Handlanger aus der Textilbranche, einem Postler, zwei Vorstadt-Hausfrauen und ein paar Nachzüglern, ein Treffen zu organisieren, das die Verständigung über einen Punkt und, von den Pressionen des Staates unbeeindruckt, eine Dauer herstellen kann – um ein ihm selbst inkommensurables Unendliches wichtiger, als den Namen eines ununterscheidbaren Politikers in die staatliche Wahlurne zu werfen.

Dennoch ist das eine eigenartige Mischung aus Erweckungs-Mentalität und einer Sprache, die sicher kein Postler versteht. Also braucht Badiou einen Hochschullehrgang für Mission und Dialog in Europa?