Zur Leichtigkeit des Seins

Jeder Schüler kann in der Physikstunde durch Versuche nachprüfen, ob eine wissenschaftliche Hypothese stimmt. Der Mensch aber lebt nur ein Leben, er hat keine Möglichkeit, die Richtigkeit der Hypothese in einem Versuch zu beweisen. Deshalb wird er nie erfahren, ob es richtig oder falsch war, seinem Gefühl gehorcht zu haben.

Wenn man in der Schweiz Universität sagt, dann meint man in der Regel eine der beiden technischen Universitäten: die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ) oder die École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL). Anders gesagt, das Verständnis von Universität ist ingenieurswissenschaftlich geprägt. Unterwegs im Zug überquere ich den “Röstigraben”. So fasst man die gefühlten Unterschiede zwischen der Romandie und la Suisse Alémanique zusammen. Es ist eine spezielle Erfahrung: Formal ändert sich fast nichts und doch fühlt es sich anders an. Ich sitze im selben Zug im selben Land. In Lausanne hörte man die Durchsagen zuerst auf Französisch dann auf Deutsch und Englisch. Nach Fribourg/Freiburg wechseln Französisch und Deutsch die Plätze. Auch die Fahrgäste sprechen plötzlich überwiegend etwas dem Deutschen Ähnliches. Die Dynamik (Geräusche, Bewegungen) ändert sich. Dann erreicht mich die folgende Meldung:

Leicht nehme ich diese Meldung nicht und weiß gar nicht wo ich anfangen soll.

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ruaf mi ned an

Die weinerliche Raunzerei mancher Austro-Popper stößt ab. Georg Danzer habe ich kaum registriert und jedenfalls nicht interessant gefunden. Vor einiger Zeit hörte ich eine seiner Schnulzen in der Fassung von Agnes Heginger und Klaus Wienerroither (BoABoA). Etwas daran trifft. Man muss den Text zerlegen.

Ruaf mi net an weil du wasst doch genau dass i nimma mehr wü und a nimma mehr kann, bitte ruaf net an.

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Zwischen Kloster und Revolution.

Ich hatte lange Zeit keine Gelegenheit und war auch nicht in der Verfassung, den täglichen Podcasts eines evangelischen Pfarrers zu lauschen. Heute, formale Software-Verifikation, Multiagentensysteme und den Zuständen der öffentlichen Infrastruktur (diesmal sind die Bundesbahnen gemeint) im Nacken, setzte ich mich auf mein Trainingsgerät und hörte gleich zwei seiner Podcasts. Ich denke, man kann darin auch etwas über eine philosophische Herausforderung lernen: Sich im Spannungsfeld zwischen Meditation und Revolution zu befinden.

Danger! High Voltage!

Weiterlesen und Hören, wen die Pointe interessiert und der christliche Bezug nicht abschreckt. Read more

strukturelle Gewalt, Anti-Heteronormativität – aber worüber sprechen wir eigentlich?

Was mich zu Beginn des Studiums abgeschreckt hat, Kontakt mit der Studienvertretung der Informatik aufzunehmen, war der Ruf der radikal links-politischen Einstellung.  Ich habe aber beschlossen – 3 Jahre später – den Ruf zu ignorieren, den Leuten  zuzuhören und Fragen zu stellen. Im Rahmen eines von der /bin – der Basisgruppe für Informatik – veranstalteten Seminars hatte ich 3 Tage die Gelegenheit, in Diskussionen einen Crash-Kurs in die Grundsätze der /bin, in Basisdemokratie und geschlechtergerechte Sprache zu bekommen.

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Nach diesen Tagen intensiver Diskussionen und gemeinsamen Zusammenlebens muss ich sagen: Der Ruf ist nicht ganz unberechtigt, aber man muss es differenzierter sehen: Viele Diskussionspunkte finde ich bis zu einer gewissen Grenze berechtigt. Im Folgenden ein paar Reflexionen zu einem bestimmten Punkt: Read more

Die Amtsverschwiegenheit. Eine juridisch-juristische Exkursion.

Morgen konstituiert sich die curriculare Arbeitsgruppe zur Entwicklung der Studienpläne der naturwissenschaftlichen und technischen PhD- oder Doktorratsstudien. Ich bin Teil der studentischen Kurie (Das Verhältnis Professoren/Mittelbau/Studierende ist ausgewogen: 6/6/6) – eine ganz neue, unbekannte Aufgabe für mich, in die ich eingewilligt habe ohne noch zu wissen, dass sie fast unmittelbar mit der Faustus-Story zu tun hat (vgl. Mustercurriculum § 3 Abs. 2 d und §4).

Ich habe mich gefragt, inwieweit man über Erfahrungen/Ergebnisse aus solchen Sitzungen öffentlich (z.B. in einem Blog) berichten darf, was zwangsläufig mit einer Reise in die Welt der Paragraphen einhergeht:

In der Geschäftsordnung für Kollegialorgane, die auch für curriculare Arbeitsgruppen gilt, findet sich in §3, Absatz 6:

(6) Die Sitzungen der Kollegialorgane sind nicht öffentlich.

Was ja nur heißt, dass mit Ausnahme der Stellvertreter ausschließlich die bestimmten Mitglieder die Sitzungen besuchen dürfen. Weiter:

§ 16. (1) Alle Mitglieder von Kollegialorganen sowie Auskunftspersonen, die an Sitzungen des Kollegialorgans teilgenommen haben, sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
(2) Keinem Mitglied darf aus seiner Tätigkeit in einem Kollegialorgan ein Nachteil erwachsen.

Außerdem UG 2002:

§ 48. Die Mitglieder von Kollegialorganen und andere Universitätsorgane
sind zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet (Art. 20 Abs. 3 B-VG).

Und der Vollständigkeit halber noch das Bundesverfassungsgesetz Artikel 20, Absatz 3:

Alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist (Amtsverschwiegenheit)

In diesem Sinne also zur Sicherheit kein Live-Blogging für morgen 🙂 schlussendlich finden sich zuminest die Ergebnisse aller Sitzungen in den fertigen Studienplänen. Die Vorsitzende muss den/die Studienpläne  spätestens am 3. März 2009 zur 1. Lesung einreichen. Das heißt, bis Ende Februar sollte die Arbeitsgruppe schon ein Curriculum haben, wenn ich das richtig verstehe.

wortlos

Das Begräbnis Wendelin Schmidt-Denglers gestern war durch seine Schlichtheit wirksam. Unter den hunderten Teilnehmerinnen (m/w) gab es sicherlich zwei Dutzend, die schöne Reden hätten halten können. Das schien fast unvermeidlich, angesichts eines “wortgewaltigen” Professors, der in zentralen Institutionen dieses Landes verankert war. Die unverdrossene, in solchen Zusammenhängen immer etwas trotzige, Demonstration der “Kraft des Wortes”.

Das ist ausgeblieben. Es gab den Satz einer Beethovenschen Klaviersonate und die Ansprache des Priesters. Und – für die Wiener Bildungselite bemerkenswert – ein lautes, textgenaues Gebetsmurmeln im Ritus. Ein Meister der Formulierungen ist, das war vermutlich seine Absicht, ohne diese Sprachanstrengungen gefeiert worden.

Wendelin Schmidt-Dengler

Diesen Sonntag ist Wendelin Schmidt-Dengler plötzlich verstorben. Seine Verdienste als Wissenschaftler und Literaturkritiker sind von allen Seiten gewürdigt worden. Wenig erwähnt wurde sein hochschulpolitisches Engagement in der Zeit nach dem UG 2002. Schmidt-Dengler hat die Plattform für Universitäre Mitbestimmung seit ihrer Gründung aktiv unterstützt. Ich habe einige Briefe, in denen er uns ermutigt. Er ist auch mehrfach öffentlich gegen dieses Gesetz aufgetreten und hat schließlich mit einem kritischen Programm erfolgreich für den Senat kandidiert.

Die offizielle Mitteilung der Universität ist – sagen wir zurückhaltend. Auch die Senatsverlautbarung könnte man sich inhaltsreicher vorstellen. Das liegt daran, dass Schmidt-Dengler beide Institutionen sehr skeptisch beurteilt  hat. Dazu hatte er gute Gründe (die ich nicht immer teilte). Dieser Aspekt soll nicht in Vergessenheit geraten.

Das angeschlossene Video dokumentiert seinen Beitrag zu einer Podiumsdiskussion der PLUM im April 2008. Die gesamte Veranstaltung finden Sie an dieser Stelle archiviert.

Militärparade

Am 29.August, auf der Rückreise vom Urlaub, Zwischenstation in Banska Bystrica in der mittleren Slowakei. Die Stadt sieht verlassen aus, jedoch am Marktplatz ist Betrieb. Würdenträger in Gruppen streben auf ein Cafe zu, darunter alte Herren in verschiedenen Uniformen, russische Militärattaches. Plötzlich fliegen drei urtümliche Doppeldecker über den Platz. Es scheint eine öde Heeresschau zu sein. (Beachtlich ist im folgenden Video der Abspann mit der Parole “Slavic Power”.)

[youtube fETvUVtFh5Y]

Was im Geschichtsunterricht nicht vorgekommen ist: am 29.8.1944 hat sich die Armee, zusammen mit den Partisanen, zum Slowakischen Nationalaufstand gegen die deutsche Besatzung erhoben. Er wurde blutig niedergeworfen. Zum 60. Jahrestag wurde diese Dokumentation erstellt.

Eine Spur im Stadtgeschehen. Von Banska Bystrica ist die Bewegung ausgegangen. Manchmal machen wir uns über Dinge lustig, vor denen wir besser Respekt hätten.