Professuren heute.

Wenn eine Fakultät 3 neue Professuren bekommt, vermutet man als naiver Student, dass das u.A. Auswirkungen auf die Lehre  haben wird, dass z.B. neue Lehrveranstaltungen im Vorlesungsverzeichnis aufscheinen. Wenn man dann hört, dass die Verträge von Professoren – je nachdem – Lehrverpflichtungen inkludieren, die nicht zusätzlich entgolten werden, befürchtet man, dass die Qualität der Lehre darunter leiden könnte, da sie als notwendiges Übel betrachtet werden könnte, denn im CV sind die Ergebnisse von Lehrveranstaltungs-Evaluationen nicht vermerkt, sondern Anzahl der Veröffentlichungen. Doch diese Befürchtung ist unbegründet. Diese schon.

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Der Schein billiger Überlegenheit

Habe mich vor ein paar Tagen mit Werken und Vorlesungen von Heidegger für die Semesterferien eingedeckt, eigentlich mit dem Ziel, eine kleine Arbeit über die Aristoteles-Interpretation von Heidegger (speziell für das Werk “Peri Hermeneias”) zu beginnen, die sich für das entsprechende Lektüreproseminar verwerten lässt.

Als jemand, der eine vage Vorstellung von der geschichtlichen Entwicklung der Logik bis zu ihrer Operationalisierung in der Informatik hat, ist mir GA 38 “Logik als die Frage nach dem Wesen der Sprache” ins Auge gesprungen. Leider muss man da schon in §1.c.alpha folgendes lesen:

“>A ist B< und >A nicht Nicht-B< können nicht zugleich wahr sein (gilt bis Hegel). Dies ist die Grundregel der Widerspruchslosigkeit.” (GA 38, S.2)

Wenn man die doppelte Negation (in einer klassischen Logik) auflöst kommt als Grundregel der Widerspruchslosigkeit raus: “A ist B” und “A ist B” können nicht zugleich wahr sein.

Hoffentlich war es nur ein Trankriptionsfehler oder ein Fehler von Wilhelm Hallwachs beim Anfertigen der Vorlesungsnachschrift:

“Nur eine lange und schmerzhafte Ablösung bringt uns ins Freie und bereitet vor, die neue Gestalt der Rede mit zu schaffen. Wir sagen uns los von jedem Schein billiger Überlegenheit, die in der Logik nur Formelkram sieht. Wir lernen ernst nehmen die Macht eines Denkens seit langem und dessen schöpferische Überwindung, ohne die ein Wandel unseres Daseins haltlos sein wird.” (GA 38, S.9)

Ritter oder Greenhorn

Theorien über die Entstehung des europäischen Adels im Mittelalter haben schon seit Jahrhunderten einen größeren Interessentenkreis als die überschaubar wirkende Zunft der Mediävisten. Nicht zuletzt Marx und Engels liebäugelten mit einer  urgesellschaftlichen Freiheit und Gleichheit, die erst durch das Auftreten des Benefizialwesens fragmentiert wurde. Dem Lehen entspräche hier der erste Abglanz protokapitalistischen Grundbesitzes.

Keine Frage, klare Fronten haben ihren Reiz, und doch kann eine seriöse Forschung wohl kein gutes Haar an solchen allzu einprägsamen Geschichtssynthesen lassen. Besonders attraktiv werden derartige Projektionen an Punkten, die einen materialen – um nicht zu sagen “materialistischen” – Halt bieten. Da kann schon einmal ein Pferd, das seinen Reiter im wahrsten Sinne des Wortes “über” den Köpfen des Fußvolks thronen lässt, zum Medium der Herrschaft werden. Derart fasst zumindest die ältere Gemeinfreienlehre, wie sie auf Justus Möser (1768) zurück geht, den Übergang zwischen frühmittelalterlicher Gleichheit und adeliger Herrschaft. Die Feudalisierung sei direkt mit dem Auftreten der ersten Panzerreiter zu verbinden. Also erst mit der fränkischen Heeresreform, die den berittenen Kämpfer vom bäuerlichen Fußsoldaten differenzierte, sei eine Art Militäradel installiert worden, der den Ausgangspunkt für alle weiteren Adelskonzepte geboten habe.

Abgesehen vom Verlangen nach klarer Datierbarkeit zeigt sich hier eben der Versuch, eine Kohärenz zwischen geistiger Veränderung und materiellen oder medialen Innovationen anzusetzen, die noch der geringsten Anerkennung problematischer Quellenlagen hohnlacht.
Dass man auch aus der Position nüchternster Zurückhaltung durch solche Theorien unterhalten werden kann, ist hoffentlich nur ein Hinweis darauf, dass der Mensch einfach zur Monokausalität neigt und geschlossene Erklärungsmodelle bevorzugt, denen man sich mit Glück doch nur des reinen Amüsements wegen nähert.
Was die Pferde betrifft, so lässt sich dann doch vielleicht mit Karl May sagen: “Maultiere sind genügsamer als Pferde, haben einen viel sicherern Tritt und schwindeln nicht vor Abgründen.” Diese Erkenntnis entspringt zwar einem anderen “Territorium”, zeugt aber zumindest davon, dass Herrschaft – auch im Rückblick – oft bloß das Hirngespinst eines “Greenhorns” ist, das seinen Blick auf stattliche Schimmel beschränkt.

Gruppensteuerung

Die ausgeprägt hierarchische Struktur der Entscheidungsprozesse an der
Universität Wien ist hier immer wieder kritisiert worden. Es lohnt sich, im
Gegenzug auch einmal zu überlegen, wie es mit den Entscheidungsstrukturen in
traditionellen Gremien aussieht, z.B. in einer Berufungskommission.

Ich hatte unlängst Gelegenheit, festzustellen, dass dort durchaus keine
idealen Verhältnisse herrschen. Ein Unterschied zwischen
den “obrigkeitlichen” Beratungen, an denen ich als Vorsitzender der CK
teilnehme, und den fachnahen Treffen ist besonders hervorzuheben. “Oben” wird
kontrovers diskutiert; Alternativen werden überlegt. Dann fällt eine
Entscheidung – und daran halten sich die Beteiligten. Das liegt an der
Funktion der Gruppe: sie muss Initiativen umsetzen. In einer Kommission des
alten Stils verläuft das anders.

Hier gibt es keinen Druck (und bisweilen auch keine Bereitschaft), zu
gemeinsamen Lösungen zu kommen, die auf einer Einigung in der Sache beruhen.
Es geschieht leicht, dass ein Mitglied an seiner Meinung festhält, auch wenn
sie in der Diskussion von der großen Mehrheit abgelehnt wurde und als
Handlungsoption chancenlos ist. Wenn das einige Mitglieder (jeweils mit ihren
eigenen Standpunkten) praktizieren, verhindern sie die Einigung auf die
(beratungsgemäß) aussichtsreichsten Resultate.

Die Situation erklärt sich teilweise durch die Besonderheit der
wissenschaftlichen Arbeit. Anders als in politischen Prozessen können in der
Wissenschaft partikuläre Fachmeinungen erfolgreich sein. Der Weg vom Glauben
an den eigenen Expertinnenstatus zur Subversion kooperativer Anstrengungen
ist kurz. Und herzzerreissend sind die Ablenkungsmanöver, mit denen aus einem
derart gestörten Kooperationszusammenhang auf (Zitat) “die Gremien der
Qualitätssicherung” verwiesen wird. Dabei handelt es sich um nichts anderes,
als einen vom Rektorat eingesetzten “watchdog” zur Wahrnehmung der
obrigkeitlichen Befugnisse.

Steuerungsgruppe

A sculpture of a dinosaur and sheeps (10 meter...
Image via Wikipedia

Ein seit der Einführung des UG02 beliebtes hochschulpolitisches Schema besteht darin, die Chefetage der Universität rhetorisch zu attackieren. In der Senatssitzung vergangenen Donnerstag bot sich dazu eine gute Gelegenheit. Die Evaluierung des Organisationsplans, die insgesamt stockend vorankommt und von der zuletzt im Oktober des vergangenen Jahrs in einer anfangs missglückten Online-Befragung zu hören war, liegt noch immer auf Eis. Es wurde mitgeteilt, dass es nach über drei Monaten noch immer keine Auswertung dieser Aktion gibt.

Ich nahm das zum Anlass einer deutlichen Kritik am Rektorat, auf die von den
Verantwortlichen heftig repliziert wurde. Es war keine schöne Episode, doch dann kam doch ein erhellender Moment. Ein Mitglied des Senates bemerkte trocken “Es ist verabsäumt worden, eine Steuerungsgruppe einzusetzen”. Damit war der Nagel auf den Kopf getroffen.

Einerseits ist das eine Kritik am Rektorat. Vorhaben dieser Bedeutung verlangen, um sachgemäß durchgeführt zu werden, heutzutage eine solche Konstruktion. Das Rektorat weiß das sehr gut und praktiziert es für gewöhnlich auch. Es ist unprofessionell, sich das hier zu ersparen. Andererseits war es auch eine Kritik am Kritiker. Statt sich über die Unzukömmlichkeiten aufzuregen, hätte er besser dafür gesorgt, dass eine solche Gruppe vorgesehen wird.

Der Zwischenfall gibt auch über den Anlass hinaus zu denken. Das Muster oben/unten, Vertuschung und Enthüllung, ist reichlich abgenützt. Das macht man heutzutage anders. Man setzt ein “steering commitee” ein. Wer ist dafür verantwortlich? Nun, die Beschickung einer Steuerungsgruppe erfolgt durch eine (oder mehrere) Steuerungsgruppen. Die Aufsicht über sozialrelevante Prozesse liegt bei Honoratioren, die sich in diesen sozialen Bedingungen verdient gemacht haben. Das ist die Politik der Stoßdämpfung durch stoßgedämpfte Dämpfe.

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Kooperation – Opium für Peers?

Gegeben sei eine Organisation mit eingefahrenen Strukturen, einer Kultur des (Zusammen-)Arbeitens und einer Strategie, Ziele und Aufgaben zu bearbeiten. Im Laufe der Zeit kommt es zu neuen Situationen, die für eine Veränderung des aktuellen Zustandes sprechen.

Gesucht ist ein Weg, der neuen Situation gerecht zu werden. Erarbeiten Sie einen Weg, wie die Entscheidungsträger die Organisation nachhaltig verändern und dabei die definierten Ziele erreichen können. Beachten Sie dabei stets die sozialen und psychologischen Phänomene, die bei Verändungen auftreten können (Vgl. Abbildung: Tal der Tränen sowie das 3-Phasen-Modell von Kurt Lewin).

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Gerechtigkeit ist unfair. Temporallogische Abfahrt

Eine neue Episode mit Impressionen aus Foliensätzen. Zwei Bilder und eine Formel aus einem Foliensatz über Zeitlogik zum Zwecke einer Überprüfung der Fairness-Eigenschaft, das ist der “gleichberechtigte und gleichmäßige Zugriff aller Teilnehmer eines Netzwerks auf die vorhandenen Netzwerkressourcen”.

Die beiden Bilder scheinen auf den ersten Blick recht ähnlich, doch die Suche nach dem Unterschied hat mich zu einem unerwarteten Gedankensprung geführt. Genauer geschah das, als ich um eine Interpretation der folgenden Formel rang:

Nach dem Break wird irgendwie zu rekonstruieren versucht, wohin der Sprung geführt hat, nämlich in poststrukturalistisches Gelände: Geisel, Alterität und Derrida’sche Gerechtigkeit.  Ob das gelingt?

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“… der Landmann langsamen Schrittes …”

Das Denken legt mit seinem Sagen unscheinbare Furchen in die Sprache. Sie sind noch unscheinbarer als die Furchen, die der Landmann langsamen Schrittes durch das Feld zieht.

So endet Martin Heideggers “Brief über den Humanismus” (in den Wegmarken). Glatter Kitsch, aber bei Heidegger sind oft auch Überraschungen dabei.

Das Denken und sein Sagen. Das ist keine Argumentation und keine Untersuchung. Keine Analyse und keine Interpretation. Es heißt, den Suggestionen der Sprache entlang zu hanteln. Sprachliche Möglichkeiten aufzuackern. Es fragt sich allerdings, wieso das im ausgezeichneten Sinn “denken” heißt. Ich würde eher sagen: Heidegger geht auf Aufriss.

Der Pflug

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Kaiser Joseph II. war – nach dieser Hausarbeit ein “aufgeklärter Despot”. Eine interessante Mischung. Überliefert ist, dass es in Slawikowitz einem Bauern beim Pflügen half.

Furchen haben eine andere Geometrie als Höhlen. Man flieht nicht aus ihnen. Sie durchpflügen die Erdoberfläche, als Vorbereitung zur Aussaat. Ein Einschnitt als Bedingung zur Fruchtbarkeit. Dem Kaiser, der das Bauernhandwerk ausprobierte, sind fünf Denkmäler gesetzt.