Gerade lese ich einen Artikel über Qualitätssicherung bei großen Softwareprojekten für wissenschaftliche Simulationen, da ich einen Foliensatz über “EPIC FAILS in computer science” vorbereite. Urplötzlich überrascht mich der folgende Absatz: Read more
Category: Hochschulpolitik
Lokalethnographie
Vor einiger Zeit, als ich im Auditorium Maximum eine kurze Stellungnahme abgab, war ich verwundert. Obwohl ich laut und deutlich die Parole der Bewegung kritisierte, klopfte der ganze Saal Applaus. Meine Erklärung war: sie haben nicht richtig zugehört. Aber es scheint, ich kannte die “Gepflogenheiten des Landes” nicht.
Gestern in der Vollversammlung des Instituts für Philosophie hat ein Kollege sein Unbehagen darüber geäußert, dass in dieser Bewegung nach jedem Beitrag geklatscht wird. Das gehört sich offenbar so.
Schnell kann man den Kontakt mit den diversen Codes anderer Altersgruppen verlieren. Zur Eigenart dieses Protestes passt das Detail jedenfalls gut. Offen ist allerdings die Frage, was diese Lauterzeugung dann noch bedeutet.
Zugangsbeschränkungen rekursiv.
Heute im Plenum des Audimax drehte sich ein Teil der Diskussion um die Frage, ob der Zugang zur Galerie aus technischen Gründen (Einsturzgefahr) beschränkt wird und wie man das handhabt. Gestern beim Bauchklang-Konzert gab es eine Überfüllung der Galerie. Die AG Krisenintervention ist unmittelbar eingeschritten und hat die Galerie abgesperrt. Außerdem seien im Falle eines Brandfalles die Fluchtwege nicht frei gewesen, weil alle Wege hoffnungslos überfüllt waren.
Das ist ein Punkt, wo man sieht, dass es Informationen gibt, die nicht einfach ignoriert werden können, und die anstelle einer breiten Diskussion unmittelbaren Handlungsbedarf erfordern. Die Unis brennen nicht umsonst: Wir haben gehandelt und stören den regulären Universitätsbetrieb. Jetzt können wir diskutieren. Doch der geschaffene Freiraum unterliegt selbst Einschränkungen, mit denen wir umgehen müssen.
Warum wir im Protest studieren.
Warum studierst du?
Es gibt unterschiedliche Antworten, die man als Studierender darauf geben kann. Die meisten schließen sich nicht gegenseitig aus; oft muss man aber für sich selbst Prioritäten setzen, da man nur begrenzte Zeit zur Verfügung hat.
Mit den Protesten haben wir uns Zeit genommen, über Form und Bedingungen nachzudenken, unter denen wir studieren und studieren wollen – und stetig ergeben sich neue Aspekte. Es folgen ein paar Gedanken darüber, welche Debatte man dadurch induzieren könnte und in welcher Form sie sich bereits jetzt abzeichnet. Daraus ergibt sich, warum dieser Protest keine Blockade sondern ein integraler Teil des Studiums ist. (= Gedanken zum bundesweiten Aktionstag und eine Replik auf “Studieren statt Blockieren”) Read more
Studieneingangsphasen
Heute im Morgenjournal sprach Steven Soderbergh über seinen neuen Film “Der Informant”. Er wundere sich nicht, dass Politiker lügen, anders können sie nicht an der Macht bleiben. Vorher hörte man ein Interview mit Thomas Wallerberger, dem stellvertretenden Vorsitzenden der ÖH.
Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass Herr Wallerberger lügen möchte, aber seine Aussagen sind mehrfach unwahr.
Thomas Wallerberger im Morgenjournal.
Leider sind Studieneingangsphasen im Moment eben diese knock-out Geschichte.
Es gibt in bestimmten Fächern knock-out Prüfungen. Und es gibt an der Universität Wien, den alten gesetzlichen Bestimmungen entsprechend, Lehrveranstaltungsgruppen, die als STEP bezeichnet sind. Beides hat konzeptuell nichts miteinander zu tun. Man kann, wenn man will, jede Lehrveranstaltung zum knock-out verwenden. In beinahe allen Studien an der Universität Wien ist die STEP keine Voraussetzung für das weitere Studium.
Ab dem Studienjahr 2011 müssen verpflichtende STEPs eingeführt werden. Dazu aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage:
Aus der gesetzlichen Umschreibung der Studieneingangs- und Orientierungsphase (Abs. 1) ergibt sich, dass sie dazu bestimmt ist, den Studierenden die Möglichkeit zu bieten, ihre Studienwahl zu überprüfen. Abs. 5 verdeutlicht diesen Charakter. Die mit ihr verbundenen Prüfungen haben auf den für das Weiterstudium erforderlichen Wissenserwerb abzustellen. Sie dürfen daher nicht so gestaltet werden, dass nur einer von vornherein bestimmten Anzahl von Studierenden (quantitative Zugangsbeschränkung) das Weiterstudium ermöglicht wird
Thomas Wallerberger behauptet weiters:
Studieneingangsphasen, die das Ziel haben, die Studierenden nach dem ersten Jahr zu halbieren oder zu vierteln sind versteckte Zugangsbeschränkungen …
In Zukunft sind solche Regelungen gesetzlich nicht zugelassen. Die gegenwärtige Situation sieht so aus: die STEPs der Kultur- und Sozialwissenschaften (um mich darauf zu beschränken) müssen nicht absolviert werden, um weiterstudieren zu können. Hingegen fallen im ersten Jahr (geprüft an der Statistik für 2007/08) tatsächlich etwa ein Drittel der Studierenden weg – und zwar ohne irgendwie geartete Sanktionen im Anschluss an eine Studieneingangsphase.
Es ist unzulässig, die schon sehr lange bestehende drop-out-Quote von einem Drittel im ersten Jahr als den vergangenen, gegenwärtigen oder künftig zu erwartenden Effekt einer STEP zu bezeichnen. Man kann das als falsche Information betrachten. Der Mann sitzt im Leitungsgremium der ÖH. Er müßte es besser wissen.
Lesezeichen
“11-14:00: Lernzeit nach dem Motto: Lernen und Protestieren. Anwesenheit genügt! In dieser Zeit möchten wir euch Raum und Ruhe geben um zu Lernen.”
Die beiden wichtigen Adressen: Unsereuni und Unsereuni Wiki.
Hier zwei philosophischer Ausläufer: Diskussion Philo Wiki und das Arbeitswiki am Institut für Philosophie
Tondokument: Herbert Hrachovec, Stellungnahme im Audimax der Universität Wien, am 31.10.2009.
Pro-Test
Pro-Test
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Jetzt kann ich auch einmal einen Studentenprotest erleben. Ich hab mir einige Seiten dazu angehört und es gibt ein breites Spektrum an Reaktionen dazu, aber alle sind sich einig: Die aktuelle Situation ist in einigen Studien unzumutbar und etwas muss sich ändern. Der Protest ist die konkrete Manifestation dieser Aussage – und allein aus diesem Grund berechtigt. Es gibt Leidtragende und diese gehen (neben anderen Berufsprotestlern), um die Akademie der Bildenden Künte und auch das Audimax zu besetzen.
Das Thema kommt in die Öffentlichkeit und fordert die Menschen (und wichtige Entscheidungsträger) auf, etwas dazu zu sagen. Ob das Gesagte die Debatte um Bildung und die Situationen in den “Massenstudien” weiterbringt, muss getestet werden.
Es scheint, dass die Situation an der Akademie von der an der Hauptuni verschieden ist. In der Akademie kämpft man (Studierende und Lehrende) gegen die Einführung der Bachelor-und Masterstruktur; im Audimax wehren sich Studierende eher gegen die schlechte Studiensituation und die UG-Novelle.
Wenn man die Kommunikation über Twitter mitverfolgt, dann liest man eigentlich keine Themen heraus, sondern ganz unmittelbare praktische Probleme und Infos, die beim Protestieren entstehen (Dokumentation der Lage – Wir sind im Fernsehen – Wer hat ein iPhone-Ladegerät – Wo gibt es was zu essen – wann ist das nächste plenum? wie geht es weiter? – …).
Wie es bei Basisgruppen üblich ist, muss man sich kontinuierlich um die Kommunikationsstruktur kümmern, muss laufend diskutieren, wer was wie entscheiden darf und das führt manchmal dazu, dass die konkreten Inhalte verloren gehen. Es geht ja schließlich um zentrale Fragen:
1 Wie charakterisiert sich der IST-stand, den wir verändern wollen?
2 Wo wollen wir hin? In welchem Zustand lässt es sich studieren?
3 Was sind konkrete Forderungen und Maßnahmen, die wir sehen, um von 1 zu 2 zu kommen?
Es sollten Diskussionsveranstaltungen organisiert werden, wo Studierende, Lehrende, Interessierte und Entscheidungsträger aufgefordert sind, sich zu fragen, welche Rolle Studieren in der Gesellschaft spielt:
* Wenn es nur darum geht, Personen zu produzieren, die von Unternehmen nachgefragt werden, dann wird man tatsächlich die Zahl der Studierenden bei weniger nachgefragten Studien kürzen müsseen.
* Sollen Personen zusätzlich und mit Überschneidungen zu den Kompetenzen, die für den Lebensunterhalt notwendig sind, ihren persönlichen Begabungen und Interessen nachgehen können? Dann müssen ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit das in einem sinnvollen Rahmen möglich ist.
Wir sind im universitären Kontext einfach nicht in einer Situation, wo ökonomische Aspekte (Kosten/Nutzen)gar keine Rolle spielen. Es gibt begrenzte finanzielle Mittel und die müssen sinnvoll verwendet werden. Und dann muss man natürlich fragen, was sinnvoll ist. Dafür brauchen wir intensive Diskussionen, denen umfrangreiche Kenntnisse der finanziellen Lage und der Gestaltungsrahmen, die jede Ebene (Studierende, Lehrende, Senat, Rektorat, nationale Regierung, Europäische Politik, Interntationale Politik) hat. Der Protest ist erst ein Schrei, noch kein Argument.
Wer will, dass er ein Argument wird, muss die protestierenden Kräfte mit Information füttern. Und hier sind nicht nur die Protestierenden gefordert, sondern alle, denen die Situation an den Unis wichtig ist (inklusive Rektor, Studienvertretungen, Wissenschaftsminister, …) oder aufgrund ihrer Position wichtig sein MUSS.
U für Universität
clash 2
Vergangene Woche, an einem Nachmittag, zwei kontrastierende Sitzungen.
Die erste mit den höchsten Amtsträgern der Universität. Sie sind von mehreren fähigen Abteilungsleiterinnen (m/w) umgeben. Als Vorsitzender der Curricularkommission bin ich zwar nicht vom “Chef” abhängig, aber die Aufgabe läßt sich nicht erfüllen, ohne in die organisatorische Logik des Bildungsbetriebs einzuwilligen.
Also funktioniere ich ebenso, wie die Kolleginnen. Kurz und prägnant, konstruktiv, dynamisch auf die nächsten Ziele gerichtet. Die eine Abweichung, die ich mir gestatte, wird durch die Broschüre der “Postgraduate Centers” provoziert. Ich begrüße die Einsparungen dieser Abteilung. Sie haben im Flyer ein “t” gestrichen: “Management und Wirschaft”.
(Die Verantwortlichen arbeiten schnell: die Kurzbroschüre ist von der Homepage nicht mehr zu beziehen. Man stößt auf eine Login-Screen von Typo3.)
Eine Stunde später die Sitzung der politischen Gruppe, die sich gegen die neuen Leitungsstrukturen ausspricht. Die Gegenseite. Klagen, Beschwerden, Proteste. Das Stolpern über jeden kleinen Stein, der Teilen der Belegschaft in den Weg gelegt wird. Die drohende Ausweglosigkeit als Antwort auf die bedrohliche Aufwärtskurve.
felt da nicht etwas?
Die Druckausgabe des Entwicklungsplan 2009 ist seit Kurzem erhältlich. Am Web hier zugänglich.
130 Seiten Hochglanzpapier. Nein, jetzt kommt keine Beschwerde über die Kosten. Ich erkenne an, dass eine Institution wie die Universität Wien repräsentative Selbstdarstellungen benötigt. Interessant ist allerdings, wie sie sich darstellt.
Inklusive Titelseite enthält das Druckwerk 11 große Abbildungen. Zwei Mal das Foyer, 3 Mal die Arkaden, eine Totale der Philosophenstiege. Es ist gelungen, in keinem einzigen dieser Bilder eine Person zu zeigen. Die Universität ist menschenleer. Die einzige menschliche Gestalt begegnet im letzten Foto, flankiert von Schal und Füßen einer zweiten Frau, die eine Säule verdeckt.
Zu Beginn des Semesters, in dem sich abzeichnet, dass hier 80.000 Studierende eingetragen werden, erfüllt sich der Wunsch nach viel Platz im feierlichen Ambiente.
Einschränkung. Zufällig besuchte ich diesen Samstag den “Tag der seelischen Gesundheit” im Rathaus und sah den Folder des “wiener krankenanstalten verbunds”:
Psychische erkrankt. Gut betreut in Wiens Spitälern
Auch die Wiener Psychiatrie kommt in der Selbstdarstellung ohne Menschen aus. Auf gezählten neun Sitzgelegenheiten sitzen genau null Menschen. Dafür Architektur und Blumen. Es handelt sich vermutlich um Trenddesign.
Ich kenne mich zu wenig aus. Die Schrift ist zart, das Layout elegant, die Farben dezent. Hier arbeitet man in einer glänzenden Umgebung. Der Kaiser hätte seine Freude gehabt.