Die Folie als Folie

Im Rahmen von der Vorstellung von W.Coy: PowerPoint. Macht und Einfluss eines Präsentationsprogramms ist mir ein Lehrveranstaltungblock von vor ein paar Wochen aus der Technichen Universität in Erinnerung gekommen.

Es wurde der Effekt ausgenutzt, dass die Beleuchtungsstärke des Beamers geringer ist als die des Overhead-Projektors. Die Power-Point-Folien bildeten, wie sich auch aus der Ethymologie herauslesen lässt, tatsächlich den Hintergrund (es standen Axiome und Schlussregeln drauf). Sie schimmerte uns etwas verblasst entgegen, während der Dozent auf der leeren Overhead-Folie einen Beweis demonstrierte, wobei er die Folie als Folie für seinen Beweis verwendete und sich während dem Schreiben darauf bezog.

folie

Bitte auch den Disclaimer beachten. Ein Sinn der Abbilder wird erst im Rahmen einer bestimmten Situation heraus deutlich.

Mit der Kombination von vorbereiteten Folien und geführten Beispielen kommt man bei der Vermittlung mancher Themen schon recht weit.

Ob das ästhetisch ist, bin ich mir aber nicht sicher.

Summe des Lebens

fackel-1908-small

Ich schreibe über Bildung. Ein Bespiel für ihren Verfall habe ich schon mehrfach verwendet: “Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein” – die DM-Werbung in Abwandlung eines Goethe-Zitates aus dem “Osterspaziergang”. Ein zweites Beispiel in dieselbe Richtung setzt beim Beginn der “Marienbader Elegien” an:

Und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt
gab mir ein Gott zu sagen, was ich leide.

Mir war in Erinnerung, dass Karl Kraus eine Abwandlung davon gegen die Mediengesellschaft seiner Tage gerichtet hatte. Die Recherche am Internet brachte es heraus. Die Zeile steht in der Fackel vom 13. Oktober 1908. So kann man es gut zitieren.

Plötzlich die Idee: ich habe doch – vor vielen Jahren – eine Anzahl originaler “Fackeln” bei einem Trödler entdeckt. Vielleicht ist die dabei? Und tatsächlich, von hunderten, ist diese eine Nummer in meiner Bibliothek. Ich lege sie auf den Scheibtisch, streichle das runzelige Papier, schlage die Seite auf.

leiden-sagen

Karl Kraus vollführt einen doppelten Karateschlag mit geben/nehmen und dem Wechsel der Wortstellung. Was für ein brillianter Zug. Die vergilbte Broschüre in der Hand, der satirische Orgasmus, nahe am Glück.

Als der Sprechende (sic!) ist der Mensch: Mensch.

Heidegger ist widerlegt:

dies_und_das

Das gelbe Post-It ist ein Transkript aus der Vorlesung.

EDIT: Ich muss zumindest auf die Originalstelle verweisen, da die Wiedergabe auf der Folie stark verkürzt ist: Heidegger, M., Unterwegs zur Sprache, Verlag G. Neske (1993) S.32f

“Wir SPRECHEN im Wachen und im Traum. Wir SPRECHEN stets; auch dann, wenn wir kein Wort verlauten lassen, sondern nur zuhören oder lesen, sogar dann, wenn wir weder eigens zuhören noch lesen, stattdessen einer Arbeit nachgehen oder in Muße aufgehen. Wir SPRECHEN ständig in irgend einer Weise. WIR SPRECHEN, weil SPRECHEN uns natürlich ist” ( http://is.gd/5g9IE )

Conclusio: Verwende den Rotstift maßvoll.

Zwischen Kloster und Revolution.

Ich hatte lange Zeit keine Gelegenheit und war auch nicht in der Verfassung, den täglichen Podcasts eines evangelischen Pfarrers zu lauschen. Heute, formale Software-Verifikation, Multiagentensysteme und den Zuständen der öffentlichen Infrastruktur (diesmal sind die Bundesbahnen gemeint) im Nacken, setzte ich mich auf mein Trainingsgerät und hörte gleich zwei seiner Podcasts. Ich denke, man kann darin auch etwas über eine philosophische Herausforderung lernen: Sich im Spannungsfeld zwischen Meditation und Revolution zu befinden.

Danger! High Voltage!

Weiterlesen und Hören, wen die Pointe interessiert und der christliche Bezug nicht abschreckt. Read more

Badiou. Die Wahrheit als Ereignis

Habe heute in der Vorlesung “Das Subjekt nach dem ‘Tod des Subjekts'” eine Hinführung zu den Termen Situation, Ereignis, Ereignisstätte, Wahrheit in Badious Philosophie (“Das Sein und das Ereignis” und andere Werke) erlebt.

Dadurch kann man vielleicht (aktuelle) politische oder wissenschaftliche Vorgänge auf andere Weise sehen. Das folgende als potentieller Impuls. Read more

Lokalethnographie

applaus

Vor einiger Zeit, als ich im Auditorium Maximum eine kurze Stellungnahme abgab, war ich verwundert. Obwohl ich laut und deutlich die Parole der Bewegung kritisierte, klopfte der ganze Saal Applaus. Meine Erklärung war: sie haben nicht richtig zugehört. Aber es scheint, ich kannte die “Gepflogenheiten des Landes” nicht.

Gestern in der Vollversammlung des Instituts für Philosophie hat ein Kollege sein Unbehagen darüber geäußert, dass in dieser Bewegung nach jedem Beitrag geklatscht wird. Das gehört sich offenbar so.

Schnell kann man den Kontakt mit den diversen Codes anderer Altersgruppen verlieren. Zur Eigenart dieses Protestes passt das Detail jedenfalls gut. Offen ist allerdings die Frage, was diese Lauterzeugung dann noch bedeutet.

Zugangsbeschränkungen rekursiv.

Heute im Plenum des Audimax drehte sich ein Teil der Diskussion um die Frage, ob der Zugang zur Galerie aus technischen Gründen (Einsturzgefahr) beschränkt wird und wie man das handhabt. Gestern beim Bauchklang-Konzert gab es eine Überfüllung der Galerie. Die AG Krisenintervention ist unmittelbar eingeschritten und hat die Galerie abgesperrt. Außerdem seien im Falle eines Brandfalles die Fluchtwege nicht frei gewesen, weil alle Wege hoffnungslos überfüllt waren.

galerie. zugangsbeschränkt?

Das ist ein Punkt, wo man sieht, dass es Informationen gibt, die nicht einfach ignoriert werden können, und die anstelle einer breiten Diskussion unmittelbaren Handlungsbedarf erfordern. Die Unis brennen nicht umsonst: Wir haben gehandelt und stören den regulären Universitätsbetrieb. Jetzt können wir diskutieren. Doch der geschaffene Freiraum unterliegt selbst Einschränkungen, mit denen wir umgehen müssen.

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Warum wir im Protest studieren.

Warum studierst du?

Es gibt unterschiedliche Antworten, die man als Studierender darauf geben kann. Die meisten schließen sich nicht gegenseitig aus; oft muss man aber für sich selbst Prioritäten setzen, da man nur begrenzte Zeit zur Verfügung hat.

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Mit den Protesten haben wir uns Zeit genommen, über Form und Bedingungen nachzudenken, unter denen wir studieren und studieren wollen – und stetig ergeben sich neue Aspekte. Es folgen ein paar Gedanken darüber, welche Debatte man dadurch induzieren könnte und in welcher Form sie sich bereits jetzt abzeichnet. Daraus ergibt sich, warum dieser Protest keine Blockade sondern ein integraler Teil des Studiums ist.  (= Gedanken zum bundesweiten Aktionstag und eine Replik auf “Studieren statt Blockieren”) Read more